Casting fuer die Liebe
zu meinen weißen Möbeln passen würde, als aus dem Nebenzimmer ein sirenenartiges Geheul ertönt.
»Wäääää! Määäämääää! Wääääää!«
Felix ist aufgewacht. Dabei ist seine Mutter doch erst seit drei Minuten aus dem Haus!
Ich lege die Zeitschrift zurück und schreite schnellen Schrittes ins Kinderzimmer, damit das ohrenbetäubende Geschrei rasch wieder ein Ende nimmt.
Dabei übersehe ich ein kleines, unscheinbares Holzwägelchen, das hinter der Türschwelle auf mich lauert. Den letzten Meter lege ich rollend und rutschend zurück, um dann mit voller Wucht gegen Felix’ kleines Bettchen zu knallen.
Von einer Sekunde auf die andere verstummt Felix. Er sieht mich erschrocken aus seinen riesigen blauen Augen an. Dann legt er erst richtig los.
Ich zaubere den Traubenzucker aus meiner Tasche. Ich stecke mir einen Buntstift in die Nase. Ich lasse Teddybären auf der Bettdecke steppen. Am Schluss lege ich selbst ein kleines Tänzchen hin (allerdings erst, nachdem ich das Holzwägelchen sicher im Regal verstaut habe).
Zwecklos.
Felix brüllt und brüllt.
Jetzt kann nur noch eine Wagenladung Gummibärchen helfen, denke ich, laufe ins Wohnzimmer, wo mein Rucksack mit dem Handy liegt, und wähle Isabels Nummer.
Natürlich könnte ich auch Felix’ Mama anrufen. Aber ich befürchte, dass das nicht ganz das ist, was Frau Weber von einer »erfahrenen« Babysitterin erwartet.
»Leonie!«, ruft Isabel, die meine Nummer natürlich schon auf dem Display gesehen hat, in den Hörer. »Alles klar?«
»Ganz und gar nicht«, gebe ich zurück. »Hör mal!« Ich gehe ein paar Schritte in Richtung Felix’ Zimmer und halte mein Handy in die Luft.
In diesem Moment wird es still im Zimmer.
Nur ein friedliches »Dodldodldodl« ist noch zu hören. Und das Geräusch von Bauklötzen, die übereinandergetürmt werden.
Felix hat sich in dem Augenblick beruhigt, in dem ich nicht mehr den Affen für ihn gespielt habe.
Ich drücke das Handy wieder an mein Ohr.
»Fehlalarm!«, sage ich. »Hast du trotzdem Lust, vorbeizukommen?«
Isabel fängt an herumzudrucksen. »Also weißt du, ich … äh … war mir so sicher, dass du das alleine schaffst, dass ich Paula versprochen habe … mit ihr einkaufen zu gehen.«
»Schade«, sage ich. »Na dann, sag Paula liebe Grüße! Ich melde mich später noch mal!«
Nachdem Felix mir den Inhalt sämtlicher Spielzeugkörbe vor die Füße gekippt und alle Bauklötze kreuz und quer im Zimmer verteilt hat, beschließe ich, dass es das Beste sein wird, erst mal das Schlachtfeld zu räumen und ein bisschen an die frische Luft zu gehen.
Ich ziehe ihm seinen dicken Anorak an und stülpe ihm die Norwegermütze über den Kopf, die im Flur liegt. Und schon stapfen wir Hand in Hand los.
Als wir gerade aus der Hofeinfahrt spazieren, bleibt Felix noch einmal stehen:
»Neelaufel mitnehme!«, bestimmt er und zeigt auf eine kleine, hellblaue Schneeschaufel, die bei Webers neben der Eingangstür steht.
Die Schneedecke ist nicht besonders dick und die Blechschaufel macht einen Höllenlärm, als Felix beginnt, sie über den frostigen Boden zu schleifen.
Ich bin trotzdem guter Dinge. Die Sonne scheint und Felix scheint richtig viel Spaß zu haben.
Wir schlendern die Straße hinunter und Felix schippt geschäftig mal hier und mal dort.
Als wir unten an der Hauptstraße ankommen, hält plötzlich ein Wagen neben uns. Paulas uralter, orangefarbener Käfer. Ein Auto, das kein Zweiter in Grünstett fährt.
»Hey!«, freue ich mich. Dann sehe ich Isabel heute ja doch noch!
Paula kurbelt das Fenster hinunter.
»Na, hört auch alles auf dein Kommando?«, fragt sie und grinst.
»Läuft prima!«, gebe ich zurück und halte nach Isabel Ausschau. Aber ich sehe sie weder auf dem Beifahrersitz noch auf der Rückbank.
»Wo steckt denn Isabel?«, frage ich verwundert.
»Isabel?«, gibt Paula zurück. »Keine Ahnung. Die habe ich seit heute Morgen nicht mehr gesehen.«
Ich höre das Blut in meinen Ohren rauschen. Isabel hat mich angelogen, rattert es mir durch den Kopf.
Klar, sie hat ja auch vorhin am Telefon schon so komisch rumgedruckst.
»Ihr trefft euch doch morgen in der Schule wieder!«, sagt Paula.
»Genau!«, antworte ich leise.
Paula hupt zweimal kurz und fährt dann mit quietschenden Reifen weiter.
Ich aber stehe da wie der Ochs am Berg. Bis Felix mich an die Hand nimmt und mich mit kleinen, tapsigen Schritten wieder zu sich nach Hause führt.
Mein Schwein pfeift
F elix hat Hunger. Zu
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