Catch 22
die Zimmer abgemietet hatte. Das ganze obere Stockwerk gehörte jedenfalls dazu, und Yossarián wußte, daß auch im vierten Stock noch Räume waren, denn in Snowdens Zimmer im vierten Stock hatte er am Tage nach Bologna die Magd in den zitronengelben Höschen mit einem Mopp in der Hand entdeckt, an eben jenem Morgen, als Hungry Joe ihn in der Offizierswohnung mit Luciana im Bett angetroffen hatte und wie ein Verrückter nach seiner Kamera gelaufen war.
Die Magd in den zitronengelben Höschen war eine lustige, fette, willfährige Person Mitte Dreißig, mit mächtigen Oberschenkeln und wabbelndem Popo in zitronengelben Höschen, die sie für jeden abstreifte, der Lust auf sie hatte. Sie besaß ein schlichtes, breites Gesicht und war das tugendhafteste Weib von der Welt: sie legte sich für jeden, gleichgültig welcher Rasse, welchen Glaubens, welcher Hautfarbe oder welchen Herkunftlandes, schenkte sich ungezwungen aus Gastfreundlichkeit und erbat nicht einmal Aufschub, um Staubtuch, Besen oder Mop beiseite zu stellen, wenn sie aufgefordert wurde. Ihr Reiz lag darin, daß sie stets vorhanden war; sie war so vorhanden wie der Mount Everest, und immer, wenn die Lust sie überkam, krochen die Männer auf sie drauf. Yossarián war in die Magd mit den zitronengelben Höschen verliebt, denn sie schien die einzige Frau zu sein, mit der er ins Bett gehen konnte, ohne sich in sie zu verlieben. Selbst an das kahlgeschorene Mädchen in Sizilien dachte er immer noch mitleidig, zärtlich und bedauernd.
Trotz der unzähligen Gefahren, denen Major — de Coverley sich aussetzte, wenn er auf die Wohnungssuche ging, hatte er, ironisch genug, nur ein einziges Mal eine Verwundung davongetragen: das war, als er den triumphalen Einmarsch in die offene Stadt Rom anführte, wo ihn eine Blume ins Auge traf, die ein heruntergekommener, gackernder, trunkener alter Mann auf kurze Entfernung nach ihm schleuderte, um dann wie Satan selber boshaft und schadenfroh auf Major — de Coverleys Jeep zu springen, grob und geringschätzig sein ehrwürdiges weißes Haupt zu packen und ihn spottlustig auf beide Wangen zu küssen, mit Lippen, die sauer nach Wein, Käse und Knoblauch stanken, ehe er mit einem hohlen, trockenen, beißenden Lachen in der überschäumenden, festlichen Menge untertauchte. Während dieses ganzen abstoßenden Vorganges zuckte Major — de Coverley, im Elend ganz der Spartaner, mit keiner Wimper. Und erst als er nach vollbrachter Pflicht von Rom nach Pianosa zurückgekehrt war, erbat er ärztliche Hilfe für seine Wunde.
Er war aber entschlossen, weiterhin beide Augen zu benutzen, und verlangte von Doc Daneeka eine durchsichtige Augenklappe, damit er fortfahren könne, mit uneingeschränkter Sehkraft Hufeisen zu werfen, italienische Arbeiter zu rauben und Wohnungen zu mieten. Für die Männer der Staffel war Major — de Coverley ein Kolossus, wenn sie auch nie den Mut aufgebracht hätten, ihm das zu sagen. Der einzige, der überhaupt je gewagt hatte, ihn anzusprechen, war Milo Minderbinder, der, erst seit vierzehn Tagen bei der Staffel, mit einem harten Ei in der Hand dorthin gegangen war, wo Major — de Coverley seine Hufeisen warf, und das Ei hochhielt, damit der Major es in Augenschein nehme. Major — de Coverley richtete sich, über Milos Unverschämtheit baß erstaunt, zu voller Höhe auf und ließ ihn die ganze Wucht des gewaltigen Antlitzes unter dem zerfurchten Überhang der von Falten durchschnittenen Stirn spüren, während die bucklige Klippe der Nase wie der Zorn Gottes darunter hervorschoß. Milo wich nicht von der Stelle. Er verbarg sich hinter dem hartgekochten Ei, das er schützend wie einen Zauber vor sein Gesicht hielt. Nach einem Weilchen legte sich der Sturm, und die Gefahr ging vorüber.
»Was ist das?« wollte Major — de Coverley schließlich wissen.
»Ein Ei«, antwortete Milo.
»Was für ein Ei?« wollte Major — de Goverley wissen.
»Ein hartgekochtes Ei«, antwortete Milo.
»Was für ein hartgekochtes Ei?« wollte Major — de Coverley wissen.
»Ein frisches, hartgekochtes Ei«, antwortete Milo.
»Woher kommt das frische Ei?« wollte Major — de Coverley wissen.
»Von einem Huhn«, antwortete Milo.
»Wo ist das Huhn?« wollte Major — de Coverley wissen.
»Das Huhn ist in Malta«, antwortete Milo.
»Wie viele Hühner gibt es in Malta?«
»Genug Hühner, um für jeden Offizier der Staffel ein frisches Ei zu fünf Cent das Stück zu legen«, erwiderte Milo.
»Ich. habe eine Schwäche
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