Casting fuer die Liebe
Wahrheit! Wobei in letzter Zeit so viel passiert ist, dass die Mathearbeit auf einerWichtigkeitsskala von 1 bis 100 inzwischen nur noch im einstelligen Bereich rangiert.
Ein kleines bisschen aufgeregt bin ich trotzdem, als der Giftzwerg mit der Rückgabe beginnt.
»Was denkt ihr, was ihr heute von mir bekommt?«, fragt er und versucht, seine Stimme dabei tief und bedeutend klingen zu lassen, was für einen ehemaligen Gartenzwerg gar nicht so leicht ist.
»Die Schulaufgabe?«, murmeln ein paar Stimmen.
»Ein Armutszeugnis!«, schmettert der Giftzwerg in die Klasse hinaus.
Oje, denke ich. Wird wohl doch wieder nur eine Vier. Hoffentlich keine Fünf! Sonst kann ich das Casting knicken.
Isabels Hand klammert sich verkrampft um ihr Federmäppchen.
Normalerweise würden wir jetzt die Köpfe zusammenstecken und tuscheln und uns vielleicht sogar an den Händen halten.
Heute wechseln wir nicht mal einen Blick.
Obwohl Isabel direkt neben mir sitzt, fehlt sie mir.
Ob ich wohl jemals wieder eine beste Freundin haben werde?
»Für die Halbjahreszeugnisse sieht es bei manchen von euch gar nicht gut aus«, fährt der Giftzwerg fort. »Ihr werdet euch bis zum Jahresende sehr anstrengen müssen!«
Sein Blick wandert durch die Klasse und bleibt kurz an meinem hängen. Hoffentlich nur deshalb, weil ich unseren Mathelehrer wie paralysiert anstarre.
Miri registriert es auf alle Fälle gleich und dreht sich mit einem hochnäsigen Grinsen zu mir um.
Wenn ich einen Teleskoparm hätte, würde ich ihn jetzt ausfahren und ihr damit an den Haaren ziehen!
Endlich beginnt der Giftzwerg, die Blätter auszuteilen. Er geht durch die Reihen, schüttelt hier den Kopf, stößt dort einen tiefen Seufzer aus.
Als er bei Miri ankommt, sagt er »Ganz ordentlich!«.
Miri lächelt selbstgefällig. Sie hält das Blatt extra so, dass Isabel und ich sehen können, dass sie eine Zwei minus hat.
Wenn ich aus der Schule komme, werde ich Erfinderin. Und der Teleskoparm wird zu meinen ersten Errungenschaften gehören!
Jetzt kommt der Giftzwerg auf Isabel und mich zugewackelt. Miri und Manu drehen neugierig die Köpfe, um unsere Niederlage rechtzeitig mit einer ordentlichen Portion Häme versehen zu können.
»Das war eine Überraschung«, sagt unser Mathelehrer trocken und legt erst Isabel und dann mir die Arbeitsblätter auf den Tisch. »Zwei« steht da. Bei uns beiden. Ohne minus.
Miri und Manu fallen beinahe die Augen aus dem Kopf.
»Gute Arbeit«, quetscht der Giftzwerg zwischen den Zähnen hervor. Man merkt, dass es ihm nicht leichtfällt. Dann geht er weiter zum nächsten Platz.
Mein Herz fängt an, wie wild zu hämmern. Eine Zwei in Mathe! Das ist ja wie ein Nilpferd am Grünstetter Marktplatz!
Einfach unglaublich, total unmöglich und noch nie da gewesen!
Für einen kurzen Moment vergesse ich meinen Ärger auf Isabel. Ich strahle sie an wie ein frisch gebackenes Honigkuchenpferd. Isabel grinst genauso breit zurück.
»Das gibt viermal gebrannte Mandeln, oder?«, fragt sie und kneift mich vergnügt in die Schulter.
Doch mir gefriert das Lachen auf den Lippen. Jetzt fällt es mir wieder ein. Diese blöde Schulaufgabe ist ja an allem schuld! Wenn Isabel nicht mit Luis gelernt hätte, hätte sie sich vielleicht nie in ihn verliebt!
Lieber hätte ich eine Sechs und dafür meine beste Freundin wieder für mich alleine.
»Das könnt ihr ohne mich machen«, antworte ich pampig. Ich ärgere mich im selben Moment darüber. Eigentlich hätte ich gerne wieder mit Isabel geredet! Über den Schulbazar und das Konzert und überhaupt – es ist doof, wenn man seine Vorfreude mit niemandem teilen kann. Aber jetzt ist es schon raus und Isabel dreht sich mit saurer Miene zur Seite.
Ich würde sie zwar gerne noch einmal ansprechen, aber es ergibt sich einfach keine Gelegenheit mehr dazu.
Den ganzen restlichen Vormittag reden wir wieder kein Wort miteinander.
Nach der Schule fahre ich wie vereinbart direkt zu Felix. Es hat die ganze letzte Nacht und auch am Vormittag geschneit und die Straßen und Gehwege sind so dick mit Schnee bedeckt, dass ich immer wieder absteigen und schieben muss.
Als ich endlich in der Nordendstraße ankomme, steht Frau Weber bereits in voller Montur in der Diele. »Ich muss leider gleich wieder los«, sagt sie. »Machst du Felix unddir Spaghetti?« Sie erklärt mir, dass Felix die Nudeln am liebsten ganz weich und ohne Soße mag.
»Er hat heute leider ein bisschen wenig geschlafen. Könnte nicht ganz einfach
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