Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
Vom Netzwerk:
Snowden noch, und daß es Snowdens Zimmer war, sah Yossarián an dem Namen, der weiß auf den blauen Kleiderbeutel gemalt war, über den er stolperte, als er sich in einem Taumel schöpferischer Verzweiflung auf sie stürzte. Als er auf sie zustolperte, packte die Frau ihn bei den Handgelenken, ehe er fallen konnte, und zog ihn auf sich, während sie sich rückwärts aufs Bett fallen ließ und ihn gastfreundlich in eine schlaffe, tröstliche Umarmung nahm. Das Staubtuch hielt sie hoch in der Hand wie ein Banner, und ihr dummes, wesensverwandtes Gesicht blickte liebevoll und mit dem Lächeln vorurteilsfreier Freundschaft zu ihm auf. Ein Gummiband riß, als sie die zitronenfarbenen Höschen abstreifte, ohne ihn zu stören.
    Als es vorbei war, stopfte er ihr Geldscheine in die Hände. Sie umarmte ihn dankbar. Er umarmte sie. Sie umarmte ihn noch einmal und zog ihn wieder zu sich auf das Bett. Als es dieses Mal vorbei war, stopfte er ihr noch mehr Geld in die Hände, rannte aber aus dem Zimmer, ehe sie ihn noch einmal dankbar umarmen konnte. In seiner Wohnung angekommen, packte er in aller Eile seine Sachen und flog mit einer Versorgungsmaschine nach Pianosa, um sich bei Hungry Joe dafür zu entschuldigen, daß er ihn nicht ins Schlafzimmer gelassen hatte. Es war überflüssig, daß Yossarián sich entschuldigte, denn als er Hungry Joe antraf, war dieser in bester Laune. Hungry Joe grinste von einem Ohr zum anderen, und als Yossarián das sah, wurde ihm übel, denn er begriff sofort, was Hungry Joes gute Laune zu bedeuten hatte.
    »Vierzig Feindflüge«, verkündete Hungry Joe bereitwillig und sang buchstäblich vor Erleichterung und Übermut. »Der Colonel hat uns wieder heraufgesetzt.«
    Yossarián war wie vom Donner gerührt. »Aber ich habe doch schon zweiunddreißig, zum Teufel! Noch drei, und ich hätte genug gehabt.« Hungry Joe hob gleichmütig die Schulter. »Der Colonel verlangt vierzig Einsätze.«
    Yossarián schob ihn zur Seite und lief schnurstracks ins Lazarett.

Der Soldat in Weiß
    Yossarián lief schnurstracks ins Lazarett, entschlossen, lieber bis in alle Ewigkeit dort zu bleiben, als auch nur einen Feindflug mehr als die zweiunddreißig zu machen, die er bereits hinter sich hatte. Zehn Tage, nachdem er seine Meinung geändert und das Lazarett verlassen hatte, setzte der Colonel die Anzahl der geforderten Feindflüge auf fünfundvierzig herauf, und Yossarián flüchtete sich wiederum ins Lazarett, entschlossen, lieber in alle Ewigkeit im Lazarett zu bleiben, als auch nur einen Feindflug mehr als die sechs Feindflüge zu machen, die er soeben absolviert hatte.
    Yossarián konnte sich jederzeit, wenn er Lust dazu hatte, ins Lazarett flüchten. Das lag an seiner Leber und seinen Augen; die Ärzte vermochten sich über den Zustand seiner Leber nicht klar zu werden und ihm auch nicht gerade ins Auge zu sehen, wenn er ihnen von seinen Leberbeschwerden erzählte. Es machte ihm Spaß, im Lazarett zu liegen, solange auf seiner Station nicht jemand auftauchte, der wirklich krank war. Seine Gesundheit war stabil genug, um die Malaria oder Influenza anderer Patienten ohne größere Beeinträchtigung zu ertragen. Er erlitt anderer Leute Mandeloperationen ohne irgendwelche postoperativen Beschwerden und ertrug sogar fremde Bruchleiden und Hämorrhoiden mit einem Minimum von Ekel und Widerwillen. Aber weiter durfte er nicht gehen, ohne fürchten zu müssen, wirklich krank zu werden. Kam es schlimmer, so ergriff er die Flucht. Im Lazarett konnte er sich ausruhen, denn man erwartete nicht von ihm, daß er etwas tue. Im Lazarett erwartete man von ihm einzig, daß er sterbe oder sein Befinden bessere, und da er schon bei der Aufnahme völlig gesund war, fiel es ihm nicht schwer, sein Befinden zu bessern.
    Im Lazarett zu sein, war jedenfalls besser, als über Bologna oder über Avignon mit Huple und Dobbs als Piloten und dem sterbenden Snowden im Heck.
    Im allgemeinen waren im Lazarett auch nicht annähernd so viele ungesunde Menschen wie Yossarián außerhalb des Lazaretts umherlaufen sah, und es befanden sich im allgemeinen auch weniger Menschen im Lazarett, die ernstlich erkrankt waren. Das Lazarett hatte eine viel niedrigere Sterberate, vor allem aber eine gesündere Sterberate aufzuweisen als die Welt außerhalb des Lazarettes. Die Insassen des Lazarettes verstanden viel mehr vom Sterben und vollbrachten es auch adretter und ordentlicher.
    Auch im Lazarett vermochte man den Tod nicht zu beherrschen, immerhin hatte

Weitere Kostenlose Bücher