Casting fuer die Liebe
Nämlich überhaupt nicht.
»Muss man nicht schrecklich eingebildet werden, wenn man jeden Tag so eine Fuhre Schmalz vors Haus geladen bekommt?«, fragt Isabel, als ich mit hängenden Schultern zu ihr zurückgeschlurft komme.
Sofort habe ich das Gefühl, Philipp verteidigen zu müssen. »Quatsch!«, protestiere ich und denke daran, wie süß Philipp ausgesehen hat, als er mir das Lebkuchenherz um den Hals gehängt hat. Das tröstet mich sofort wieder.
»Bestimmt hat keines von den anderen Mädchen ein Herz von Philipp zu Hause über dem Bett hängen!«, sage ich, während ich einen großen Schneeball forme und trotzig gegen die nächstbeste Hauswand feuere.
»Nein«, meint Isabel und fügt grinsend hinzu: »Von den anderen ist ja auch keine so ein Schätzchen wie du!«
Von den Socken
W as hast du bei Nummer eins?«, fragt mich Isabel aufgeregt am nächsten Morgen, nachdem wir unsere Schulaufgabenblätter abgegeben haben.
»x = 22!«, sage ich.
»Bingo!«, ruft Isabel und ihre Wangen glühen.
»Und bei Nummer zwei?«
»y = 5. Und du?«
»Ich auch! Ich auch! Wenn das nicht mal eine doppelte Ration Mandeln für Luis und David gibt!« Isabel beginnt, auf einem Bein um ihren Stuhl zu hüpfen.
»Ich habe es befürchtet«, stöhne ich. Aber insgeheim bin ich natürlich auch froh, dass die Schulaufgabe so gut gelaufen ist.
Wenn wir die Arbeit erst mal raus haben, kann ich damit guten Gewissens zu meinen Eltern gehen.
Und dann ganz nebenbei nach dem Casting fragen.
Nach Mathe haben wir Kunst. Die perfekte Stunde, um sich wieder zu erholen. Unsere Kunstlehrerin, Frau Geiger, ist eher der gelassene Typ, der auch mal ein kleines Schwätzchen durchgehen lässt. Selbst dann, wenn es die ganze Stunde dauert.
Aber heute wirkt sie ungewohnt fahrig und nervös.
»Kinder!«, seufzt sie. »Am Freitag ist Weihnachtsbazar und die Ausbeute für unseren Kunsthandwerksstand ist mehr als gering. Wer von euch hat diese Woche Zeit, noch eine Arbeit anzufertigen?« Sie streckt ihre dicken, beringten Finger in die Luft und verkündet theatralisch: »Wir blamieren uns sonst doch total!«
Die hat Probleme, denke ich. Als ob die Welt nichts dringender bräuchte als getöpferte Teekannen in Schuhform und die passenden, selbst gehäkelten Kannenwärmer dazu.
Moment mal.
Selbst gehäkelte Kannenwärmer?
Vielleicht könnten es ja auch ein Paar selbst gestrickte Ringelsocken sein?
Wie von der Tarantel gestochen schnellt mein Arm in die Höhe.
»Frau Geiger! Frau Geiger!«, rufe ich und schnipse mit den Fingern, um bei dem allgemeinen Lärmpegel auf mich aufmerksam zu machen.
Ich kann zwar nicht behaupten, dass Frau Geiger total aus dem Häuschen wäre, als sie von meiner Idee erfährt. Wahrscheinlich hat sie sich etwas Extravaganteres vorgestellt als Ringelsocken.
Aber sie freut sich natürlich, dass sich überhaupt jemand meldet.
»Kannst du denn Socken stricken?«, fragt sie mit einem leicht überraschten Unterton. Bisher habe ich mich handarbeitstechnisch nie als besonders talentiert hervorgetan.
»Klar«, schwindle ich. »Ich hab da eine Anleitung von meiner Oma!«
Nach der Stunde deckt mich Frau Geiger mit einem richtigen Berg aus Sockenwolle ein.
Isabel steht sprachlos neben mir. Sie ist überhaupt seltsam still, seitdem ich mich für den guten Ruf des Kunsthandwerks an unserer Schule starkgemacht habe.
Erst als wir draußen bei den Fahrradständern stehen und ich die von Frau Geiger geliehene Jutetasche mit den bunten Wollknäueln darin auf meinen Gepäckträger schnalle, redet sie endlich wieder mit mir.
Na ja, »reden« ist vielleicht das falsche Wort.
»Sag mal, bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen?«, herrscht sie mich an. »Jetzt haben wir gerade Mathe hinter uns und du bürdest dir schon wieder die nächste Last auf! Stricksocken! Jetzt bist du wohl total übergeschnappt?«
Plötzlich tauchen M&M hinter uns auf.
»Du wirst mal ein feines Hausmütterchen, Leonie!«, wiehert Miri.
»Hoffentlich kannst du besser stricken als Schlittschuh laufen!«, fällt Manu in ihr Lachen ein.
Ich stehe stolz wie eine Königin da und verziehe keine Miene. Zumindest versuche ich das.
Isabel scheint noch gar nicht begriffen zu haben, worum es hier überhaupt geht!
Und M&M haben sowieso nicht den blassesten Dunst einer Ahnung. Das war ja schon immer klar.
Als die beiden abgezogen sind, setze ich mich kerzengerade auf meinem Rad auf und frage:
»Was denkst du wohl, für wen ich diese Socken
Weitere Kostenlose Bücher