CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
ihm gehörte.
Er fuhr wie ein Wahnsinniger, verstieß gegen sämtliche Verkehrsregeln, und er wusste eines ganz genau: Wenn er in diesem Moment irgendjemandem glich, dann dem Mann, dessen rücksichtslose Fahrweise ihm und Louis Mutter und Vater geraubt hatte.
Stemper registrierte, wie der junge Mann plötzlich aufs Gas drückte, und beobachtete seine waghalsigen Überholmanöver mit gesteigertem Interesse. Er glaubte nicht, dass es nur der Wunsch war, von dem Ort zu fliehen, wo sein Freund ermordet worden war. Wahrscheinlicher war es, dass der junge Mann sich als strahlenden Helden sah, der zu Cates Rettung herbeieilte.
Das erklärte auch, was sein Ziel sein musste. Nicht etwa Brighton, sondern das plausibelste Versteck in erreichbarer Nähe.
Jerry war ihm auf den Fersen. Das war Dans Vermutung; allerdings hoffte er, dass er durch seine Fahrweise auf den letzten paar Meilen den Abstand deutlich vergrößert hatte. Er musste dringend Zeit gewinnen.
Er war zu dem Schluss gekommen, dass es bei dem Treffen in Midhurst nicht nur um die Übergabe der Papiere gegangen sein konnte. Es war auch eine Gelegenheit gewesen, Robbies Partner dazu zu bringen, sich zu zeigen – und Dan war prompt in die Falle getappt.
Der Straßenzustand zwang ihn, in gemächlicherem Tempo durch die Ortschaften Pulborough und Storrington zu fahren, doch es gelang ihm, den einen oder anderen Zwischenspurt einzulegen. Gegen halb acht erreichte er die Ortsumgehung von Steyning, und wenige Minuten später raste er in nördlicher Richtung auf derselben Straße dahin, auf der vor sechs Tagen ein Moment der Dummheit eine so tragische Folge von Ereignissen ausgelöst hatte.
Dan bremste ab, um in die Zufahrtsstraße zu O’Briens Bauernhaus einzubiegen. Er blickte immer wieder in den Rückspiegel, doch es waren keine anderen Autos zu sehen.
Im Schritttempo fuhr er die Zufahrt entlang, bis er das Doppeltor des Bauernhofs sah. Es stand offen, was zweierlei bedeuten konnte: Entweder hatte Robbie es offen gelassen, nachdem der Fiesta abgeholt worden war, oder es war eine weitere Falle.
Dan musste das Risiko eingehen. Er gab Gas und fuhr über den Hof auf die Grasfläche. Der Himmel über ihm war noch von einem Rest Tageslicht erhellt, einem schwachen bläulichen Schimmer, doch die Bäume und Büsche ringsum lagen schon in tiefem Schatten.
Nachdem er hinter der Scheune geparkt hatte, stellte er den Motor ab und stieg aus, bewaffnet mit dem Kreuzschlüssel. Er lief zurück, wie er gekommen war, und lauschte auf das Geräusch eines herannahenden Autos, doch alles, was er hörte, war sporadisches Vogelgezwitscher und das ferne Rauschen des Verkehrs.
Das Bauernhaus schien der ideale Ort, wo Jerry Cate verstecken konnte, solange er Dan noch nicht in seiner Gewalt hatte. Dan war sich sicher, dass Jerry sie bis zuletzt am Leben lassen würde: Er brauchte sie nicht nur als Versicherung, sondern auch als Informationsquelle.
Jetzt, nachdem Dan ihn abgehängt hatte, was blieb Jerry da anderes übrig, als hierherzukommen und seine Geisel zu zwingen, Dans Identität preiszugeben?
Die Einfahrt wurde von einer Hecke gesäumt. Dan gelang es, sich in einer Lücke in der Nähe des Tors zu verbergen. Er kauerte sich nieder und vertraute darauf, dass er in der zunehmenden Dunkelheit nur schwer zu entdecken wäre. Fünfzehn Minuten würde er hier warten, beschloss er. Wenn bis dahin niemand auftauchte, würde er das Anwesen durchsuchen, und wenn er sie nicht fände, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als die Polizei anzurufen und ihnen alles zu sagen.
Es waren noch keine drei Minuten vergangen, als er den Motor hörte, und im nächsten Augenblick strichen die Scheinwerfer eines Autos über die Hecke.
101
Stemper hielt in der Einfahrt und spähte in die Dunkelheit. Der Corsa war nirgends zu sehen. Er hatte ihn vor fünfzehn Minuten aus den Augen verloren, aber damit gerechnet, dass er hierher unterwegs sei. Hatte er sich geirrt?
Er nahm die Pistole, zog das Magazin ab und sah nach, wie viele Kugeln noch drin waren: sechs. Mehr als genug.
Während er ausstieg, blickte er sich vorsichtig um. Nichts rührte sich, im Haus brannte nirgends Licht. Er öffnete die Fondtür, band die Füße der Frau los und ging dann auf die andere Seite, um ihr die Kapuze abzunehmen und das Klebeband von ihrem Mund abzuziehen. Caitlin spuckte und hustete und blinzelte vor Überraschung darüber, dass er ihr wieder sein Gesicht zeigte.
»Ich hatte erwartet, Ihren Freund hier zu
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