Cathérine und die Zeit der Liebe
der Lust ein Schuldgefühl verdrängend, mit vagen Rachevorstellungen vermischt, was nicht ganz ohne Reiz war.
Und das große Becken, über das sich der schlanke silberne Halbmond hob, spiegelte zärtlich das Bild der beiden vereinten Körper wider.
»Reiche dem Wind ein Bukett, gepflückt auf deinem blühenden Antlitz … Und ich werde den Duft der Pfade atmen, die du betrittst …«, deklamierte der Kalif in Catherines Ohr. »Du scheinst aus allen Blumen dieses Gartens geschaffen, Licht des Morgens, und dein Blick hat die Reinheit dieses klaren Wassers. Wer hat dich die Liebe gelehrt, duftendste der Rosen?«
Cathérine segnete den Schatten der Jasminbüsche, der sie einhüllte und ihre plötzlich aufsteigende Röte verbarg. Es stimmte, sie liebte die Liebe, und wenn sie ihr Herz auch nur einem einzigen Mann auf ewig hatte schenken können, so wußte ihr Körper die verfeinerten Liebkosungen eines Meisters der Wollust doch zu schätzen. Ihre Antwort war nicht ohne Heuchelei.
»Welche Schülerin würde sich bei einem solchen Lehrer nicht als gut erweisen? Ich bin Eure Sklavin, o Herr, und habe nur gehorcht.«
»Wirklich? Ich erhoffte Besseres … aber ich kann für eine Frau wie dich jede Geduld aufbringen. Ich werde dich lehren, mich zu lieben, mit deinem Herzen wie mit deinem Fleisch. Hier wirst du nichts anderes mehr zu tun haben, als mir jede Nacht ein größeres Glück als in der vorhergegangenen zu schenken.«
»Jede Nacht? Und deine anderen Frauen, Herr?«
»Wer könnte sich, wenn er das göttliche Haschisch gekostet hat, mit einem faden Ragout zufriedengeben?«
Cathérine konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, aber es schwand schnell. Sie erinnerte sich der wilden grünen, gefährlichen Augen der Ägypterin Zorah. Augen, die sie an die der schrecklichen, unheilvollen Marie de Comborn gemahnten, die sie hatte töten wollen und die Arnaud wie ein bösartiges Tier, das sie war, erdolcht hatte. Es war die Position der Maîtresse en titre, die Mohammed ihr anbot, und Cathérine nahm an, daß die Drohungen Moraymas die Ägypterin nicht von ihrer Mordlust abhalten würden, wenn der Kalif zugunsten Catherines alle anderen Frauen im allgemeinen und Zorah im besonderen vernachlässigte.
»Du erweist mir eine große Ehre, Herr …«, begann sie, doch unter dem Säulengang war ein Trupp Fackelträger erschienen, deren Licht die Nacht durchdrang. Mohammed hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und sah sie mit gerunzelter Stirn mißvergnügt näher kommen.
»Wer wagt es, mich zu dieser Nachtstunde zu stören?«
Die Fackelträger geleiteten einen jungen, großen und hageren Mann mit einem kurzen schwarzen Bart und einem Turban aus Purpurbrokat. Seinem arroganten Gesichtsausdruck und seiner prächtigen Kleidung war zu entnehmen, daß es sich um eine Persönlichkeit von hohem Rang handelte, und Cathérine erkannte plötzlich in ihm einen der Jäger, die am Morgen Arnaud begleitet hatten. »Wer ist es?« fragte sie instinktiv.
»Haben-Ahmed Banu Saradj … unser Großwesir«, erwiderte Mohammed. »Es muß etwas Ernstliches vorgefallen sein, daß er es wagt hierherzukommen.«
Mit einem Schlag verwandelte sich der Mann, der sich Cathérine gegenüber so menschlich gezeigt hatte, in den allmächtigen Kalifen, Herrn der Gläubigen, vor dem jeder, ohne Ansehen der Person, sich beugen mußte. Während die junge Frau sich unter die Kissen flüchtete und ihren weißen Körper, den die Augen dieser Männer nicht sehen durften, im tiefschwarzen Schatten verbarg, kleidete sich Mohammed wieder in seine Gandoura und trat aus der Laube. Bei seinem Anblick knieten die Fackelträger nieder, während die stolze Gestalt des Großwesirs in ihrem Brokat sich in den Sand des Baumganges warf. Das Fackellicht ließ ihn wie einen riesigen Rubin funkeln, doch der Widerschein in seinen Augen gefiel Cathérine gar nicht. Der Mann war falsch, grausam, gefährlich.
»Was willst du, Haben-Ahmed? Was suchst du hier zu dieser Nachtstunde?«
»Nur eine Gefahr konnte mich zu dir führen, Herr der Gläubigen, und mich veranlassen, deine so seltenen Ruhestunden zu stören. Dein Vater, der tapfere Yusuf, hat den Djebel-al-Tarik {§} an der Spitze seiner Berberreiter verlassen und ist auf dem Weg nach Granada. Es schien mir nötig, dir dies unverzüglich mitzuteilen …«
»Gut gemacht! Weiß man, warum mein Vater seinen Ruhesitz verlassen hat?«
»Nein, Allmächtiger Herr, man weiß es nicht. Doch wenn du geruhst, deinem Diener einen
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