Catching Love
Bekanntschaft schließen durfte. Die Augenbrauen skeptisch hochgezogen, sah er aus gebückter Stellung hoch und entlockte Lesley damit ein leises Lachen.
„Ich dachte schon …“ Schelmisch zwinkerte er ihr zu, griff erneut in die Seitentasche und holte einen zerknitterten Brief heraus. Als er ihn an Lesley weiterreichen wollte, schüttelte sie den Kopf.
„Lies du ihn. Ich habe ihn schon viel zu oft gelesen.“
Jeff setzte sich wieder auf die Couch und zog Lesley auf seinen Schoss, während er den Brief auseinanderfaltete und zu lesen begann:
Meine liebe Lesley!
Möglicherweise bin ich die Letzte, von der du hören möchtest – vielleicht aber auch nicht. Ich hoffe, dass du diesen Brief zu Ende liest. Obwohl ich wahrscheinlich nicht darauf hoffen darf, dass du mir verzeihst, sollst du wissen, warum ich euch damals verlassen habe und niemals zurückkam.
Es ist jetzt etwas mehr als zwanzig Jahre her, seit ich dich und deinen Vater verlassen habe. Du bist jetzt 25, nicht wahr? Du warst damals noch sehr klein, als ich ging - gerade einmal vier Jahre alt.
Jeff schluckte sichtlich bei dieser Aussage. Lesley wurde mit vier Jahren von ihrer Mutter im Stich gelassen? Sie musste sich unendlich verloren gefühlt haben. Angespannt las er weiter.
Ich war damals mit gerade einmal 23 Jahren nicht reif dafür, Hausfrau und Mutter zu sein. Viel zu jung wurde ich mit 18 schwanger und war von Anfang an überfordert. Das ist aber keine Entschuldigung für das, was ich dir und deinem Vater angetan habe. Ich war selbstsüchtig und habe nur an mich gedacht. Als ich ging, habe ich nicht einen Gedanken an euch verschwendet. Dieses Verhalten bereue ich zutiefst. Für den Rest meines Lebens werde ich mir deswegen Vorwürfe machen. Und nicht nur deswegen.
Dass dein Vater Selbstmord beging, wahrscheinlich trage ich zu einem gewissen Teil auch daran die Schuld. Zwar werde ich es niemals herausfinden, aber möglicherweise kam er nicht über unsere Trennung hinweg.
Und wieder machte ich einen Fehler. Statt zurück zu kommen und mich um dich zu kümmern, übertrug ich die Verantwortung für dich auf deinen Onkel Edward. Ich hatte einfach Angst, Lesley. Inzwischen waren schließlich zwei Jahre vergangen und ich befürchtete, dass du mich nicht mehr als deine Mutter wolltest.
Lesley schmiegte sich in Jeffs Arme und hielt die Augen geschlossen, während er den Brief las. Es war offensichtlich, dass sie gerade nicht in der Lage war, die Zeilen noch einmal zu lesen.
Mit ungefähr acht Jahren hattest du dann einen Unfall. Du bist beim Spielen unachtsam auf eine Straße und vor ein Auto gelaufen. Edward musste mich natürlich darüber informieren. Das wäre eine weitere Chance für mich gewesen, zu dir zurück zu kehren. Aber auch die ließ ich ungenutzt, dumm wie ich war.
Ich mache Edward für seine darauf folgende Reaktion übrigens keinen Vorwurf. Er hat vollkommen richtig gehandelt, als er seinen Anwalt mit den Adoptionspapieren zu mir schickte. Den Papieren nach galt ich ja noch immer als deine Mutter. Diese Bezeichnung stand mir zu dem Zeitpunkt schon lange nicht mehr zu. In dem Moment, als ich meine Unterschrift unter die Papiere setzte, verwirkte ich jegliches Recht auf dich. Ich habe dich einfach so aufgegeben, abgegeben an Edward und Edith. Einzig das Wissen, dass du es bei ihnen besser haben würdest, machte den Gedanken für mich erträglich, dich an sie verloren zu haben. Sie lieben dich und haben sich immer so um dich gekümmert, wie ich es hätte tun müssen.
Jetzt, Jahre später, bin ich nicht mehr das feige Häufchen Elend von damals – viel zu spät. Ich hoffe, du kannst mir meine Schwäche irgendwann verzeihen. Mach niemals die gleichen Fehler, wie ich sie gemacht habe, mein Kind. Koste das Leben aus und genieß deine Freiheit, bevor du in ein verantwortungsbewusstes Leben wechselst und Verpflichtungen eingehst. Sonst läufst du vielleicht wie ich Gefahr, Menschen im Stich zu lassen und zu verletzen, die dir am Herzen liegen.
In Liebe
Meredith Townsend
Jeff legte den Brief auf den Couchtisch, schlang seine Arme um Lesley und lehnte sich zurück. Das erklärte natürlich so einiges, aber noch nicht alles.
„Bist du weggelaufen, weil du dachtest, du würdest sonst wie deine Mutter werden?“, fragte er leise.
„Ja.“ Lesley vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeuge und atmete tief seinen maskulinen, beruhigenden Duft ein. „Als ich den Brief bekam, befielen mich mit einem Mal Zweifel, ob ich das Richtige mache.
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