Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Quadratus. »Schau doch endlich mal einer her.«
Endlich deutete ein Soldat mit dem Speer auf sie, und Vitellius wandte sich im Sattel um. Einen Moment verharrte er reglos, dann drehte er sich um und schwenkte aufgeregt den Arm. Der Soldat, der auf sie aufmerksam geworden war, eilte vom Platz und tauchte kurz darauf auf einem der Türme am Tor wieder auf. Zwischen den Hütten kamen Gestalten zum Vorschein und umzingelten Vitellius und dessen Männer. Die Zenturie formierte sich rasch und rückte aufs Tor zu. Einige Dörfler rannten vor und bewarfen die abziehenden Römer mit Steinen und Holzscheiten. Von den hintersten Reihen ging plötzlich ein Hagel von Speeren auf die Dorfbewohner nieder. Ein halbes Dutzend von ihnen wurde niedergestreckt, die anderen flohen durch die engen Gassen. Gleich darauf verschwand die Zenturie zwischen den Hütten.
Vom Hügel aus waren die aus dem Wald hervorströmenden Germanen jetzt deutlich zu erkennen, und man konnte sich ein Bild von ihrer Zahl und der Geschwindigkeit ihres Vorrückens machen.
»Drei-, viertausend«, meinte Quadratus gepresst.
Macro schüttelte den Kopf. »Es dürften auf jeden Fall ein paar weniger sein.«
»Vitellius sollte eigentlich rechtzeitg rauskommen, bevor sie das Dorf erreicht haben.«
»Mit Leichtigkeit. Sie sind noch eine Meile von der anderen Dorfseite entfernt. Wenn Vitellius erst einmal das Tor passiert hat, sollte er den Hügel erreichen, bevor sie ihn eingeholt haben.«
»Und dann?«
»Weiß ich doch nicht«, meinte Macro achselzuckend. »Wir müssen halt abwarten, was er befiehlt.«
Cato starrte die beiden Offiziere ungläubig an. Wie konnten sie bloß so kaltblütig sein, während ihre Kameraden in unmittelbarer Todesgefahr schwebten? Außerdem sah sich der Rest der Kohorte einer zehnfachen Übermacht gegenüber. Er verspürte das drängende Bedürfnis, kehrtzumachen, und wegzurennen und den anderen zuzurufen, seinem Beispiel zu folgen. Sein Körper aber weigerte sich, sich zu bewegen, teils aus Scham und teils aus Furcht, den Rückweg durch den Wald allein zurücklegen zu müssen. Während er reglos dastand, wanderte sein Blick zwischen den sich nähernden Germanen und dem Dorf hin und her. Auf einmal entstand an einem der Tore eine Bewegung; der von Vitellius vorgeschickte Legionär wurde von einer Gruppe Männer gepackt. Sie durchbohrten ihn mit einem Speer und warfen ihn anschließend in den Graben.
»Herr!«
»Ich hab’s gesehen, mein Junge.«
Glitzerndes Metall kündete davon, dass die Erste Zenturie den Dorfrand erreicht hatte, dann entbrannte ein kurzer Kampf ums Tor. Währenddessen kamen die Germanen immer näher und drohten die Falle zu schließen.
»Das wird eng«, murmelte Quadratus. »Wir sollten uns darauf vorbereiten, uns kämpfend zurückzuziehen. Ich werde die anderen Zenturien auf den Weg zurückführen. Macro, ich möchte, dass du hier bleibst und uns Rückendeckung gibst, bis Vitellius hier eintrifft.«
»In Ordnung.« Macro nickte. »Aber du solltest dich besser beeilen.«
Quadratus schritt an den Reihen entlang und gab die nötigen Befehle, worauf die Zenturien eine nach der anderen auf der Hügelkuppe Kolonnen bildeten und zurück zum Weg marschierten. Macro befahl währenddessen der Sechsten, zehn Schritte den Hang hinunterzugehen, um für Quadratus den Weg freizumachen. Cato sah, dass die Erste Zenturie es unten im Dorf geschafft hatte, die Dörfler am Tor zu überwältigen; die Legionäre zogen gerade das dicke Holztor zurück, um hindurchzumarschieren. Mit Vitellius an der Spitze marschierte die Erste hügelan, um sich mit dem Rest der Kohorte zu vereinen. Ein kleiner Haufen Dorfbewohner folgte ihnen, ließ aber von ihnen ab, als ihnen eine Salve Speere entgegengeschleudert wurde.
Als die Zenturie das Dorf wohlbehalten verlassen hatte, trieb Vitellius sein Pferd den Hang hinauf, um das Kommando über die Kohorte zu übernehmen. Neben Macro hielt er an. Das heftig schnaubende Pferd hatte Schaum vor dem Maul und blutete stark aus einer Wunde in der Flanke.
»Was geht hier verflucht noch mal vor, Zenturio?«, rief er zornig. »Wo sind die anderen?«
»Quadratus hat sie zum Weg zurückgebracht, Herr«, erklärte Macro.
»Warum? Fürchtet er sich etwa vor ein paar verdammten Dörflern? Ich werde die ganze Kohorte sammeln, und dann brennen wir das Dorf nieder!«
»Herr«, unterbrach ihn Macro. »Wenn du einmal dorthin schauen würdest.«
»Häh? Was gibt’s denn?«
»Hinter dem Dorf, Herr.«
Vitellius
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