Castillo der Versuchung
Sophie von ihm einen Ring an den Finger stecken und dann von einem anderen Mann betatschen. Er fühlte sich zutiefst in seinem männlichen Stolz gekränkt. Zwar sagte ihm die Vernunft, dass es lediglich ein Kuss gewesen war. Allerdings brachte ihn die Vorstellung, dass sich die beiden aus unbändiger Leidenschaft in der Öffentlichkeit so unvorsichtig benahmen, gleich wieder aus der Fassung. Aber „der Andere“ war ein Kerl, der ihm nicht das Wasser reichen konnte. Und wenn Antonio sich recht erinnerte, grunzte der Typ eher, als dass er sprach. Liebte Sophie diesen Gorilla etwa?
Sophie kehrte in die Großraumkabine zurück, setzte sich mit einem Frauenmagazin in einen Sessel und würdigte Antonio keines Blickes.
„Ich habe dich mit Norah Moores Sohn am Flughafen gesehen.“
„Tatsächlich?“ Sophie war überrascht, aber nicht beunruhigt. „Matt kann so lieb und aufmerksam sein“, erklärte sie dann und begann in der Zeitschrift zu blättern.
„Leg die Zeitung weg, und sieh mich an, wenn ich mit dir spreche!“, befahl Antonio, aber Sophie blätterte betont langsam die nächste Seite um. Irgendwie provozierte er sie in einem fort. Er brauchte nur diesen Ton anzuschlagen oder seine Augenbraue zu heben, und schon sah sie rot.
Antonio fühlte sich aufs Äußerste gereizt, griff nach dem Magazin und warf es in die nächste Ecke.
„Mach das noch einmal, und es passiert was!“, rief Sophie hitzig.
Antonio widerstand der Versuchung, darauf einzugehen. „Ich glaube, du willst mich nur von deinem eigenen unentschuldbaren Verhalten am Flughafen ablenken. Ich habe gesehen, wie du Norah Moores Sohn geküsst hast.“
Errötend blickte Sophie einen Moment zu Boden. „Na und?“, fragte sie dann und sah ihn mit blitzenden grünen Augen an, ehe sie sich ein Glas Wasser einschenkte.
„Tu nicht so, als sei nichts gewesen!“ Antonio hatte Mühe, sich zu mäßigen. „Dass du dich am Tag unserer Hochzeit in aller Öffentlichkeit mit deinem Liebhaber triffst, ist wohl der Gipfel des schlechten Geschmacks.“
Sophies Kampfgeist schwand. „Er ist nicht mein Liebhaber.“
„Ich weiß doch, was ich gesehen habe.“
„Matt himmelt mich schon seit einer Ewigkeit an, aber ich habe ihn immer nur als Freund betrachtet. Er hat mir leidgetan, deshalb habe ich seinen Abschiedskuss hingenommen.“
„Das hätte ich dir vielleicht geglaubt, wenn du nicht gleichzeitig in Tränen aufgelöst gewesen wärst“, höhnte Antonio.
Das brachte bei Sophie das Fass zum Überlaufen. „Ich habe geweint, weil du mich so schlecht behandelt hast.“
„Wie bitte? Was habe ich denn getan?“, fragte er ungläubig.
„Dass Matt mir zum Abschied Blumen geschenkt hat, war die einzig nette Geste an diesem Tag, Antonio, an meinem Hochzeitstag … dem eigentlich schönsten Tag im Leben einer Frau. Aber für mich war er einfach grauenhaft“, fügte sie hinzu und wusste plötzlich, warum sie die ganze Zeit so niedergeschlagen gewesen war.
„Inwiefern denn grauenhaft?“
Sophie riss sich zusammen und hielt ihre Tränen zurück. „Ich weiß, dass ich unter den gegebenen Umständen auf Romantik verzichten muss, aber wenigstens hättest du den Tag angenehm gestalten können.“
„Ich …?“
„Ja, du. Aber du hast nicht einmal versucht, nett zu sein. Erst hast du mir die Schuld an den Reportern vor der Kirche gegeben, nach der Trauung hattest du nicht einmal einen Blumenstrauß oder irgendeine Kleinigkeit für mich, und die ganze Zeit über hast du dich so verhalten, als sei es furchtbar langweilig, mit mir und Lydia zusammen zu sein. Matt dagegen war so lieb, und der Vergleich zwischen ihm und dir …“
„Du vergleichst mich mit diesem Gorilla?“, brauste Antonio auf. Trotzdem war ihm klar geworden, dass Sophie mit ihren Anschuldigungen recht hatte.
„Du bist ein elender Snob“, antwortete Sophie, und ihre Hand, in der sie immer noch das Wasserglas hielt, zitterte. „Du behandelst mich wie den letzten Dreck, aber Matt hält mich für etwas Besonderes“, erklärte sie und senkte ihren Kopf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Doch plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie genau genommen auch nicht ganz ehrlich zu sich selbst war. Antonio konnte nichts für ihre Verzweiflung, sie hatte einfach vergessen, dass sie vor dem Altar einen Tauschhandel besiegelt hatten und keine Ehe eingegangen waren, die auf Liebe basierte. Sie ließ sich von ihren Träumen leiten und war dann enttäuscht, weil Antonio ihr nicht die Aufmerksamkeit
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