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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Schlampe wie der da. Die sah ja nicht mal gewaschen aus.«
    »Das ist mir egal!« schrie Nately verzweifelt. »Und vielleicht hältst du jetzt endlich dein Maul! Ich habe keine Lust, mit dir darüber zu reden.«
    »Halt dein Maul, Aarfy«, befahl Yossarián.
    »Ho, ho, ho«, fuhr Aarfy fort. »Ich kann mir genau vorstellen, was deine Eltern sagen würden, wenn sie wüßten, daß du mit einer dreckigen Nutte herumläufst. Schließlich ist dein Vater ein sehr distinguierter Herr.«
    »Ich werde ihm nichts davon sagen«, erklärte Nately entschlossen. »Ich werde sie mit keinem Wort ihm oder meiner Mutter gegenüber erwähnen, ehe wir verheiratet sind.«
    »Verheiratet?« Aarfys gelassene Heiterkeit verstärkte sich noch.
    »Ho! ho! ho! ho! Jetzt redest du wirklich Blech! Du bist ja noch nicht mal alt genug, um zu wissen, was wahre Liebe ist.«
    Aarfy war eine Autorität in bezug auf wahre Liebe, denn er empfand bereits wahre Liebe zu Natelys Vater und der Aussicht, nach dem Kriege als Belohnung für seine Freundschaft zu Nately eine leitende Stellung in den väterlichen Betrieben zu erhalten.
    Aarfy war Erster Beobachter und Navigator, und, seit er das College verlassen hatte, ununterbrochen in die Irre gegangen. Er war ein liebenswürdiger, großmütiger Erster Beobachter, der es stets fertig brachte, den anderen zu vergeben, wenn sie ihn nach Strich und Faden verfluchten, weil er auf dem Weg zum Zielgebiet wieder einmal die Richtung verloren und den Verband mitten ins dickste Flakfeuer geführt hatte. Er verlief sich auch an jenem Nachmittag in den Straßen von Rom und verfehlte das heiratsfähige Mädchen mit der bedeutenden Fabrik. Er verfranzte sich auch bei dem Anflug auf Ferrara, als Kraft abgeschossen wurde, und er verfranzte sich wiederum auf dem wöchentlichen Spazierflug nach Parma und versuchte, den Verband über die Stadt Leghorn aufs Meer hinaus zu führen, nachdem Yossarián seine Bomben über dem unverteidigten Inlandziel abgeworfen hatte und sich gemächlich gegen die dicke, gepanzerte Rückwand sinken ließ, die Augen geschlossen, eine Zigarette in der Hand. Plötzlich war die Flak da, und McWatt schrie über die Bordverständigung »Flak! Flak! Wo sind wir denn, zum Teufel?
    Was geht überhaupt vor?«
    Yossarián riß die Augen auf und sah die gänzlich unerwarteten schwarzen Flakwölkchen immer näher kommen, und dazu Aarfys melonenrundes Gesicht mit den Schweinsäuglein, die verwirrt, aber gleichmütig in den sich nähernden Strudel krepierender Granaten blickten. Yossarián war außer sich. Eins seiner Beine war eingeschlafen. McWatt hatte die Maschine hochgezogen und verlangte brüllend nach Anweisungen. Yossarián wollte vorspringen, um festzustellen, wo man sich eigentlich befand, er kam aber nicht vom Platz. Er vermochte sich nicht zu bewegen.
    Dann merkte er, daß er völlig durchnäßt war. Er blickte voller Angst zwischen seine Beine. Ein stark rötlicher Fleck breitete sich auf seinem Hemd aus, wie ein Seeungeheuer, das ihn verschlingen wollte. Er war verwundet! Aus einem durchnäßten Hosenbein tröpfelte sein Blut in mehreren Rinnsalen wie zuckendes, rotes Gewürm und bildete eine Lache auf dem Boden. Sein Herzschlag setzte aus. Ein zweiter Treffer ließ die Maschine erbeben.
    Yossarián erschauerte angeekelt bei dem seltsamen Anblick seiner Wunde und schrie um Hilfe nach Aarfy.
    »Meine Hoden sind weggeschossen, Aarfy!« Aarfy hörte nichts.
    Yossarián beugte sich vor und zupfte ihn am Arm. »Hilf mir, Aarfy«, bat er beinahe weinend. »Ich bin getroffen! Getroffen!«
    Aarfy wandte sich ausdruckslos grinsend um. »Was?«
    »Ich bin verwundet, Aarfy, hilf mir.«
    Aarfy grinste wieder und zuckte freundlich die Achseln. »Ich kann dich nicht verstehen«, sagte er.
    »Kannst du mich auch nicht sehen?« schrie Yossarián ungläubig und deutete auf die Blutlache, die unter ihm immer größer wurde. »Ich bin verwundet, Aarfy! Hilf mir, um Gottes willen!«
    »Ich verstehe immer noch nichts«, klagte Aarfy geduldig und hielt eine gekrümmte Hand hinter sein Ohr. »Was sagst du?« Yossarián antwortete mit brechender Stimme, denn er hatte es satt zu brüllen, er hatte diesen ganzen vergeblichen, aufreizenden, lächerlichen Auftritt satt. Er starb und niemand nahm Notiz davon.
    »Laß nur.«
    »Was?« schrie Aarfy.
    »Ich sage, sie haben mir die Hoden weggeschossen! Verstehst du denn nicht? Ich bin am Unterleib verwundet.«
    »Ich verstehe dich noch immer nicht«, tadelte Aarfy.
    »Laß nur,

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