Casting fuer die Liebe
alle anderen gespannt zusehen, sich prächtig amüsieren und am Schluss zu Tränen gerührt sind, hänge ich die ganze Zeit über nur todtraurig über meinem Tisch.
Wieso gibt es eigentlich für mein Liebesleben nie ein Happy End?
Ich muss an Philipp denken, seine hellblauen Augen – und an das Mädchen aus der Oberstufe, mit dem er wahrscheinlich glücklich zusammen ist.
Aber viel öfter noch schießt mir Davids Bild in den Kopf.
Ich sehe ihn vor mir, mit seinen Wuschelhaaren und den kleinen Sommersprossen auf der Nase.
Wie er sich geduldig abmüht, mir Mathe zu erklären.
Wie er plötzlich vor dem Supermarkt auftaucht und mir mit Felix hilft.
Und immer wieder: wie er mich küsst – und dabei so unwahrscheinlich lecker riecht!
Warum habe ich danach nur zu Philipp geguckt?
Isabel hat ja recht. Philipp kenne ich eigentlich gar nicht.
Aber von David weiß ich mittlerweile, wie nett und lustig er ist.
An den Nachmittagen versuche ich, mich abzulenken.
Gemeinsam mit Isabel gehe ich diese Woche drei Mal in die Stadt und besorge Weihnachtsgeschenke für alle.
Natürlich gehen wir auch noch mal bei den
Cutting Brothers
vorbei. Aber das Eröffnungsangebot gilt nicht mehr und für neue Strähnchen reicht mein Geld ganz knapp nicht.
Komisch, irgendwie bin ich gar nicht so traurig darüber.
Vielleicht würden David Strähnchen ja gar nicht gefallen?
Vielleicht fände er sie ja unnatürlich und künstlich?
Dass ich erst mal nicht mehr auf die Strähnchen sparen muss, macht mich dank Frau Weber schon fast zu einem vermögenden Menschen.
Für Mama kaufe ich einen neuen Lippenstift, weil ich mir ihren mehr oder weniger unter den Nagel gerissen habe.
Papa schenke ich zusammen mit Luis einen Plastikbob mit Lenkung, weil ihm das Schlittenfahren mit uns so viel Spaß gemacht hat.
Paula bekommt eine Kochzeitschrift mit Vollwert-Rezepten von mir.
Und für Luis legen Isabel und ich zusammen und kaufen ein schwarzes T-Shirt mit kleinen, grauen Sternen drauf.
Isabels Geschenk muss ich natürlich alleine besorgen. Nach langer Überlegung entscheide ich mich für ein rotes Haarband, das ich selbst mit kleinen, bunten Glassteinchen besticke.
Dann wickle ich es zusammen mit den Stulpen, die eigentlich für Philipp gedacht waren, in goldenes Geschenkpapier.
Schließlich waren es diese Stulpen, die unsere Freundschaft gerettet haben!
An den Abenden hängen Isabel und ich vor der Glotze. Wir gucken Clips auf MTV und ahmen ein paar besonders coole Choreografien nach.
Luis lacht sich halb scheckig dabei. Aber das stört uns nicht weiter.
Eigentlich müsste es mir richtig gut gehen. Die Sorge, ich könnte Isabel an Luis verlieren, war völlig unbegründet.
Wenn wir zu dritt sind, geben sich Isabel und Luis alle Mühe, dass ich mich nicht wie das fünfte Rad am Wagen fühle.
Und überhaupt ist Luis viel umgänglicher geworden.
Aber der Gedanke an David lässt mich einfach nicht los.
Wenn das Telefon klingelt, stürme ich sofort hin. Es könnte ja David sein, der sich für die Mandeln bedanken will.
Aber David meldet sich nicht. Auch bei Luis nicht.
»Mit dir ist doch irgendetwas!«, stellt Isabel fest, als wir zusammen im Badezimmer auf dem Wannenrand sitzen – eine grünliche Pampe im Gesicht, die für zarte Haut sorgen soll.
»Hast du immer noch so schlimmen Liebeskummer wegen Philipp?«
Ich schüttle den Kopf. »Nein, aber vielleicht wegen David«, verrate ich leise, während grüner Glibber von meinem Kinn tropft.
Isabel sieht mich eine Weile an, sagt aber nichts.
Wie sollte sie mich auch trösten können?
Casting für die Liebe
E s ist ein grausames Gesetz: Wenn man traurig ist, scheint die Zeit immer noch viel langsamer zu vergehen!
Und trotzdem steht irgendwann endlich der erste Ferientag vor der Tür.
Der Tag des großen Castings in München!
Schon um sieben Uhr früh holen mich Paula und Isabel mit dem Auto ab. Während der Fahrt sind Isabel und ich so aufgeregt, dass wir kaum ein Wort miteinander sprechen.
»Meinst du, dass alle drei Jungs da sind?«, fragt Isabel einmal.
»Bestimmt«, antworte ich und frage mich, ob Philipp mich wohl wiedererkennt.
Kurz nach acht treffen wir in München ein. Das Gelände, auf dem das Casting stattfindet, liegt in einem Gewerbegebiet etwas außerhalb.
Paula zeigt uns den Weg zur S-Bahn , mit der wir nach dem Casting zum Hauptbahnhof fahren müssen. Von dort aus geht es dann weiter mit dem Zug zurück nach Grünstett.
»Ihr macht das schon, Mädels«,
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