CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
doch bei sich dachte er: Ach du Scheiße …
Patricia sah ihn streng an. »Es ist wohl müßig, Sie zu fragen, ob Sie sich das irgendwie erklären können?«
»Nee. Da tappe ich genauso im Dunkeln wie Sie.«
»Aber Sie wurden dafür bezahlt – üppig bezahlt –, ihn im Auge zu behalten. Neben Ihrer Rolle als Mittler sollten Sie sich auch mit ihm anfreunden und sein Vertrauen gewinnen.«
»Und das habe ich getan. Aber ich bin auch Ihrem Rat gefolgt, nicht seinen Verdacht zu erregen. ›Rücken Sie ihm nicht zu sehr auf die Pelle. Machen Sie ihn nicht nervös.‹ Erinnern Sie sich?«
Gordon nickte verschämt. »Das stimmt.«
»Und wo wir gerade beim Thema Geld sind; also, ›üppig‹ würde ich das nicht gerade nennen, bei der ganzen Scheiße, mit der ich mich rumschlagen muss.«
Patricia gab nur einen prustenden Laut von sich, als ob bloße Worte ihrer Entrüstung gar nicht gerecht werden könnten. Gordon trat zwischen die beiden und versuchte Frieden zu stiften.
»Wir wollen uns doch nicht streiten. Konzentrieren wir uns lieber auf das Problem.«
»Ich wünschte, das könnten wir.« Patricia riss Gordon die Brille aus der Hand. »Aber mit jeder neuen Entwicklung scheint es, als ob wir immer noch weniger verstehen und nicht mehr.«
»Schatz, seien wir doch fair. Diese Folge von Ereignissen ist dermaßen bizarr …«
Jerry war versucht, sich davonzuschleichen. Als er einen Schritt zurücktrat, durchbohrte sie ihn mit ihrem vernichtenden Blick und fuchtelte mit dem Brillenbügel in seine Richtung.
»Drei Tage, und alles, was wir haben, sind noch mehr Fragen. Mehr Ungewissheit. Wir brauchen Antworten. «
»Ich kann doch keine Lösung aus dem Ärmel zaubern.«
»Dann muss ich mich ernsthaft fragen, wozu wir Sie überhaupt brauchen.«
»Na schön. Dann gehe ich eben«, erwiderte Jerry. Er hasste den eingeschnappten Ton, der sich bei solchen Auseinandersetzungen immer in seine Stimme schlich. »Aber Sie müssen mich schon angemessen dafür entschädigen, dass ich den Mund halte.«
Fassungsloses Schweigen. Von draußen kam ein Motorengeräusch.
»Drohen Sie uns etwa, Jerry?«, fragte Patricia leise.
Er zuckte mit den Achseln. Er war einen Wortwechsel wie diesen schon fast den ganzen Nachmittag immer wieder im Geist durchgegangen, aber jetzt wollten ihm all die cleveren Erwiderungen nicht mehr einfallen.
Gordon, stets der aalglatte Diplomat, sagte: »Stemper ist hier. Dürfte ich vorschlagen, dass wir das Problem bis auf Weiteres ruhen lassen?«
48
Niemand musste es aussprechen: Cate wusste, was für ein jämmerliches Bild von ihrem Leben es abgab, wenn sie an einem Freitagabend um sieben einen Einkaufswagen durch den Supermarkt schob. Und nicht einmal einen der großen, nein – sodass auch wirklich der Letzte sehen konnte, dass sie nur für eine Person einkaufte.
Da könnte ich mir auch gleich groß »frustrierte Singlefrau« auf die Stirn schreiben …
Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt an einem Freitag etwas annähernd Aufregendes unternommen hatte, ganz zu schweigen von einem heißen Date. Und nach ihrem Einkauf würde sie nach Hause fahren, die Lebensmittel wegräumen, ein fettarmes Currygericht essen und wahrscheinlich eine Flasche Pinot Grigio weitgehend leeren, während sie sich einredete, dass sie sich wirklich nichts Schöneres vorstellen könne, als hier auf ihrem Sofa zu sitzen und eine DVD anzuschauen.
Das hätte sie jedenfalls besser getan, wie sich später herausstellte.
Es war eine Schnapsidee, aber zu der Zeit kam es ihr eigentlich ganz harmlos vor. Als sie den Supermarkt verließ, steuerte sie den Audi ganz einfach auf die rechte statt auf die linke Fahrspur.
Das Haus stand in Mile Oak und gehörte zu einer der vielen neuen Wohnsiedlungen, die in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen waren. Der Straßenverlauf war verwirrend. Ein paarmal zeigte ihr der Hintermann die Lichthupe, wenn sie abbremsen musste, um die Straßenschilder zu lesen.
»Was tu ich hier eigentlich?«, sagte Cate laut. Doch die Antwort war nur allzu klar. Sie kratzte an einer alten Wunde. Der Schmerz, den ihr Martin am Dienstag zugefügt hatte, war wohl noch nicht heftig genug, hatte sie noch nicht so tief getroffen, dass ihr Immunsystem angesprungen wäre und der Heilungsprozess eingesetzt hätte. Tief drinnen war ihr klar, dass es ihr noch schlechter gehen musste, ehe es ihr wieder besser gehen konnte.
Endlich hatte sie die Adresse gefunden, in einer Sackgasse, in der es kaum Platz zum
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