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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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wenn ein Mann Gottes anfängt, an einem solchen Ort die Gesellschaft schmutziger Säufer und Glücksspieler zu suchen.«
    Colonel Cathcart seufzte erleichtert. »Jawohl, Sir«, sagte er stolz.
    »Das ist wirklich schön.«
    »Warum ändern Sie denn nichts daran, zum Teufel?«
    »Sir?« fragte Colonel Cathcart blinzelnd.
    »Glauben Sie etwa, es hebt Ihre Reputation, wenn Ihr Kaplan sich jeden Abend im Kasino herumdrückt? Ich kann herkommen, wann ich will, immer ist er hier.«
    »Jawohl. Sir. Sie haben ganz recht«, versetzte Colonel Cathcart.
    »Das hebt meine Reputation nicht, und ich werde für eine Änderung sorgen, und zwar auf der Stelle.«
    »Sie waren es doch, der ihm befohlen hat herzukommen, nicht wahr?«
    »Nein, Sir, das war Colonel Korn. Ich beabsichtige, auch ihn streng zu bestrafen.«
    »Wenn er kein Kaplan wäre«, murrte General Dreedle, »würde ich ihn hinausführen und erschießen lassen.«
    »Er ist kein Kaplan«, bemerkte Colonel Cathcart hilfreich.
    »Er ist keiner? Warum, zum Teufel, trägt er dann ein Kreuz auf dem Kragen, wenn er kein Kaplan ist?«
    »Er trägt kein Kreuz,auf dem Kragen, Sir. Er trägt ein silbernes Blatt. Er ist Lieutenant-Colonel.«
    »Sie haben einen Kaplan im Rang eines Lieutenant-Colonel?«
    erkundigte sich General Dreedle verblüfft.
    »O nein, Sir. Mein Kaplan ist nur ein Captain.«
    »Warum trägt er denn dann ein silbernes Blatt auf dem Kragen, wenn er nur Captain ist?«
    »Er trägt kein silbernes Blatt am Kragen, Sir, sondern ein Kreuz.«
    »Verschwinden Sie jetzt, Sie Hurensohn«, sagte General Dreedle, »oder ich lasse Sie hinausführen und erschießen.«
    »Jawohl, Sir.«
    Colonel Cathcart verließ schluckend General Dreedle und schmiß den Kaplan aus dem Kasino heraus, und es war fast genauso, wie es zwei Monate später beinahe war, nachdem der Kaplan versucht hatte, Colonel Cathcart dazu zu bringen, den Befehl zurückzunehmen, mit dem er die vorgeschriebene Anzahl von Feindflügen auf sechzig erhöhte. Der Kaplan hatte auch bei diesem Vorhaben eine furchtbare Niederlage erlitten, und war bereit, sich gänzlich der Verzweiflung zu überlassen, wurde daran aber durch den Gedanken an seine Frau gehindert, die er so ergreifend und mit so sinnlicher und zugleich erhabener Inbrunst liebte und vermißte, gehindert auch durch das Vertrauen, das er in die Weisheit und Gerechtigkeit eines unsterblichen, allmächtigen, allwissenden, gnadenreichen, universellen, vermenschlichten, englisch sprechenden, angelsächsischen, proamerikanischen Gottes gesetzt, ein Vertrauen, das nun aber zu schwanken begonnen hatte. Sein Glaube war so vielen Anfechtungen ausgesetzt. Selbstredend besaß er die Bibel, doch die Bibel ist ein Buch, ein Buch wie >Bleak House<, >Die Schatzinsel<, >Ethan Frome< und >Der Letzte der Mohikaner<. War es denn wirklich wahrscheinlich, wie er einmal Dunbar hatte fragen hören, daß die Antworten auf die Rätsel der Schöpfung von Menschen beigebracht werden konnten, die zu dumm waren, um den Mechanismus des Regens zu verstehen? War der allmächtige Gott in seiner unendlichen Weisheit vor sechstausend Jahren wirklich von der Angst ergriffen worden, es könnte den Menschen gelingen, einen Turm bis zum Himmel zu bauen? Wo zum Teufel war überhaupt der Himmel? Oben? Unten? In unserem endlichen doch in steter Ausdehnung begriffenen Universum, in dem selbst die riesige, glühende, majestätische Sonne im Zustand fortschreitenden Zerfalls begriffen war, der auch die Erde zerstören würde, gab es weder ein oben noch ein unten. Es ereigneten sich keine Wunder; Gebete blieben unbeantwortet, und das Unglück trampelte mit gleicher Brutalität auf den Tugendhaften wie auf den Verderbten herum; und der Kaplan, der sowohl ein Gewissen als auch Charakter besaß, hätte sich der Vernunft ergeben und dem Glauben seiner Väter abgeschworen, hätte sowohl seinen Beruf als auch sein Offizierspatent aufgegeben und sein Glück als Gemeiner bei der Infanterie oder Feldartillerie, ja als Korporal bei den Fallschirmjägern versucht, wären nicht solche immer wieder auftretenden mystischen Phänomene gewesen, wie vor einigen Wochen der nackte Mann im Baum bei der Beerdigung des armen Sergeanten und das diesen Nachmittag gehörte, unvergeßliche, ermutigende Gelöbnis des Propheten Flume aus dem Wald: Sagen Sie, ich komme zurück, wenn es Winter wird.

Aarfy
    In gewisser Weise war alles Yossariáns Schuld, denn hätte er während der Großmächtigen Belagerung von Bologna nicht die

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