Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Einheit mit einer stolzen Tradition bei, und ich verlange von euch, dass ihr euch dieser Tradition für die nächsten sechsundzwanzig Jahre in jedem wachen Moment als würdig erweist. Die kommenden Monate werden schwer für euch werden, wie Zenturio Bestia euch wahrscheinlich schon gesagt hat.« Er lächelte. »Aber sie sind unabdingbar, um Soldaten aus euch zu machen, die zu befehligen ich stolz sein kann. Ein Legionär ist der tüchtigste, härteste Kämpfer der bekannten Welt – und das heißt, wir müssen euch zu einem ganz besonderen Menschen umformen. Jahrelange Erfahrung erledigt dann den Rest. Wenn ich euch so anschaue, sehe ich Männer vom Lande und Männer aus den Städten vor mir. Die meisten von euch haben sich freiwillig gemeldet, einige wurden zwangsweise verpflichtet. Eure Vergangenheit ist allein eure Sache, die Armee geht sie nichts an. Was immer ihr im zivilen Leben getan habt, jetzt seid ihr Soldaten und werdet als solche beurteilt werden. Ihr könnt euch glücklich schätzen, seid ihr doch zu einem Zeitpunkt in die Legion eingetreten, da sie im Begriff ist, Geschichte zu schreiben.«
Cato spitzte die Ohren.
»In ein paar Jahren werdet ihr berühmte Eroberer sein, Männer, die sich der Herausforderung eines der letzten großen Geheimnisse am Rand der bekannten Welt gestellt haben. Denkt darüber nach und lasst euch dies während der Ausbildung ein Ansporn sein. Ihr seid in guten Händen. Einen besseren Ausbilder als Zenturio Bestia konntet ihr nicht finden. Ich wünsche euch Glück und habe volles Vertrauen, dass ihr erfolgreich sein werdet.«
Zurück zu den Floskeln, stöhnte Cato inwendig.
»Fahr fort, Zenturio.« Vespasian nickte Bestia zu, dann verließ er die Plattform, gefolgt von den Standartenträgern.
»Jawohl, Herr!« Bestia wandte sich den Rekruten zu. »Nun denn, meine Damen, damit wäre das Gelöbnis abgeschlossen. Jetzt gehört ihr mir. Die Ausbildung beginnt gleich nach dem Mittagessen. Ich erwarte euch dann hier. Wer zu spät kommt, bekommt meinen Stock zu spüren. Wegtreten!«
Der ganze Nachmittag war auf die Grundausbildung verwandt worden, ohne dass sie sich auch nur einen Moment hinsetzen durften, und nun hatte Cato von der schweren Übungsausrüstung starke Schmerzen in Armen und Beinen. Er wollte nichts als schlafen, sich ausruhen, Abstand gewinnen von der unbarmherzigen Welt, in die er hineingezwungen worden war. Doch er fand keinen Schlaf. Die fremde Umgebung, die Ereignisse des Tages und Zukunftsängste verbanden sich zu einem Gedankenwirbel, der den Schlaf fernhielt. Er wälzte sich von einer Seite auf die andere und versuchte die bequemste Lage auf der unbequemen Pritsche zu finden, doch die harten Holzleisten drückten sich in jeder Lage durch den verschlissenen Wollbezug der Matratze durch. Seine Schlaflosigkeit wurde noch gesteigert durch das Gebrüll und Gelächter der Würfelspieler im Nebenraum. Nicht einmal das dicke Polster, das er sich über den Kopf gezogen hatte, vermochte den Lärm wirkungsvoll zu dämpfen.
Irgendwann aber schlief Cato dennoch ein, wälzte sich langsam auf den Rücken, öffnete den Mund, um zu schnarchen – als er jäh wieder wachgerüttelt wurde. Als er die Augen aufschlug, erblickte er einen dichten, fettigen schwarzen Haarschopf, dunkle Augen und einen zu einem grausamen Grinsen verzerrten Mund voller Zahnstummel.
»Pulcher …«
»Hoch mit dir, du Scheißkerl!«
»Weißt du eigentlich, wie spät es ist …?«, erwiderte Cato lahm.
»Scheiß drauf. Wir haben was miteinander zu regeln.« Pulcher packte nah beim Hals Catos Umhang und zerrte ihn von der Pritsche auf den Boden. »Ich wär schon früher hergekommen, aber Bestia hat mich zum Latrinendienst eingeteilt, das hab ich dir zu verdanken. Du hast mich richtig in die Scheiße geritten, ist dir das klar?«
»T-tut mir Leid. Das war ein Versehen.«
»Dann ist auch das ein Versehen, was ich mit dir vorhabe. Anschließend sind wir quitt.«
»Was meinst du damit?«, fragte Cato nervös, als er sich vom Boden aufrichtete.
»Bloß das hier.« Pulcher zog ein kurzes Messer aus dem Umhang. »Ein kleiner Schnitt, damit du daran denkst, mir nicht noch einmal dumm zu kommen.«
»Das ist unnötig!«, sagte Cato. »Ich verspreche, dir in Zukunft aus dem Weg zu gehen.«
»Versprechen vergisst man schnell. Narben hingegen nicht …« Pulcher warf das Messer in die Luft und fing es am Heft auf – die Spitze zielte auf Catos Gesicht. »An der Wange, als Warnung an die anderen, sich mit
Weitere Kostenlose Bücher