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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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können.
    »Warum prügelst du mich nie?« fragte sie eines Abends schmollend.
    »Weil ich dazu nicht die Zeit habe«, knurrte er ungeduldig. »Ich habe keine Zeit! Weißt du denn nicht, daß Exerzierdienst angesetzt ist?«
    Und wirklich hatte er keine Zeit dazu. Schon war es Sonntag, und bis zur nächsten Parade blieben nur sieben Tage. Die Stunden rauschten nur so vorüber. Daß er die letzten drei Male der Schlechteste gewesen war, hatte Leutnant Schittkopps Renommee geschädigt, und er erwog jede Möglichkeit einer Verbesserung, einschließlich der, die zwölf Männer in jeder Linie an einen langen Balken aus gut abgelagertem Eichenholz zu nageln, damit sie Seitenrichtung hielten. Der Plan war nicht ausführbar, denn man hätte keine Schwenkung um 90 Grad befehlen können, ohne vorher in den Rücken eines jeden Mannes ein Scharnier einzubauen, und Leutnant Schittkopp traute sich weder, vom Quartermaster so viele Scharniere anzufordern, noch die Chirurgen im Lazarett um ihre Mitarbeit zu bitten.
    Nachdem Leutnant Schittkopp auf Clevingers Rat die Fähnriche ihre eigenen Stubenältesten hatte wählen lassen, errang die Abteilung den gelben Wimpel. Leutnant Schittkopp war von dieser unerwarteten Leistung so entzückt, daß er seiner Frau kräftig mit dem Schaft auf den Kopf schlug, als sie ihn ins Bett zu ziehen versuchte, wo sie durch Zurschaustellung ihrer Verachtung für die Sexualmoral der unteren Mittelklasse der westlichen Zivilisation das Ereignis gebührend zu feiern hoffte. In der Woche darauf errang die Abteilung den roten Wimpel, und Leutnant Schittkopp war außer sich vor Entzücken. Und in der folgenden Woche ereignete sich das historisch einmalige Faktum, daß die gleiche Abteilung wiederum den roten Wimpel errang! Nun hatte Leutnant Schittkopp genügend Selbstvertrauen gesammelt, um seine große Überraschung vorzubereiten. Bei seinen eingehenden Studien hatte Leutnant Schittkopp entdeckt, daß die Hände der Marschierenden, anstatt frei zu schwingen, wie es damals Mode war, auf keinen Fall mehr als zehn Zentimeter von der Mitte des Oberschenkels weg bewegt werden durften, was praktisch bedeutete, daß die Arme so gut wie starr gehalten werden mußten.
    Leutnant Schittkopp traf ausführliche und geheime Vorbereitungen. Alle Fähnriche seiner Abteilung mußten Schweigen geloben und in tiefster Nacht auf denn behelfsmäßigen Paradeplatz Proben abhalten. Sie marschierten in rabenschwarzer Nacht und rannten einander dabei über den Haufen, doch behielten sie die Fassung und lernten zu marschieren, ohne die Unterarme zu bewegen. Leutnant Schittkopp hatte zuerst daran gedacht, durch einen Freund, den er in der Blechschmiede hatte, die Handgelenke der Männer mit Kupferdraht und Aluminiumstiften so an den Oberschenkeln zu befestigen, daß sie nach beiden Seiten genau zehn Zentimeter Spielraum hatten, doch war dazu nicht genug Zeit — es war nie genug Zeit —, und es war auch nicht einfach, in Kriegszeiten guten Kupferdraht aufzutreiben. Es fiel ihm auch ein, daß die so gefesselten Männer nicht imstande sein würden, vorschriftsmäßig in Ohnmacht zu fallen, ehe die Parade begann, und Unfähigkeit, vorschriftsmäßig in Ohnmacht zu fallen, konnte der Gesamtbeurteilung seiner Abteilung abträglich sein.
    Und die ganze Woche lang kicherte er vor unterdrücktem Entzücken im Offizierskasino. Unter seinen engsten Freunden grassierten die wildesten Vermutungen.
    »Ich frage mich, was dieser Scheißkopf vorhat«, sagte Leutnant Engle. Leutnant Schittkopp antwortete auf alle Erkundigungen seiner Kollegen mit wissendem Lächeln. »Ihr werdet es schon am Sonntag sehen«, versprach er. »Ihr werdet es sehen.«
    Leutnant Schittkopp enthüllte seine epochemachende Überraschung am Sonntag mit dem ganzen Geschick eines erfahrenen Impresarios. Er blieb stumm, während die anderen Abteilungen wie üblich unausgerichtet an der Tribüne vorbeimarschierten. Er ließ sich nicht einmal etwas anmerken, als die ersten Reihen seiner eigenen Abteilung, ohne die Arme zu schwingen, heranmarschierten und seine verblüfften Offizierskollegen entsetzt nach Luft schnappten. Selbst da noch hielt er sich zurück, und erst als der aufgeschwemmte Colonel mit dem buschigen Schnurrbart sich rot vor Wut nach ihm umdrehte, gab er die Erklärung, die ihn unsterblich machte.
    »Bitte sehr, Colonel, keine Hände.«
    Dann verteilte er an die vor Ehrfurcht sprachlose Zuschauerschaft beglaubigte Photokopien jener längst vergessenen Vorschrift,

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