Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Der Zenturio marschierte los, und seine Männer folgten ihm, müde und angespannt. Der Weg senkte sich allmählich zum Moor hin ab, und man musste die Maultiere zügeln, damit der Wagen nicht außer Kontrolle geriet. Am Rand des Moors verengte sich der Weg, so dass die Räder nun das Gras durchteilten. Der Boden war weich, und Cato spürte, wie er unter den Stiefeln leicht nachgab, derweil die Kolonne weiter in den Nebel vordrang. Kurz darauf war die britische Landschaft verschwunden, und ein unendlicher weißer Horizont umgab sie an allen Seiten. Hinter ihnen bemühte sich die Sonne, den dichten Dunst zu durchdringen, und die Luft war kalt und feucht. Niemand sprach, allein das Schnauben der Maultiere war zu vernehmen, welche ihre Last über den weichen Torf zogen, in dem die Wagenräder versanken.
Der schmale Pfad schlängelte sich durchs Moor. Wo der Boden zu weich wurde, hatte man schmale, mit Schindeln abgedeckte Knüppeldämme errichtet. Mit ärgerlicher Regelmäßigkeit blieb erst das eine, dann das andere Wagenrad im schwärzlichen Morast am Wegrand stecken. Die Legionäre mussten Speere und Schilde weglegen, sich gegen die dicken Holzspeichen stemmen und mit aller Kraft schieben, bis der Wagen wieder freikam und weiterrollte. Nach kurzer Zeit waren die Männer mit stinkendem Schlamm bedeckt und todmüde. Als Macro eine kurze Pause anordnete, hockten sie sich verdrossen auf einen kleinen, bemoosten Hügel, der von einer dunklen Wasserfläche umgeben war. Aus dem Stand der blassgelben, über dem Nebel schwebenden Scheibe schloss Macro, dass es bereits auf Mittag zuging, doch als er die erschöpften Männer um sich herum musterte, wurde ihm klar, dass er unmöglich mit ihnen weitermarschieren und anschließend noch den versunkenen Wagen ausgraben konnte, sollten sie ihn denn finden.
Als es plötzlich heller wurde, schaute er hoch und bemerkte, dass die Sonne zumindest den Versuch unternahm, den Nebel zu durchdringen. Überall zeigten sich helle Flecken in den weißen Schwaden, und hier und da konnte man bereits zwei-, dreihundert Schritte weit sehen.
» Cato!«
»Herr?«
»Stell dich mal auf den Buckel dort drüben. Schau mal, ob du den Baumstumpf siehst.« Er deutete auf einen bemoosten Höcker am Wegesrand, und Cato erhob sich widerwillig. Vorsichtig setzte er den Fuß auf die weiche grüne Oberfläche, um zu prüfen, ob sie sein Gewicht auch tragen würde.
»Stell dich nicht so an, Junge!«, sagte Macro gereizt. »Kletter schon rauf.«
Mit abgestreckten Armen drückte Cato die Knie durch und richtete sich langsam auf. Der Boden unter dem Moos war erstaunlich fest. Er musterte die eigentümliche Landschaft. Vor ihnen schlängelte sich der Pfad eine kleine Böschung hinunter und verschwand dann auf einmal in einem besonders üblen schwarzen Morast. Auf den ersten Blick war ersichtlich, dass sie mit dem Wagen nicht weiterkommen würden. Das würde Macro nicht gefallen.
»Siehst du etwas, das einem Baumstumpf ähnlich sieht?«
»Nein, Herr.«
»Und was ist das dort drüben?« Macro deutete auf eine Lücke im Nebel, durch die man mehrere abgestorbene Bäume sah.
»Ich bin mir nicht sicher, Herr.«
»Dann streng verdammt noch mal deine Augen an!«
Cato kniff die müden Augen zusammen, doch er hatte Mühe, Einzelheiten zu erkennen, und der Nebel schloss sich bereits wieder um die Bäume. Unwillkürlich beugte er sich vor. Mit einem dumpfen Knirschen gab das Moos unvermittelt unter ihm nach, und Cato fiel mit ausgestreckten Armen vornüber auf den Pfad. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen.
»Alles in Ordnung?« Macro bückte sich und half ihm auf die Beine.
»Jawohl, Herr.«
»Weißt du, Cato«, meinte Macro lächelnd, »ich hab ja beim Militär schon viele unbeholfene Soldaten kennen gelernt, aber du …«
»Das war nicht meine Schuld, Herr! Der verdammte Boden hat einfach nachgegeben.«
»Verstehe.« Macro blickte zu dem Höcker, von dem Cato herabgefallen war. Ein großer Teil des Mooses war in sich zusammengefallen, und darunter sah man eine runde Masse verfaulter Pflanzen.
»Dort, Herr. Siehst du?« protestierte Cato empört. »Das Ding ist durch und durch verrottet.«
Er verstummte, dann zog er neugierig einen Klumpen Moos weg und warf ihn beiseite.
Macro lächelte. »Nimm’s nicht so persönlich.«
Ohne ihn zu beachten, riss Cato immer mehr Moos ab, bis die verfaulten Überreste dreier Baumstümpfe zum Vorschein kamen. Er richtete sich auf und blickte sich rasch um;
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