Casting fuer die Liebe
werden«, warnt sie mich. »Aber für den absoluten Notfall hast du ja meine Nummer!«
Das »absolut« betont sie so, dass ich den Zettel mit ihrer Nummer eigentlich gleich zerknüllen und in den Müll schmeißen kann.
Und schwupp, ist sie zur Tür raus.
Felix sitzt im Wohnzimmer auf dem Teppich und türmt Bauklötze übereinander. Er sieht eigentlich ganz friedlich aus.
»Das wird aber ein toller Turm«, sage ich und lege selber auch noch ein Klötzchen obendrauf. Das hätte ich besser lassen sollen, denn in diesem Moment stürzt Felix’ Bauwerk mit lautem Gepolter in sich zusammen.
»Du Blöde!«, brüllt Felix und tritt die Bauklötze mit dem Fuß weg.
»Tut mir leid, wir bauen einen neuen Turm, ja?«, versuche ich, ihn zu trösten. Aber Felix schmollt und will nicht mehr.
Wahrscheinlich hat er Hunger, denke ich und gehe in die Küche.
Weiche Nudeln ohne Soße, na, das wird ja ein Festessen!
Zum Glück habe ich sowieso keinen großen Hunger. Ich bin viel zu aufgeregt zum Essen. Der Schulbazar, das Überraschungskonzert – das alles ist fast zu viel für meine Nerven!
Ich zwinge mich immer wieder dazu, ruhig zu bleiben.Aber am liebsten würde ich sämtliche Uhren dieser Stadt vier Stunden vorstellen! Blöd wäre nur, dass dann der Friseurtermin ausfallen würde. Und der muss sein! Schon allein, weil ich mir heute Morgen nicht die Haare gewaschen habe.
Wenigstens bin ich die ganze Zeit über bis zum Schulbazar beschäftigt. Wenn ich zu Hause sitzen und Däumchen drehen müsste, würde ich glatt durchdrehen!
Als das Nudelwasser blubbert und brodelt, nehme ich Felix auf den Arm und lasse ihn in den Topf schauen. Das findet er spannend und er wird ein bisschen ruhiger.
Nach dem Essen entferne ich erst mal die klebrigen Spaghettistückchen, die auf dem Stuhl, neben dem Teller und unter dem Tisch gelandet sind. Bei der Menge, die ich da aufsammle, frage ich mich, ob überhaupt etwas in Felix’ Bauch gelangt sein kann.
Richtig satt und zufrieden wirkt er auch nicht. Er quengelt und nölt immer noch rum und hat zu überhaupt nichts Lust.
Also beschließe ich, ihn in seinen Buggy zu packen und mit ihm rauszugehen. An der frischen Luft, denke ich mir, schläft er bestimmt gleich ein.
Aber draußen ist Felix immer noch motzig. Er macht auch keinerlei Anstalten, in seinen Buggy einzusteigen.
Stattdessen stapft er schimpfend und jammernd durch den Schnee, ich mit dem Buggy immer hinterher.
Auf diese Art und Weise kommen wir erstaunlich weit. Als wir das Industriegebiet mit den Supermärkten erreichen, verlässt Felix plötzlich die Kraft oder die Lust oder wahrscheinlichauch alles beides. Er lässt sich mit seinem Windelpopo in den Schnee plumpsen und fängt an zu brüllen, als hätte ich gerade seine komplette Matchboxsammlung verschenkt.
Ich versuche vergeblich, ihn hochzuheben und in seinen Buggy zu setzen. Felix wiegt zwar bestimmt nicht mehr als 15 Kilo, aber in diesem Moment macht er sich schwerer als ein ausgewachsener Elefantenbulle.
Die Leute, die mit vollen Tüten aus dem Tengelmann kommen, sehen uns teils mit Verwunderung, teils mit Mitleid in den Augen an. Das Ganze ist mir unsäglich peinlich.
Gerade als ich erwäge, mir ein Schild mit der Aufschrift: »Ich bin mit diesem Kind weder verschwägert noch verwandt!« zu besorgen, klopft jemand von hinten gegen meine Schulter.
Ich fahre herum und sehe einen Jungen mit verwuschelten, dunkelblonden Haaren vor mir stehen.
Es ist David, Luis’ bester Freund.
»Hallo!«, sage ich kurz – erleichtert, dass es nicht Philipp ist – und drehe mich dann wieder zu Felix. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für ein Schwätzchen, das muss David wohl einsehen. Außerdem will ich mir ja nicht die Stimmbänder ruinieren. Denn um uns verstehen zu können, müssten wir ja Felix’ ohrenbetäubendes Geheule übertönen.
David rührt sich trotzdem nicht vom Fleck. Ob er hier Wurzeln schlagen will? Die Schaulustigen, die aus dem Supermarkt kommen, reichen mir eigentlich völlig!
»Vielleicht hat der Kleine ja Lust auf einen Schokoriegel?«, fragt David plötzlich mit lauter Stimme und zaubert ein Snickers aus seiner Jackentasche hervor.
Felix guckt neugierig, brüllt aber weiterhin so durchdringend, dass er jedem Nebelhorn Konkurrenz machen würde.
»So was sollten kleine Kinder ja nicht jeden Tag essen«, fährt David unbeirrt fort und beginnt, das Snickers langsam auszuwickeln. »Aber in besonderen Fällen könnte man ja mal eine Ausnahme
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