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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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Spannung geraten, als Morayma endlich auf der Schwelle ihres Gemachs erschien.
    »Komm!« sagte sie nur. »Der Herr will dich sehen!«
    »Endlich! Da bist du!« rief die junge Frau. Sie erhob sich schnell, um ihrer Wärterin zu folgen. »Ich habe dich den ganzen Tag erwartet und …«
    »Schweig!« herrschte die alte Jüdin sie an. »Ich habe nicht das Recht, mit dir zu sprechen. Und hüte dich ja, einen Fluchtversuch zu machen. Du hättest nicht die geringste Chance.«
    Tatsächlich warteten auf der Schwelle zehn Eunuchen, Krummschwerter in den Fäusten, um Cathérine zu eskortieren. Morayma begnügte sich, die junge Frau fest zu verschleiern, und bemerkte:
    »Sei so demütig, wie du kannst, Licht des Morgens. Ich bringe dich nicht in den Djenan-el-Arif, sondern in den Mechouar, in den Palast, wo der Herr regiert. Er ist sehr verärgert. Du tust mir leid, denn du wirst seinen Zorn zu spüren bekommen.«
    »Ich habe keine Angst!« entgegnete Cathérine stolz. »Geh voraus, ich folge dir!«
    Dicht von den Eunuchen umgeben, ließ Cathérine sich durch den Harem zu den Pforten des dem Kalifen vorbehaltenen Palastes führen. Die Frauen, neugierig, oft haßerfüllt, drängten sich auf ihrem Weg. Sie konnte Lachen und Scherze hören. Sie sah die grünen Augen Zorahs blitzen, die vor ihr ausspuckte. Beim Verlassen des Löwenhofs gab es einen solchen Andrang von Frauen, daß die Eskorte Mühe hatte durchzukommen. Die Frauen weigerten sich, sich auseinandertreiben zu lassen. In diesem Durcheinander hörte Cathérine plötzlich eine Stimme, die ihr auf französisch ins Ohr flüsterte:
    »Man hat ihn in den Chafar gebracht! Es geschieht also zunächst nichts!«
    Sie lächelte dankbar, glaubte, die Gestalt Maries bemerkt zu haben, die sich zwischen den anderen verlor. Es konnte nur sie sein! Und sie fühlte sich getröstet. Arnaud war also in den Hauptturm der Alkazaba gebracht worden … aber er lief nicht Gefahr, sofort getötet zu werden.
    Mit dem Schwertknauf oder der Nilpferdpeitsche bahnten die Eunuchen sich den Weg zu der Pforte, welche die beiden Teile des Palastes miteinander verband. Dort standen die maurischen Wachen, behelmt und Lanzen in der Faust, drohend und feierlich, Vorhut der Gerechtigkeit … Jenseits der Pforte tat sich die Herrlichkeit eines königlichen Kreuzgangs aus weißem Marmor auf, um eine meergrüne Wasserfläche herumgeführt und von einer Doppelhecke aus duftenden Myrten eingefaßt. Danach empfingen sie keine stimmungsvollen Gebüsche, keine freundlichen Schatten wie im Djenan-el-Arif. Statt dessen bewaffnete Posten, gestaffelt bis zu dem grandiosen, nach hinten offenen Versammlungssaal in einem massigen, viereckigen Turm und eine Menge Würdenträger und Diener in prächtigen Gewändern. Die Eskorte und Morayma ließen Cathérine am Eingang zum Saal der Gesandten allein. Aus schmalen, mit buntem Glas versehenen Fenstern fiel gedämpftes Licht senkrecht auf den großen goldenen, mit Edelsteinen eingelegten Thron, auf dem der Kalif saß und die junge Frau herankommen sah.
    Ein grünseidener, mit einem riesigen Smaragd geschmückter Turban umschloß den Kopf des Herrschers. In der Hand hielt er das Zepter, ein langes, gekrümmtes, goldverziertes Bambusrohr. Und Cathérine stellte mit schwerem Herzen fest, daß keine Freundlichkeit den düsteren, eisigen Blick aufhellte, mit dem er sie betrachtete.
    Zwei Diener in langen grünen Gewändern packten sie an den Schultern, als sie eintrat, und zwangen sie, vor dem Thron niederzuknien. Da verlor sie die letzte Hoffnung. Von diesem Mann, der sie von vornherein als Schuldige behandelte, hatte sie nichts zu erwarten. Sie blieb unbeweglich, wartete, daß er spräche, hob aber kühn die Augen zu ihm auf.
    Mit einer Bewegung hatte er ihre Umgebung entlassen. Als der letzte Diener sich zurückgezogen hatte, befahl er: »Nimm deinen Schleier ab. Ich möchte dein Gesicht sehen. Ohnehin hast du nicht das Recht dazu. Du bist keine der Unsrigen.«
    Sie gehorchte freudig und stand gleichzeitig auf, entschlossen, sich wieder stolz zu zeigen. Wenn sie Arnaud nicht retten konnte, wollte sie Mohammed wenigstens zwingen, sie sein Schicksal teilen zu lassen. Der helle Schleier, den sie trug, glitt an ihr hinunter, während sich ihr Blick mit dem des offenbar gereizten Herrschers kreuzte.
    »Wer hat dir erlaubt aufzustehen?«
    »Du. Du hast gesagt, ich sei keine der Eurigen! Ich bin eine freie Frau und von edler Herkunft. In meinem Land spricht der König achtungsvoll mit

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