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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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sehen, was zum Teufel denn da nicht in Ordnung war. Darin fanden wir diese verfluchten Zettel, auf denen Milo uns auseinandersetzte, daß Milos Nutzen auch unser Nutzen ist. Dieser Schuft! Herr im Himmel, wie haben wir ihn verflucht, wir alle, ausgenommen Ihr Freund Orr, der ununterbrochen vor sich hin grinste, ganz als sei er davon überzeugt, daß Milos Nutzen vielleicht wirklich unser aller Nutzen sei.
    Sie hätten ihn sehen müssen, wie er da auf dem Rand des Floßes saß wie der Kapitän auf der Brücke, während wir ihn anglotzten und darauf warteten, daß er irgendwas anordnete. Er schlug sich alle paar Sekunden auf die Schenkel, als ob er den Veitstanz hätte, und sagte immerzu >also Leute, also Leute<, und dabei kicherte er wie ein verrückt gewordener Zwerg, sagte wieder >also Leute, also Leute< und kicherte noch etwas mehr wie ein verrückt gewordener Zwerg. Man hatte den Eindruck, dem Auftritt eines Dorftrottels beizuwohnen. Und eben weil wir ihn so hingerissen anstarrten, schnappten wir nicht selber in den ersten Minuten über, denn Sie dürfen nicht vergessen, daß uns jede Welle überschwemmte, ein paar von uns ins Wasser spülte, und wir wieder aufs Floß klettern mußten, um uns von der nächsten Welle ins Wasser stoßen zu lassen. Das war wirklich lustig. Wir fielen unablässig in den Bach und kletterten wieder aufs Floß.
    Den Kerl, der nicht schwimmen konnte, hatten wir auf dem Boden des Floßes langgelegt, aber da ertrank er beinahe, denn das Wasser stand so hoch, daß es ihm über die Nase reichte.
    Dann fing Orr an, die einzelnen Kammern des Floßes zu öffnen, und da ging der Spaß erst richtig los. Zuerst fand er eine Büchse mit Schokolade, die er herumreichte, und da knabberten wir also nasse, salzige Schokolade und ließen uns von den Wellen über Bord spülen. Als nächstes fand er Brühwürfel und Aluminiumbecher und bereitete uns Suppe. Gleich darauf fand er Tee, und bei Gott, er machte Tee! Können Sie sich vorstellen, wie er uns Tee ausschenkte, während wir bis an den Arsch im Wasser saßen? Jetzt fiel ich immer wieder ins Wasser, weil ich so lachen mußte. Alle lachten wir, nur er war todernst, abgesehen davon, daß er dieses blöde Kichern nicht sein ließ und ununterbrochen grinste wie ein Schwachsinniger. Was für ein Vogel! Was er fand, nahm er in Gebrauch. Er entdeckte ein Pulver gegen Haifische und streute es aus. Er fand die Seenotwasserfarbe und warf sie gleich hinterher. Als nächstes brachte er eine Angelleine und getrockneten Köder zum Vorschein, und dabei lächelte er so befriedigt, als hätte der Seenotrettungsdienst uns gerade eben noch gefunden, ehe wir vor Erschöpfung starben oder die Deutschen ein Schnellboot von Spezia abschickten, um uns gefangen zu nehmen oder abzuknallen. Im Handumdrehen hatte Orr die Angelleine ausgeworfen und fischte nach Herzenslust. >Was glauben Sie eigentlich, was Sie da fangen werden, Leutnant?< fragte ich ihn. >Kabeljau<, erklärte er mir. Und das glaubte er wirklich. Ein Glück, daß er keinen gefangen hat, denn sonst hätte er ihn roh gegessen und uns gezwungen, ebenfalls rohen Kabeljau zu essen, denn mittlerweile hatte er eine Broschüre gefunden, in der stand, daß man unbedenklich rohen Kabeljau essen könne.
    Dann entdeckte er ein kleines blaues Paddel, ungefähr so groß wie ein Teelöffel, und, was soll ich Ihnen sagen, er fing wirklich an zu paddeln und versuchte, unser zehn Zentner schweres Floß mit diesem Stöckchen zu bewegen. Können Sie sich das vorstellen? Schließlich entdeckte er noch einen kleinen Magnetkompaß und eine große, wasserabstoßende Seekarte, breitete die Karte auf den Knien aus und legte den Kompaß drauf. Und als die Barkasse uns etwa eine halbe Stunde später auffischte, saß er immer noch so da, die Angelleine mit dem Köder ausgeworfen, Kompaß und Karte im Schoß, und dabei paddelte er aus Leibeskräften mit dem winzigen blauen Ding, als ginge es mit höchster Fahrt nach Mallorca.«
    Sergeant Knight wußte natürlich über Mallorca Bescheid und Orr ebenfalls, denn Yossarián hatte ihnen oft von solchen Zufluchtsorten wie Spanien, der Schweiz und Schweden gesprochen, wo amerikanische Flieger sich unter angenehmsten und luxuriösesten Bedingungen für die Dauer des Krieges internieren lassen konnten, falls sie sich nur die Mühe machten, hinzufliegen. Yossarián war Geschwaderspezialist für Fragen der Internierung und hatte bereits für jeden Flug über Norditalien einen Notkurs nach der Schweiz

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