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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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HKL verschoben, so wäre Major — de Coverley vielleicht noch vorhanden gewesen und hätte ihn retten können; und hätte er die Mannschaftswohnung nicht mit Mädchen vollgesteckt, die kein Dach über dem Kopf hatten, so hätte Nately sich vielleicht niemals in seine Hure verliebt, als sie von den Hüften abwärts nackt vor den wortkargen Kartenspielern saß, die ihre Anwesenheit nicht weiter zur Kenntnis nahmen. Nately blickte aus seinem gelben Sessel verstohlen zu ihr hin. Die gelangweilte, gleichmütige Kraft, mit der sie die massierte Zurückweisung ertrug, erfüllte ihn mit Staunen. Sie gähnte, und er war zutiefst davon angerührt. Eine so heldenhafte Haltung war ihm bis dahin noch nicht vorgekommen. Dieses Mädchen war fünf Treppen hoch gestiegen, um sich an die dort oben wohnenden, bis zum Überdruß gesättigten Mannschaften zu verkaufen, um die herum es von Mädchen nur so wimmelte; keiner war bereit, sie um irgendeinen Preis zu kaufen, auch nicht, nachdem sie sich ohne wirkliche Begeisterung ausgezogen hatte, um die Männer mit ihrem hochgewachsenen, festen, vollen und wahrhaft üppigen Körper in Versuchung zu führen. Sie schien mehr müde als enttäuscht. Jetzt saß sie ausdruckslos und träge da und ruhte, sah mit stumpfer Neugier den Kartenspielern zu und sammelte ihre widerspenstigen Energien, um sich anzuziehen und von neuem an die Arbeit zu gehen. Nach einem Weilchen regte sie sich. Kurz darauf stand sie auf, seufzte, ohne es zu merken, streifte die strammen Baumwollhöschen und den dunklen Rock über, knöpfte die Spangen ihrer Schuhe zu und ging weg. Nately schlüpfte hinter ihr zur Tür hinaus; und als Yossarián und Aarfy etwa zwei Stunden später die Offizierswohnung betraten, streifte sie bereits wieder Höschen und Rock an, und die Szene glich beinahe einem der schon einmal durchlebten Augenblicke, von denen der Kaplan zu berichten wußte, nur eben daß Nately mit den Händen in den Taschen untröstlich herumstand.
    »Sie will gehen«, sagte er schwach und in einem ungewöhnlichen Tonfall. »Sie will nicht bleiben.«
    »Warum gibst du ihr nicht Geld und bleibst den Tag über mit ihr zusammen?« riet Yossarián.
    »Sie hat mir das Geld zurückgegeben«, gestand Nately. »Sie hat mich satt und möchte sich einen anderen suchen.«
    Als das Mädchen die Schuhe angestreift hatte, blickte sie Yossarián und Aarfy mürrisch und zugleich einladend an. Sie trug einen dünnen, weißen, ärmellosen Pullover, der ihre großen spitzen Brüste schön zur Geltung brachte und sich der schwellenden Linie der verführerischen Hüften anschmiegte. Yossarián erwiderte ihren Blick und fühlte sich stark angezogen. Er schüttelte den Kopf.
    »Immer weg mit dem Kroppzeug«, war Aarfys gleichmütige Reaktion.
    »Sprich nicht so von ihr«, verwahrte sich Nately; seine Stimme klang mißbilligend, aber auch bittend. »Ich möchte, daß sie bei mir bleibt.«
    »Was ist denn so besonderes an ihr?« fragte Aarfy hämisch und tat überrascht. »Sie ist doch bloß eine Hure.«
    »Und nenne sie nicht eine Hure.«
    Das Mädchen zuckte gleichgültig die Achseln und schlenderte zum Ausgang. Nately sprang niedergeschlagen vor und hielt ihr die Tür auf. Dann kam er ganz gebrochen zurück, und sein empfindsames Gesicht zeigte unmißverständlich, daß er Kummer hatte.
    »Mach dir nicht solchen Kummer«, redete Yossarián ihm freundlich zu. »Du wirst sie schon wiederfinden. Wir wissen doch, wo sich die Nutten rumtreiben.«
    »Bitte nenn' sie nicht so«, flehte Nately, und es sah aus, als wolle er weinen.
    »Entschuldige«, murmelte Yossarián.
    Aarfy raunzte jovial: »Es wimmelt auf den Straßen von Huren, und jede einzelne davon ist besser als diese. Sie war ja nicht mal hübsch.« Er kicherte geringschätzig und sachverständig. »Du bist hingelaufen und hast die Tür vor ihr aufgemacht, als hättest du dich in sie verliebt.«
    »Ich habe mich wohl auch in sie verliebt«, gestand Nately beschämt und leise.
    Aarfy legte die rundliche rosige Stirn neckisch in ungläubige Falten. »Ho, ho, ho«, lachte er und beklopfte voller Besitzerstolz seine geräumige, waldgrüne Uniformbluse. »Das ist wirklich gut.
    Du in sie verliebt? Das ist wirklich gut.« Aarfy hatte sich für diesen Nachmittag mit einer Rot-Kreuz-Helferin verabredet, die eine der besten Universitäten absolviert hatte und einen Vater besaß, der eine gutgehende Fabrik sein eigen nannte. »Mit so einem Mädchen solltest du verkehren, aber nicht mit einer ordinären

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