Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
was etliche Erdklumpen löste, die nun auf ihn herunterprasselten. Er rang nach Luft und schüttelte sich die Erde vom Kopf, als ihm jemand einen Stiefel in die Seite rammte.
»Sachte, Männer! Ich bin Römer!«
»Oh! Verzeihung, Kumpel.«
Eine raue Hand streckte sich Macro entgegen. Dann half Cato ihm beim Aufsetzen und streifte ihm den Staub von Kopf und Uniform. Der Legionär, der ihn in die Seite getreten hatte, schluckte nervös, als er die ordengeschmückte Rüstung des Zenturios sah.
»Herr, ich wusste nicht …«
»Ist ja nichts passiert, mein Sohn. Bring uns zum Tribun. «
»Hier entlang, Herr.« Macro legte den beiden Legionären die Arme um die Schulter, und so zog das Trio an den hintersten Reihen der Soldaten vorbei, welche die Eingänge zum Dorfplatz bewachten. Vitellius stand mit dem Trompeter und dem Standartenträger der Kohorte vor der Behausung des Häuptlings. Aus dem Innern der Hütte vernahm man gedämpftes Jammern.
»Haltet mal eben an, Jungs«, befahl Macro, nahm den Arm von Catos Schulter und salutierte vor Vitellius.
»Ah! Du lebst also noch, Macro! Man hat mir gesagt, du und der Optio an deiner Seite, ihr wärt den Germanen in die Hände gefallen.«
»Jawohl, Herr.«
»Hässliche Verletzung. Du solltest sie besser reinigen und verbinden lassen.« Vitellius deutete mit dem Daumen zum Hütteneingang. »Die Sanitäter sind im Moment ziemlich beschäftigt, aber vielleicht kannst du sie ja auf dich aufmerksam machen. Und lass dir bei der Gelegenheit auch gleich die Schweinekacke abwaschen.«
»Wo ist meine Zenturie, Herr?«
»Die hält gegenwärtig das Haupttor.« Vitellius trat beiseite, damit ein frisch Verwundeter in die Hütte getragen werden konnte. »Ich habe ihr befohlen, die Dörfler zwischen den Angriffen nach draußen zu treiben. Kann es mir nicht leisten, Soldaten zu ihrer Bewachung abzustellen.«
»Wie steht es?«
Vitellius überlegte einen Moment mit gerunzelter Stirn, ehe er antwortete. »Nicht gut. Wir haben nicht einmal mehr dreihundert einsatzfähige Soldaten. Die Germanen versuchen, fünf Straßen weiter zum Dorfplatz durchzubrechen. Von allen anderen Zugängen sind sie durchs Feuer abgeschnitten, und wir halten noch die Mauer und das Tor an der anderen Dorfseite.«
»Werden wir es schaffen, das Dorf so lange zu halten, bis Vespasian eintrifft?«
»Vielleicht.« Vitellius zuckte die Schultern und blickte zum Schneehimmel hoch. »Falls sie durchs Feuer in einige wenige Straßen abgedrängt werden. Wir halten sie im Moment noch im Zaum, aber sie können ihre Verluste besser verkraften als wir. Sobald sie in der Überzahl sind, drängen sie uns auf den Platz zurück. Dann treten wir hier bei den Verwundeten zum letzten Gefecht an.«
»Und wenn uns das Feuer vor den Germanen erreicht?«
»Dann müssen wir uns zum Haupttor zurückziehen, und anschließend geht’s nach draußen, in die offenen Arme der wartenden Germanenhorde.«
Also entweder verbrennen oder sich von Barbaren abschlachten lassen, dachte Cato. Welche Wahl würde er treffen, wenn es so weit war?
»Lass deine Verletzung versorgen, Macro«, befahl Vitellius. Er zeigte auf den Trompeter und den Standartenträger. »Kommt her!«
»Und was ist mit mir, Herr?«, fragte Cato.
Vitellius blickte Macro an. »’Mit mir, Herr’ kann eure Standarte bewachen, Zenturio.«
»Jawohl, Herr.« Mit grimmigem Lächeln streckte Macro ihm die Standarte der Sechsten Zenturie entgegen. »Halt sie fest, bis ich verbunden bin. Wenn ich fertig bin, übernehme ich sie wieder.«
Als man Macro nach drinnen gebracht hatte, eilte ein Sanitäter herbei, um die Wunde zu untersuchen. Mit einem beiläufigen Kopfnicken kam er zu dem Schluss, dass ein Gnadenstoß in diesem Falle unangebracht war. Er scheuchte Cato aus der Hütte. Als jener sich im Hütteneingang zu seinem Zenturio umsah, säuberte der Sanitäter bereits die Wunde mit einem blutigen Lumpen.
Wieder draußen angelangt, versuchte Cato die Standarte mit mehreren Stößen in den Boden zu rammen, doch der war gefroren und trotzte seinen Bemühungen. Schließlich gab er es auf und lehnte die Standarte an seine Schulter. Zwar war er erleichtert, wieder bei der Kohorte zu sein, doch der Kampf entwickelte sich ungünstig. Das Handgemenge hatte sich in ein hin und her wogendes Gerangel verwandelt, dessen Ausgang davon abhängen würde, welche Seite mehr Druck zu machen verstand. Gleichwohl fand immer noch hin und wieder ein Schwert oder ein Speer sein Ziel, und die
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