Cathérine und die Zeit der Liebe
akkreditiert sind, wann immer möglich, verstehen können. Die Dolmetscher sind zu oft unzuverlässig … oder bestochen! Ein Gefangener, ein frommer Mann aus deinem Land, hat mich diese Sprache gelehrt, als ich noch ein Kind war … und du bist nicht die erste Frau von jenseits der großen Berge, die dieses Palais betritt.«
Sich Maries erinnernd, dachte Cathérine, daß diese Erklärung mehr als wertvoll sei, und sagte nichts darauf, im übrigen waren die langen, schlanken Finger Mohammeds damit beschäftigt, den Schleier abzunehmen, der ihren Kopf und den unteren Teil ihres Gesichts bedeckte. Er tat es langsam, sacht, mit der Zartheit des Kunstliebhabers, der ein lang ersehntes, kostbares Werk enthüllt. Das süße, rotgold umrahmte Gesicht erschien unter dem mit feinen Perlen bestickten runden Käppchen, dann der lange, schlanke, graziöse Hals. Wieder fiel ein Schleier, dann ein weiterer und noch einer. Als kunstreiche und erfahrene Frau, für die das Verlangen des Mannes kaum Geheimnisse barg, hatte Morayma sie vervielfacht, das Vergnügen sehr wohl ahnend, das ihr Herr empfinden würde, wenn er sie Stück um Stück löste. Unter ihren zahlreichen leichten Hüllen trug Cathérine nichts als eine weite, gefältelte Hose aus demselben Schleiermaterial, an den Knöcheln zusammengenommen und über den Hüften mit Perlenflechten gehalten. Aber die junge Frau rührte sich nicht. Sie ließ die geschmeidigen Finger gewähren, die immer zärtlicher wurden, je mehr verhüllende Schleier fielen. Sie wollte diesem Mann gefallen, der übrigens verführerisch war und schon von ihrem Charme überwältigt schien. Er behandelte sie zart und verlangte schließlich nichts von ihr als eine Stunde der Wonne … der Wonne, die Gilles de Rais sich mit Gewalt und der Zigeuner Fero mittels eines Liebestrankes verschafft hatten, die sie Pierre de Brézé beinah geschenkt und Gauthier so spontan geboten hatte. So viele Männer waren schon durch ihr Leben gegangen! Und der hier war gewiß nicht der schlechteste.
Bald bedeckten die Musselinschleier die Fliesen aus Lapislazuli wie riesige, zu Boden gefallene Rosenblätter. Die Hände des Kalifen liebkosten jetzt die nackte Haut, verhielten lange auf ihr, streichelten sie, aber weiter ging er nicht. Er musterte sie … trat sogar einige Schritte zurück, um sie im sanften Schein der an den Arkaden aufgehängten goldenen Lampen besser betrachten zu können. So verharrten sie lange Minuten, sie stehend und ohne Scham die Schönheit ihres Körpers darbietend, er einige Schritte entfernt halb kniend. Im schwarzen Grund der hohen Zypressen des Gartens schmetterte eine Nachtigall eine Kaskade heller Töne, und Cathérine mußte an die denken, die gesungen hatte, als sie durch die hohe rote Pforte der Alhambra geritten war. Vielleicht war es dieselbe kleine Sängerin …
Doch schon, im Kontrapunkt, hob sich die Stimme Mohammeds leise in die Nacht:
»Ich pflückte im Garten die Rose der Morgenröte.
Die Stimme der Nachtigall hat mich ergriffen.
Sie leidet wie ich an der Liebe für eine Rose
und erfüllt den Morgen mit ihrem Schluchzen.
Ich eilte ohn' Ende durch die klagenden Alleen,
Gefangener dieser Rose und dieser Nachtigall …«
Der Vers war schön, und die warme Stimme des Kalifen verlieh ihm einen noch größeren Zauber, aber das Gedicht ging nicht weiter. Während er es sprach, hatte Mohammed sich Cathérine genähert und hauchte das letzte Wort auf ihre Lippen. Dann hob er die junge Frau hoch und trug sie in den Garten. »Eine Rose gehört in die Mitte ihrer Schwestern«, murmelte er gegen die Lippen seiner Gefangenen. »Im Garten will ich dich pflücken.«
Auf dem Marmorrand des Wasserbeckens, in dem sich die Sterne spiegelten, waren Samtmatratzen und Kissen unter einem Laubenbogen von Jasmin ausgebreitet. Mohammed legte Cathérine dort nieder, riß ungeduldig die Gandoura herunter und warf sie achtlos beiseite. Der schwere, sternförmig mit Smaragden geschmückte Gürtel fiel ins Wasser, verschwand, ohne daß er auch nur die leisesten Anstalten machte, ihn zurückzuholen. Schon ließ er sich auf die Kissen sinken und nahm die junge fröstelnde Frau in seine Arme. Sie war unfähig, sich gegen den fremden Zauber dieses Mannes, gegen die magische, duftgeladene Nacht zu wehren, die das Murmeln des Springbrunnens und der Gesang der Nachtigall mit zärtlichster Musik erfüllten. Mohammed wußte zu lieben, und Cathérine gab sich gehorsam dem köstlichen Spiel hin, unter dem Ansturm
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