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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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mit ihm. Es liegt kein Grund vor, unhöflich zu sein.«
    »Gut. Dann sagen Sie ihm, er soll die Klappe halten und uns die Fragen überlassen.«
    »Bitte, Pater, halten Sie die Klappe und überlassen Sie die Fragen uns«, sagte der Major liebenswürdig. »Es dürfte Ihnen besser bekommen.«
    »Sie brauchen mich nicht Pater zu nennen«, sagte der Kaplan.
    »Ich bin kein Katholik.«
    »Ich auch nicht, Pater«, sagte der Major. »Aber ich bin sehr fromm, und es macht mir Freude, jeden Gottesmann mit Pater anzureden.«
    »Der Major glaubt nicht, daß es im Schützengraben Atheisten gibt«, bemerkte der Colonel und stieß den Kaplan vertraulich in die Rippen. »Los, Kaplan, sagen Sie es ihm. Gibt es im Schützengraben Atheisten?«
    »Ich weiß nicht, Sir«, erwiderte der Kaplan. »Ich bin nie in einem Schützengraben gewesen.«
    Der vor ihm sitzende Offizier wandte blitzschnell den Kopf und ließ ein streitlustiges Gesicht sehen. »Sie waren doch auch noch nie im Himmel, nicht wahr? Aber Sie glauben doch trotzdem daran, daß es einen Himmel gibt?«
    »Oder etwa nicht?« fragte der Colonel.
    »Sie haben da ein schweres Verbrechen begangen, Pater«, warf der Major ein.
    »Was für ein Verbrechen?«
    »Wir wissen es noch nicht«, ließ sich der Colonel vernehmen.
    »Aber wir werden schon noch dahinterkommen. Schwer ist es auf alle Fälle.«
    Im Stabsbereich angelangt, bog der Wagen mit quietschenden Reifen von der Straße ab, umfuhr mit nur wenig herabgesetzter Geschwindigkeit den Parkplatz und hielt vor dem rückwärtigen Eingang zum Stabsgebäude. Die drei Offiziere und der Kaplan stiegen aus. Sie gingen im Gänsemarsch eine baufällige Holztreppe hinab in den Keller und führten ihn in einen feuchten, düsteren Raum mit niedriger Betondecke und unverputzten Wänden. In den Ecken hingen Spinnweben. Ein riesiger Tausendfüßler wetzte über den Fußboden und suchte Schutz hinter dem Rohr der Wasserleitung. Sie setzten den Kaplan auf einen harten Stuhl mit steiler Lehne, der hinter einem kleinen, leeren Tisch stand.
    »Machen Sie es sich gemütlich, Kaplan«, forderte der Colonel ihn freundlich auf, knipste einen Scheinwerfer an und richtete den blendenden Lichtstrahl unmittelbar auf das Gesicht des Kaplans.
    Dann legte er mehrere Schlagringe und eine Schachtel Zündhölzer auf den Tisch und sagte: »Entspannen Sie sich.«
    Dem Kaplan quollen vor Staunen die Augen aus dem Kopf. Seine Zähne begannen zu klappern, und er fühlte alle Kraft aus seinen Gliedern weichen. Er war wehrlos. Er begriff, daß er ihnen ausgeliefert war; diese brutalen Kerle konnten ihn hier einfach zu Tode prügeln, und niemand würde zu seiner Rettung eingreifen, niemand, ausgenommen vielleicht der fromme, freundliche Major mit dem scharfen Profil, der jetzt den Wasserhahn so weit aufdrehte, daß das Wasser laut in den Ausguß tropfte, und ein dickes Schlauchende neben die Schlagringe auf den Tisch legte, als er zurückkam.
    »Haben Sie keine Sorge, Pater«, sagte der Major aufmunternd.
    »Es geschieht Ihnen nichts, wenn Sie unschuldig sind. Warum haben Sie solche Angst? Sie sind doch nicht etwa schuldig?«
    »Klar ist er schuldig«, sagte der Colonel. »Schuldig wie der Teufel.«
    »Wessen beschuldigt man mich denn?« verlangte der Kaplan zu wissen. Er fühlte sich immer verwirrter werden und wußte nicht, welchen der Männer er um Gnade anflehen sollte. Der dritte Offizier trug keine Rangabzeichen und stand schweigend abseits.
    »Was habe ich denn verbrochen?«
    »Genau das werden wir jetzt feststellen«, erwiderte der Colonel und schob dem Kaplan Papier und Bleistift über den Tisch hin.
    »Bitte schreiben Sie Ihren Namen hier auf diesen Block, in Ihrer eigenen Handschrift.«
    »In meiner eigenen Handschrift?«
    »Ganz recht. Irgendwohin. Es kommt nicht darauf an.« Als der Kaplan geschrieben hatte, ergriff der Colonel das Blatt und hielt es neben ein Schriftstück, das er einem Hefter entnommen hatte.
    »Sehen Sie?« sagte er zum Major, der herangetreten war und gewichtig über seine Schulter guckte.
    »Es ist nicht die gleiche Schrift«, gab der Major zu.
    »Ich habe doch gesagt, daß er es getan hat.«
    »Was getan?« fragte der Kaplan.
    »Kaplan, dies ist für mich eine schwere Enttäuschung«, warf der Major ihm kummervoll vor.
    »Was?«
    »Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich enttäuscht bin.«
    »Weshalb denn nur?« fragte der Kaplan, der fast außer sich war.
    »Was habe ich denn verbrochen?«
    »Deshalb«, erwiderte der Major angeekelt und

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