CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
gestellt hatte, brachte er gerade in Krisensituationen seine besten Leistungen. Er steckte seinen iPod ein und wählte einen Mix von klassischen Soulnummern: Sam and Dave, Jackie Wilson, Marvin Gaye. Musik, die einem das Gefühl gab, lebendig und stark und unbesiegbar zu sein.
Er schaltete die Anlage aus und nahm den Anruf an. »Hallo, Jerry.«
»Wo sind Sie?«
»War gerade in einem McDonald’s.« Robbie beglückwünschte sich zu seiner Geistesgegenwart – sie waren vor ein paar Minuten an einem vorbeigefahren. »Ich hatte Hunger.«
»Ich hoffe, es hat geschmeckt. Jetzt möchte ich, dass Sie nach Midhurst in West Sussex fahren.«
»Das kenne ich.«
»Wenn Sie von Osten kommen, sehen Sie vor der eigentlichen Stadtgrenze einen großen Parkplatz. Parken Sie ganz am Ende, und warten Sie dort bis Punkt sieben Uhr dreißig.«
»Wickeln wir dort die Übergabe ab?«
Mit schleppender, monotoner Stimme sagte Jerry: »Wenn Sie sich nicht an diese Anweisungen halten, wird Ihre Schwester sterben. Um sieben Uhr dreißig nehmen Sie die A286 in Richtung Norden über Haslemere und weiter nach Godalming. Ich rufe Sie an, wenn Sie unterwegs sind.«
Robbie näherte sich einem Kreisverkehr. Er wechselte auf die rechte Spur und ließ den Blinker eingeschaltet, in der Hoffnung, dass Dan die Richtungsänderung mitbekommen würde.
»Ich will mit Cate sprechen.«
»Das ist nicht möglich. Ihrer Schwester wird nichts geschehen, unter der Voraussetzung, dass Sie tun, was ich sage. Ich warne Sie jetzt: Sollten Sie zur Polizei gegangen sein, wird das sehr ernste Konsequenzen haben.«
Die Verbindung brach ab. Robbie fluchte ein paarmal, während er den BMW um den Kreisverkehr lenkte. Dan folgte ihm, vermutlich vollkommen verwirrt. Einen Augenblick lang spielte Robbie mit dem Gedanken, Gas zu geben und ihn ganz abzuhängen. Mit diesem Jerry war nicht zu spaßen. Konnte Robbie wirklich hoffen, ihn auszutricksen?
Dann dachte er: Aber hallo! Wenn er schlau war, wenn er vorsichtig war, dann konnte er es natürlich. Noch ein paar Stunden, dann hätte Robbie Cate wieder, und dieser Idiot hätte sein Bündel Dokumente. Aber damit wäre noch nicht alles verloren, vorausgesetzt, Robbie schaltete schnell genug.
Das fuchste ihn am allermeisten: die Verzögerungen. Bis Midhurst würde er nicht mehr als vierzig Minuten brauchen. Und dann würde er dort wie ein Idiot eine Stunde oder so herumhocken.
Er rief Dan an und rechnete halb damit, dass er den Anruf ignorieren und warten würde, bis er anhalten und gefahrlos telefonieren konnte. Aber Dan ging sofort dran.
»Midhurst«, sagte Robbie und gab die Instruktionen weiter. »Du musst eine kleine Pause einlegen, sagen wir in Petworth. Komm ungefähr fünfzehn Minuten nach mir auf den Parkplatz, um Viertel vor sieben.«
»Und dann müssen wir bis halb acht dort bleiben?«
»Genau. Obwohl … ich denke, du solltest ein paar Minuten vorher losfahren. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass er uns beobachtet, aber es kann nicht schaden, vorsichtig zu sein, hm?«
»Das klingt nach sehr gründlicher Planung, Robbie. Ich glaube, er weiß ganz genau, was er tut.«
»Ja, also stell dir nur mal vor, wir wären tatsächlich zur Polizei gegangen. Dann würde es für Cate aber ganz schlecht aussehen.«
Dan schnaubte nur. »Ich frage mich, ob er es deswegen so hinauszögert, weil er warten will, bis es dunkel ist. Dann kann er nicht so leicht gesehen werden, wenn wir die Übergabe machen.«
»Gut gedacht. Und wie es aussieht, hatte ich recht mit Surrey. Ich wette, das Endziel wird irgendwo in der Gegend sein, wo die Blakes leben.« Lebten , korrigierte er sich im Geist, denn sein Bauchgefühl sagte ihm, dass sie tot waren. »Vielleicht sollten wir einfach gleich dorthin fahren?«
»Was? Willst du unbedingt, dass deine Schwester stirbt?«
Lachend erwiderte Robbie: »Reg dich ab, Alter. Natürlich werde ich sie nicht in Gefahr bringen.«
»Du Idiot. Das hast du schon getan.«
Robbies Lachen widerte Dan an. Ein Mann, der nicht einmal bereit war, eine Situation wie diese ernst zu nehmen, war jemand, auf dessen Urteil man nicht vertrauen konnte.
»Warum klingst du so vergnügt?«, fragte er.
»Weil ich nun mal ein unverbesserlicher Optimist bin. Weil kein Unglück so groß ist, dass man ihm nicht noch was Gutes abgewinnen könnte.«
Dan hatte genug gehört. »Midhurst, um Viertel vor sieben.«
Das ungute Gefühl in seiner Magengrube wollte sich nicht legen, auch wenn er zu akzeptieren
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