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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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wirkte anders als sonst, es war zu aufgeräumt. Dobbs beobachtete ihn neugierig und rauchte dabei eine dicke Zigarre.
    Nun, da Yossarián sich entschlossen hatte, tapfer zu sein, fürchtete er sich entsetzlich.
    »Also«, sagte er, »Colonel Cathcart muß hingemacht werden.
    Wir wollen es gemeinsam tun.«
    Dobbs sprang entsetzt von seinem Feldbett auf. »Leise doch!«
    brüllte er. »Colonel Cathcart umbringen? Wovon redest du eigentlich?«
    »Sei doch still«, knurrte Yossarián. »Die ganze Insel kann dich ja hören. Hast du die Pistole noch?«
    »Bist du verrückt?« kreischte Dobbs. »Warum sollte ich wohl Colonel Cathcart umbringen wollen?«
    »Warum?« Yossarián glotzte Dobbs ungläubig und zornig an.
    »Warum? Es war schließlich dein Einfall. Oder bist du etwa nicht zu mir ins Lazarett gekommen und hast mich aufgefordert, mitzumachen?«
    Langsam breitete sich auf Dobbs Gesicht ein Lächeln aus. »Ja, damals hatte ich erst 58 Feindflüge«, erklärte er und paffte dabei genüßlich an seiner Zigarre. »Jetzt aber habe ich meine Sachen gepackt und warte auf den Marschbefehl in die Heimat. Ich habe meine 60 Feindflüge hinter mir.«
    »Na und?« erwiderte Yossarián. »Du wirst sehen, er erhöht die erforderliche Anzahl wiederum.« »Diesmal vielleicht nicht.«
    »Er tut es doch immer. Was ist denn bloß los mit dir, Dobbs?
    Frag Hungry Joe, wie oft der seine Sachen schon zusammengepackt hat.«
    »Ich muß jedenfalls abwarten und sehen, was geschieht«, sagte Dobbs verstockt. »Ich wäre ja verrückt, wenn ich mich auf sowas einließe, gerade jetzt, wo ich nicht mehr zu fliegen brauche.« Er klopfte die Asche von der Zigarre ab. »Nein. Ich rate dir übrigens, auch 60 Einsätze zu fliegen, geradeso wie wir anderen, und dann ebenfalls abzuwarten, was geschieht.«
    Yossarián widerstand dem Wunsch, ihm ins Auge zu spucken.
    »Ich werde wohl kaum 60 Einsätze überleben«, klagte er tonlos und pessimistisch. »Es geht das Gerücht, daß er das Geschwader wiederum freiwillig für Bologna zur Verfügung gestellt hat.«
    »Oh, das ist nur ein Gerücht«, bedeutete Dobbs ihm wichtigtuerisch. »Du darfst nicht alles glauben, was du hörst.«
    »Vielleicht hörst du auf, mir gute Ratschläge zu geben.«
    »Warum redest du nicht mal mit Orr?« riet ihm Dobbs. »Orr ist letzte Woche bei seinem zweiten Flug nach Avignon wieder in den Bach gefallen. Vielleicht ist er verzweifelt genug, um sich an einem Mord zu beteiligen.«
    »Orr ist zu blöde, um verzweifelt zu sein.«
    Tatsächlich war Orr, während Yossarián noch im Lazarett lag, wieder abgeschossen worden, hatte aber seinen beschädigten Bomber mit so makelloser Geschicklichkeit auf die gläserne, blaue Dünung vor Marseiile gesetzt, daß keines der sechs Besatzungsmitglieder auch nur eine Schramme davontrug. Während die See noch grün und weiß um das Flugzeug schäumte, flogen an Bug und Heck die Notausstiege auf, und die Männer krochen so schnell sie konnten in ihren schlappen, orangefarbenen Schwimmwesten heraus, die sich nicht aufbliesen und ihnen nutzlos um Hals und Hüften wabbelten. Die Schwimmwesten bliesen sich nicht auf, weil Milo die Preßluftflaschen entfernt hatte, um mit ihrer Hilfe jene wundervollen Eiskremsodas herzustellen, die er in der Offiziersmesse servierte. An Stelle der Preßluftbehälter befanden sich Zettel mit der Inschrift »Was M & M nützt, nützt auch dem Vaterland.« Orr hüpfte als letzter aus dem versinkenden Bomber.
    »Das hätten Sie sehen müssen!« brüllte Sergeant Knight vor Lachen, als er Yossarián den Vorgang beschrieb. »Etwas Spaßigeres haben Sie im Leben noch nicht gesehen. Keine der Schwimmwesten ließ sich aufblasen, weil Milo die Preßluftflaschen geklaut hatte, um die Eiskremsodas herzustellen, die er euch Lumpen in der Offiziersmesse serviert. Es erwies sich aber, daß das gar nicht so schlimm war. Einer von uns konnte nicht schwimmen, und den setzten wir in das Floß, das Orr mit dem Tau am Flugzeug festhielt, auf dem wir noch alle standen. Dieser kleine Irre hat tatsächlich eine Begabung für solche Sachen. Das andere Floß machte sich unterdessen frei und trieb weg, so daß wir schließlich alle sechs wie die Heringe auf dem einen Floß saßen und keiner sich rühren konnte, ohne die anderen ins Wasser zu werfen.
    Nachdem wir ungefähr drei Sekunden vom Flugzeug weg waren, ging es unter, und da trieben wir nun mutterseelenallein auf dem Meer und machten gleich die Verschlüsse der Schwimmwesten auf, um zu

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