Catch 22
Geschwader in den Hügeln errichtet und mit seinen eigenen Leuten bemannt hatte.
Als Yossarián erkannte, daß er das Opfer eines leichtfertigen Ulkes geworden war, der ihm den Schlaf geraubt und ihn zu einem winselnden Häufchen Elend herabgewürdigt hatte, kochte er vor Wut. Er wollte töten, er wollte morden. So wütend war er noch nie gewesen, nicht einmal, als er McWatts Kehle umklammerte, um ihn zu erwürgen. Wieder eröffnete das MG sein Feuer.
Man hörte »Prost Neujahr!« rufen, und wie das schadenfrohe Lachen einer Hexe rollte Gelächter von den Hügeln herab in die Dunkelheit. Yossarián stürzte in Mokassins und Overalls wutschnaubend aus seinem Zelt, stieß im Laufen ein Magazin in den Griff seiner schweren Pistole und lud durch. Dann legte er den Sicherungsflügel um und war schußbereit. Er hörte, daß Nately hinter ihm herkam und ihn flehend beim Namen rief. Von dem schwarzen Hügel oberhalb des Motorpools eröffnete das MG jetzt wiederum das Feuer, und orangefarbene Leuchtspurgeschosse strichen niedrig über die schattenhaft sichtbaren Zelte. Zwischen den kurzen Feuerstößen ließ sich bellendes Gelächter vernehmen.
Yossarián fühlte den Haß wie eine Säure in sich brennen; die Lumpen wollten ihm doch wieder ans Leben! Blindwütig und entschlossen rannte er durch den Staffelbereich, so schnell er konnte am Motorpool vorbei und stampfte bereits den schmalen, gewundenen Pfad bergan, als er schließlich von Nately eingeholt wurde, der kummervoll immer noch »Yo-Yo« rief und ihn inständig bat, stehen zu bleiben. Er packte Yossarián an der Schulter und versuchte, ihn festzuhalten. Yossarián entwand sich seinem Griff. Nately packte neuerlich zu, und Yossarián knallte seine Faust mit voller Kraft in Natelys zartes, junges Gesicht, wobei er ihn laut zum Teufel wünschte. Dann holte er aus, um ihn noch einmal zu treffen, Nately war aber bereits stöhnend aus dem Blickfeld verschwunden und lag zusammengerollt auf dem Boden, den Kopf., in den Händen, und zwischen seinen Fingern strömte das Blut heraus. Yossarián wirbelte herum und rannte, ohne noch einmal zurückzublicken, keuchend den Pfad hinan.
Bald schon sah er das MG. Bei dem Geräusch seiner Schritte wurde der Umriß zweier aufspringender Gestalten gegen den Himmel sichtbar, die boshaft lachend in der Dunkelheit verschwanden, ehe er anlangte. Er war nicht schnell genug gewesen. Ihre Schritte entfernten sich, und die runde Befestigung aus Sandsäcken lag stumm im kühlen, windlosen Mondlicht. Yossarián sah sich niedergeschlagen um. Aus der Ferne drang wieder hämisches Lachen herüber. In der Nähe knackte ein Zweig. Von einem kalten Wonneschauer überrieselt, ließ Yossarián sich auf die Knie nieder und zielte. Jenseits der Sandsäcke hörte er leichtes Rascheln und feuerte zweimal. Sogleich schoß jemand zurück, und er erkannte den Schützen.
»Dunbar?« rief er.
»Yossarián?«
Beide Männer verließen ihre Verstecke und gingen mit gesenkten Pistolen enttäuscht und müde aufeinander zu. Sie waren von ihrem Lauf noch außer Atem und erschauerten in der kalten Nachtluft.
»Die Schweine«, sagte Yossarián. »Sie sind entwischt.«
»Die haben mich zehn Jahre meines Lebens gekostet«, versicherte Dunbar. »Ich dachte schon, dieser Lumpenhund Milo bombardiert uns wieder. Ich habe noch nie solche Angst ausgestanden.
Wenn ich nur wüßte, wer diese Hunde waren.«
»Einer war Sergeant Knight.«
»Na los, legen wir ihn um«, sagte Dunbar mit klappernden Zähnen. »Er hat kein Recht, uns so zu erschrecken.«
Yossarián hatte keine Lust mehr, jemanden umzulegen. »Wir wollen erst mal nach Nately sehen. Ich glaube, ich habe ihm da unten fürchterlich eins versetzt.«
Es war nirgends etwas von Nately zu sehen, obwohl Yossarián die richtige Stelle an den Blutspuren auf den Steinen erkannte.
Nately war auch nicht in seinem Zelt, und sie erwischten ihn erst, als sie sich am nächsten Morgen als Patienten ins Lazarett aufnehmen ließen, nachdem sie erfahren hatten, daß er noch in der Nacht mit einer gebrochenen Nase eingeliefert worden war. Nately strahlte furchtsam überrascht, als sie in Schlafröcken und Pantoffeln hinter Schwester Gramer auf die Station trabten und ihre Betten zugeteilt erhielten. Natelys Nase steckte in einem unförmigen Gipsverband, und er hatte zwei veilchenblaue Augen.
Er errötete immer wieder vor Verlegenheit und entschuldigte sich bei Yossarián, als Yossarián an sein Bett kam, um sich dafür zu
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