Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
Vom Netzwerk:
ein Flugzeug steige«, bemerkte er und blinzelte mit seinen kurzsichtigen, braunen, beleidigten Knopfaugen. »Es kommt von ganz allein. Genau wie jene Jungfrau, von der ich vorhin sprach, die kein Kind kriegen konnte.«
    »Was für eine Jungfrau?« fragte Yossarián. »Mir war doch so, als hättest du von Jungvermählten gesprochen.«
    »Das ist ja eben die Jungfrau, die ich meine. Es handelte sich um ein blutjunges Paar, das etwas länger als ein Jahr verheiratet gewesen war, als es unangemeldet in meiner Praxis erschien. Du hättest das Mädchen sehen müssen. Sie war so liebreizend, so jung und so schön. Sie errötete sogar, als ich sie nach ihrer Periode fragte. Ich werde wohl nie aufhören, jenes Mädchen zu lieben. Sie hatte eine traumhafte Figur, und um den Hals trug sie eine Kette mit einem Amulett des heiligen Antonius, der zwischen den schönsten Brüsten ruhte, die ich je im Leben gesehen habe. >Das muß eine furchtbare Versuchung für Sankt Antonius sein<, scherzte ich — um ihr die Befangenheit zu nehmen. >Antonius?< sagte der Ehemann. >Wer ist Antonius ?< >Fragen Sie Ihre Frau<, riet ich ihm. >Sie kann Ihnen sagen, wer Antonius ist.< >Wer ist Antonius?< fragte er sie: >Wer?< wollte sie wissen.
    >Antonius<, sagte er. >Antonius ?< fragte sie. >Wer ist Antonius ?< Als ich sie mir im Untersuchungszimmer näher betrachtete, stellte sich heraus, daß sie noch Jungfrau war. Ich redete mit dem Ehemann, während sie ihren Strumpfbandgürtel anzog und die Strümpfe fest machte. >Jede Nacht<, prahlte er. Ein richtiger Schlaumeier. >Ich lasse keine Nacht aus<, prahlte er. Und er meinte das ganz im Ernst. »Ich stecke es ihr sogar morgens vor dem Frühstück, daß sie mir macht, ehe wir zur Arbeit gehen<, prahlte er.
    Dafür gab es nur eine Erklärung. Als ich sie beide wieder um mich versammelt hatte, demonstrierte ich ihnen die Technik des Geschlechtsverkehrs mit den Gummimodellen, die ich in meiner Praxis habe. Ich besitze zwei Gummimodelle mit allen Fortpflanzungsorganen beider Geschlechter, die ich in getrennten Schränken aufbewahre, um jeden Skandal zu vermeiden. Oder vielmehr, ich besaß sie mal. Jetzt besitze ich ja nichts mehr, nicht einmal eine Praxis. Jetzt habe ich bloß noch meine Untertemperatur, die wirklich anfängt, mir Sorge zu machen. Die beiden Burschen, die im Krankenzelt arbeiten, taugen als Diagnostiker überhaupt nichts.
    Die können nichts weiter als meckern. Die glauben wirklich, es ginge ihnen schlecht. Was soll ich da erst sagen? Die hätten mal in meiner Praxis sein sollen, als jene Jungvermählten mich anglotzten, als hätte ich ihnen was erzählt, wovon nie zuvor jemand gehört hat.
    Du kannst dir nicht vorstellen, wie interessiert sie sich zeigten. >Sie meinen — so?< fragte er mich und hantierte still für sich ein Weilchen mit den Modellen. Nun, man weiß ja, daß so etwas manchen Leuten eine mächtige Befriedigung verschafft. >Ganz recht<, sagte ich zu ihm. >Und jetzt gehen Sie nach Hause und versuchen es mal so, wie ich gesagt habe, ein paar Monate lang, und dann werden wir ja sehen, was geschieht. Okay?< >Okay<, sagten die beiden und zahlten ohne Widerrede bar. >Viel Vergnügen<, wünschte ich ihnen, sie bedankten sich und gingen zusammen weg.
    Er hatte seinen Arm um ihre Taille gelegt, als könne er es nicht abwarten, sie zu Hause zu haben und es auszuprobieren. Einige Tage darauf kam er allein wieder und sagte meiner Sprechstundenhilfe, er müsse mich sofort sprechen. Kaum war ich mit ihm alleine, da schlug er mir auf die Nase.«
    »Was hat er getan?«
    »Er nannte mich einen Schlaumeier und schlug mir die Nase ein.
    >Sie sind wohl ein kleiner Schlaumeier, was?< sagte er und stieß mich aus dem Anzug. Bang! Einfach so. Das ist kein Witz.«
    »Ich glaube, daß es kein Witz ist«, sagte Yossarián. »Warum hat er das aber gemacht?«
    »Woher soll ich wissen, warum er das gemacht hat?« gab Doc Daneeka verärgert zurück.
    »Vielleicht hatte es etwas mit dem heiligen Antonius zu tun?«
    Doc Daneeka blickte verständnislos drein. »Antonius?« fragte er erstaunt. »Wer ist Antonius?«
    »Woher soll ich das wissen?« antwortete Häuptling White Halfoat, der in diesem Augenblick ins Zelt torkelte, eine Whiskyflasche im Arm und streitsüchtig zwischen den beiden Platz nahm.
    Doc Daneeka stand wortlos auf und trug seinen Stuhl vors Zelt hinaus, niedergedrückt von dem Gewicht der Ungerechtigkeiten, die ihn unaufhörlich plagten. Die Gesellschaft seines Mitbewohners vermochte er

Weitere Kostenlose Bücher