Cathérine und die Zeit der Liebe
ist auf dem Weg hierher. In einer Stunde wird er wieder in der Alhambra sein. Du vergißt zu schnell, Frau, daß du ihm gehörst. Und was diesen Mann betrifft …« Er machte eine befehlende Geste. Einige Wachen, die ihn begleiteten, traten vor. Trotz ihrer Schreie und ihrer verzweifelten Gegenwehr wurde sie von Arnaud weggerissen, dessen Hände man auf dem Rücken zusammenband, während die junge Frau den Haremsdienerinnen übergeben wurde.
»Führt sie zurück«, befahl der Wesir in gelangweiltem Ton, »und bewacht sie scharf. Besonders aber sorgt dafür, daß sie schweigt!«
»Ich werde schweigen«, schrie Cathérine außer sich, als sie sah, wie ihr Gatte in Fesseln und von Wachen umgeben abgeführt wurde, »wenn du mich bei ihm läßt, wenn du mich auch fesseln läßt.«
»Sei tapfer, Cathérine!« bat Montsalvy. »Ich brauche deine Tapferkeit.«
»Knebelt sie«, befahl Banu Saradj. »Ihre Schreie sind unerträglich!«
Die Frauen stürzten sich wie ein Wespenschwarm auf sie und knebelten sie. Eine Schärpe wurde ihr um den Mund gebunden, mit einer anderen wurden ihre Hände gefesselt, mit einer dritten die Füße, und dann wurde die junge Frau wie ein Paket auf die Schultern der Dienerinnen gehoben und in die Gemächer der Sultanin getragen, die sie zu Beginn dieser nun zu Ende gegangenen Nacht mit einer so großen Hoffnung im Herzen verlassen hatte. Sie war derart wütend, daß sie nicht einmal mehr Lust hatte zu weinen! Konnte Gott eine solche Ungerechtigkeit zulassen? Sollte Arnaud sterben, weil er diese wahnsinnige Mörderin erdolcht hatte, die sie den schlimmsten Qualen hatte ausliefern wollen? Nein … das war nicht möglich, das konnte nicht möglich sein!
Unter schmerzhafter Anstrengung gelang es ihr, den Kopf zu wenden, um noch einmal ihren Gatten zu sehen. Zwischen den blitzenden Krummschwertern schritt er aufrecht und mutig trotz seiner Fesseln, eine hohe, edle Gestalt im morgendlichen Licht, dem Kerker zu. Heiße, verzweifelte Tränen glitzerten in den Augen Catherines.
»ich werde dich retten …«, versprach sie sich ganz leise. »Und wenn ich mich dem Kalifen zu Füßen werfen und den Staub unter seinen Füßen küssen muß, werde ich deine Begnadigung von ihm erwirken …«
Sie war wieder einmal zu jeder Verrücktheit bereit. Indessen wußte sie, daß es für Arnauds Lebensrettung einen Preis gab, den er von nun an auf keinen Fall gutheißen würde … Er hatte ihr verziehen. Sie gehörte ihm.
Während man sie forttrug, hörte sie in der blauen Morgenluft den schrillen, rhythmischen Ton der Querpfeifen und Trommeln zwischen den Jubelrufen der Menge. Mohammed war in Granada eingezogen.
Als man Cathérine gegen Abend holte, um sie zum Kalifen zu führen, regte sich wieder Hoffnung in ihr. Doch war der Tag durchaus nicht ermutigend gewesen.
Die Wachen an den Ausgängen ihrer Gemächer waren verstärkt worden, dafür hatte sich die übliche Schar von Dienerinnen und Sklavinnen auf einen einzigen stummen Eunuchen verringert, der ihr gegen Mittag ihre Mahlzeit auf einem Tablett gebracht hatte. Keine Frau war zu ihr gelassen worden. Nicht einmal Morayma! Und Cathérine machte sich wegen dieser Isolierung Sorgen, nicht so sehr ihretwegen als um Arnauds willen. Die Härte kündigte nichts Gutes für ihren Gatten an. Sie würde vielleicht mehr Mühe haben, seine Begnadigung zu erreichen, als sie zuerst geglaubt hatte …
Es hatte den üblichen Lärm gegeben, als die Rückkehr des Kalifen verkündet wurde, dann war das ganze Palais wieder in seine Stille zurückgefallen. Von Zeit zu Zeit drang das Jammergeschrei der Klageweiber an Zobeidas Bahre an Catherines Ohr, schrill und aufreizend, weil es gekünstelt war. Wer konnte auch diese grausame, mordgierige Frau ehrlich beweinen? Und was würde Arnaud dafür geschehen, daß er die Welt von ihr befreit hatte?
Cathérine ärgerte sich, daß Morayma nicht erschien. Was konnte diese alte Närrin denn fürchten? Dabei brauchte sie sie dringend. Es mußte um jeden Preis ein Weg gefunden werden, Abu al-Khayr von der tödlichen Gefahr zu verständigen, in der Arnaud schwebte. Würde der Kalif in seinem Zorn nicht sofort seinen Tod befehlen? Lebte Arnaud in diesem Augenblick, in dem Cathérine sich um ihn Sorgen machte, vielleicht schon nicht mehr? … Doch die junge Frau wies diesen Gedanken leidenschaftlich von sich. Nein, er konnte nicht tot sein. Sie hätte es bestimmt gefühlt.
Durch ihren Kummer war Cathérine in einen Zustand fieberhafter
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