Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Römer übernommen hatten. Die weniger Glücklichen würden den Winter in einer Ansammlung primitiver Hütten verbringen müssen, die am Rand der Siedlung entstanden. Viele von ihnen würden den harten Winter des Nordens nicht überleben, konnten aber weder auf das Mitgefühl der Römer noch auf das der Siedlungsbewohner rechnen, die unter dem neu erwachten Misstrauen der Legionäre vor allem Germanischen zu leiden hatten.
Die Glocke tönte erneut, lauter diesmal, und der Sanitäter, unterwegs zu den besser belüfteten Zimmern der Offiziere am Ende des Flurs, verlangsamte daraufhin seine Schritte.
»Beweg dich schon, verflucht noch mal!«, brüllte Macro. »Ich läute seit einer Ewigkeit mit der verdammten Glocke!«
»Tut mir Leid, dass du warten musstest, Herr«, entschuldigte sich der Sanitäter. »Bedauerlicherweise lag einer der anderen Patienten im Sterben, und ich wollte sicherstellen, dass sein Besitz auch in die richtigen Hände gelangt, wenn er das Zeitliche gesegnet hat.«
»Und wird er dort ankommen?«
»Wir werden unser Möglichstes tun, um seinen Nachlass an die rechtmäßigen Empfänger weiterzuleiten.«
»Nachdem ihr euch bedient habt.«
»So ist es, Herr.«
»Verdammte Aasgeier.«
»Aasgeier?« Der Sanitäter runzelte die Stirn. »Wir nehmen uns bloß unseren Anteil. Also, was willst du?«
»Schaff das hier fort.« Macro schob ihm die Bettpfanne hin. »Und leg Holz nach. Es ist eiskalt hier drinnen.«
»Jawohl, Herr.« Der Sanitäter nickte, trug die Bettpfanne vorsichtig zu einem niedrigen Tisch und stellte sie darauf ab. »Ein schöner Tag draußen, Herr. Strahlend blauer Himmel, und kein Lüftchen regt sich.«
»Ach, tatsächlich? Danke, dass du’s mir gesagt hast. Aber es ist trotzdem eiskalt hier drin.«
»Eiskalt stimmt nicht, Herr. Bloß gut belüftet. Das tut dir gut.«
»Wie soll mir das gut tun? Wenn mich die Verletzung nicht dahinrafft, dann die Kälte.«
Der Sanitäter, der weiteren Brennstoff auf die Glut legte und behutsam darauf blies, um das Feuer anzufachen, musste bei der tröstlichen Vorstellung unwillkürlich lächeln.
»So ist’s gut. Und jetzt nimm die Bettpfanne und verschwinde. «
»Jawohl, Herr.« Der Sanitäter nahm die Bettpfanne und wandte sich zur Tur. Als plötzlich Cato ins Zimmer marschiert kam, wich ihm der Sanitäter gewandt aus, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten. »Na, na!«, machte er missbilligend, während der Optio die Tür hinter sich schloss.
Cato trat ans Bett und lächelte Macro an. »Schön, dich zu sehen, Herr.«
»Zum ersten Mal wieder seit drei Tagen.«
»Es gibt viel zu tun, jetzt, da du fehlst, Herr. Ich habe mich bemüht, während deiner Abwesenheit Ordnung in der Zenturie zu halten. Was macht das Bein?«
»Ist steif und tut höllisch weh, wenn ich’s bewege. Aber die Quacksalber glauben anscheinend, ich sei auf dem Wege der Besserung.«
»Du siehst besser aus als bei meinem letzten Besuch hier.«
»Das war nichts weiter, bloß eine kleine Entzündung. Der Wundarzt meint, es wäre fast wieder gut.«
»Wann wirst du wieder Dienst tun, Herr?«
Catos trügerische Hoffnung und seine Besorgnis blieben dem Zenturio nicht verborgen. Er musterte Cato schweigend, während das Brennholz leise zischte.
»Ich dachte, ein junger Optio würde sich über die Gelegenheit freuen, einmal ganz allein das Kommando zu führen. «
»Das tue ich auch, Herr.«
»Aber …«, half Macro nach.
»Ich hatte keine Ahnung, wie viel es da zu tun gibt. Man muss den Drill organisieren, die Unterkünfte inspizieren, die Ausrüstung überprüfen, und dazu kommt noch der ganze Schriftkram.«
»Den solltest du Piso überlassen. So wie ich.«
»Ja, er war mir eine große Hilfe, Herr. Er bestand darauf, das zu übernehmen. Aber wir haben eben Anweisung bekommen, ein vollständiges Inventar der Ausrüstung und aller nicht transportfähigen persönlichen Gegenstände anzufertigen. Zu allem Überfluss hat das Hauptquartier auch noch angeordnet, alle Geldbestände über zehn Sesterzen bis zum Ende der Woche zu deponieren. Geht es immer so hektisch zu, Herr?«, fragte Cato hilflos.
»Nein.«
Dann würde die Legion also bald verlegt werden. Der Befehl zum Einzug des privaten Besitzes diente dazu, das Marschgewicht des Legionärs zu reduzieren. Die nicht transportfähigen Gegenstände würden inventarisiert und dann entweder gelagert oder verkauft werden. Sollte Letzteres der Fall sein, würde die Verlegung der Legion wahrscheinlich von längerer Dauer
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