CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
der BMW durch die Landschaft raste und die Scheinwerfer kleine Kreaturen erfassten, die hastig vor der nahenden Gefahr davonhuschten.
»Ich nehme an, es könnte auch ein Reporter gewesen sein«, meinte Dan.
»So ein Paparazzo? Meinst du nicht, dass die Besseres zu tun haben, als stundenlang auf einer Kuhwiese rumzuhocken in der vagen Hoffnung, dass …«
Dass die Mörder wiederkommen . Aber Dan konnte es auch nicht laut aussprechen.
»Eher irgendein perverser Spinner«, sagte Robbie. »Jed hat mal einen gekannt, der hat Sachen von Gedenktafeln am Straßenrand geklaut. Hat die ganzen kleinen Karten und Briefchen mitgehen lassen und sie an eine Pinnwand in seiner Küche gehängt.«
»Hm.« Dan hielt das nicht für eine plausible Erklärung.
Plötzlich stieß Robbie einen Fluch aus und klatschte sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Der Mistkerl kassiert bestimmt mein Geld ein!«
»Er wird es niemals finden.«
»Und wenn er eine Taschenlampe hat? Oder wartet, bis die Sonne aufgeht?«
Dan seufzte. Wenn das Geld verschwand, hatten sie die Fahrt heute Abend umsonst gemacht. Schlimmer noch, denn nun liefen sie Gefahr, identifiziert zu werden.
»Das konnten wir unmöglich vorhersehen«, sagte er. »Wenn er das Geld nimmt, ist es immerhin weniger wahrscheinlich, dass er uns anzeigt.«
»Immer schön positiv denken, wie?«
»Ja, warum nicht? Was geschehen ist, können wir sowieso nicht mehr ändern.«
»Wir könnten umkehren …«
»Wir fahren nicht noch mal zurück«, sagte Dan heftig. »Das wäre verrückt.«
Nur eine verrückte Aktion mehr, dachte er, unter den vielen, die sie sich schon geleistet hatten.
Aber fürs Erste ging das Leben weiter. Dan hievte sich aus dem Bett und erinnerte sich daran, dass er entweder zu Fuß gehen oder mit dem Bus zur Arbeit fahren müsste.
Er kam gerade aus der Dusche, als er das leise Läuten der Türglocke vernahm. Selbst in dem beschlagenen Badezimmerspiegel konnte er erkennen, wie mitgenommen er aussah. Die Tür war nicht abgeschlossen, und er überlegte tatsächlich einen Moment lang hinzuspringen und den Riegel vorzuschieben – als ob das auch nur den geringsten Unterschied machen würde.
»Und nun zu weiteren Meldungen: Ein Mann, der nach einem tödlichen Unfall wegen Fahrerflucht gesucht wird, entzog sich heute Morgen der Verhaftung, indem er sich in seinem Bad einschloss und sich weigerte herauszukommen …«
Er schnappte sich ein Handtuch und trocknete sich hektisch ab, um nur ja nicht nackt dazustehen, wenn sie ihn holen kamen. Offenbar hatte man auf dem Foto die Nummer erkennen können. Dadurch war die Polizei auf Compton gekommen, sie hatten Robbie identifiziert, und der hatte ihn binnen Sekunden verraten …
Es klopfte an der Tür. Eine sarkastische weibliche Stimme sagte: »Taxi für Mr Wade.«
Dan musste erst einmal durchatmen, ehe er antworten konnte. »Hayley?«
»Äh, korrekt. Wen hattest du denn erwartet?«
Er überspielte seine Verlegenheit mit Lachen. »Sekunde, bin gleich fertig.«
»Ich warte unten.« Offenbar auf eine Frage von Joan hin fügte sie hinzu: »Ja, gerne. Danke.«
Dans Erleichterung war von kurzer Dauer. Dieser neuerliche Moment der Panik machte nur allzu deutlich, dass er sich immer schlimmer in einem Geflecht von Lügen verhedderte.
Er zog sich an und ging hinunter in die Küche, wo Hayley an einer Tasse Tee nippte und mit Joan plauderte, die mit dem obligatorischen Geschirrtuch in der Hand am Türrahmen lehnte. Im Fernsehen ereiferte sich gerade ein Politiker, den die Kamera in unvorteilhafter Nahaufnahme zeigte – an seinem Hals war ein schlecht kaschierter Schnitt vom Rasieren zu erkennen.
Dan küsste seine Tante auf die Wange. »Ich lass das Frühstück heute weg, danke.«
»Aber der Speck ist schon in der Pfanne …« Sie wies zum Herd. »Ihr habt doch noch reichlich Zeit oder nicht?«
Hayley nickte an seiner Stelle. Sie saß mit geradem Rücken da, den Bauch eingezogen, die Knie geschlossen, die Hände um ihre Teetasse gelegt, als ob ihr kalt wäre.
»Also gut«, sagte er. »Kann ich einfach nur ein Sandwich haben?«
»Ein Specksandwich, der Herr – kommt sofort. Und was ist mit dir, Hayley?«
»Nein danke. Zu viel Kalorien.«
»Ts-ts, hör sie dir an. Du hast doch eine Traumfigur.«
Als Joan sich abwandte, verhärtete sich Hayleys Miene, und Dan fiel auf, dass sie sich nicht geküsst, ja nicht einmal begrüßt hatten.
»Wo warst du gestern Abend?«, fragte sie.
»Bei Robbie. Hab ich dir doch schon
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