Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
davon. Die Versuchung, Vitellius zu verspotten, war unwiderstehlich gewesen, doch Vespasians Freude daran, wie er den eingebildeten Tribun zurechtgestutzt hatte, verflog schnell, und jetzt schalt er sich selbst für dieses Benehmen, das seines Ranges in keiner Weise würdig war. Zum Glück hatte der Lagerpräfekt den Wortwechsel nicht mitbekommen; als der alte Kämpe jetzt von der Wachlegion zurückkehrte und den Hügel heraufkam, runzelte er angesichts der Belustigung in den Gesichtern der jungen Tribunen die Stirn.
»Neue Befehle, Herr?«
»Lies.« Vespasian streckte ihm die Schriftrolle hin.
Sextus überflog rasch das Dokument. »Irgendeinem jungen Herrn in Plautius’ Stab werde ich die Leviten lesen, wenn ich ihn in die Finger bekomme, Herr.«
»Das höre ich gerne. Unterdessen müssen wir die Legion wieder zusammenbringen. Es ist sinnlos, zum Sammeln zu blasen. Inzwischen sind die Männer so weit ins versumpfte Gebiet vorgedrungen, dass es vorwärts leichter gehen wird als zurück.«
»Allerdings«, murmelte Sextus und strich sich übers Kinn.
»Ich führe den Kommandostab und die Wachzenturie über den Damm zu dieser Anlegestelle dort.« Vespasian zeigte den Hügel hinunter. »Sobald wir angekommen sind, lasse ich zum Sammeln blasen. Unterdessen reitest du mit den rangniedrigeren Tribunen los, und ihr sucht so viele von unseren Männern wie möglich und gebt ihnen Bescheid. Bis zum Einbruch der Nacht muss der größte Teil der Legion dort unten bei der Anlegestelle versammelt sein, damit wir für den Angriff am nächsten Morgen genug Leute haben.«
»Ganz recht, Herr«, erwiderte Sextus. Er wandte sich den Tribunen zu, die die Befehle des Legaten mitgehört hatten und sich nicht gerade auf die anstrengende Aufgabe freuten. »Ihr habt den Legaten gehört! Setzt euren Arsch in Bewegung und rauf auf die Pferde, meine Herren. Und jetzt schnell!«
Die jungen Tribunen, die ihr Widerstreben stärker zur Schau stellten, als eigentlich akzeptabel war, schleppten sich zu ihren Pferden, trabten den Hang hinunter und trennten sich auf den zahllosen Pfaden und Wegen, die das dichte Ginstergestrüpp und den Sumpf kreuz und quer durchzogen. Vespasian sah zu, wie sie in der Ferne verschwanden, dann wendete er sein Pferd und führte die Wachzenturie und den Rest des Kommandostabs zum Hauptpfad, der auf den Dammweg zulief.
Das war keine Art, einen Krieg zu führen, überlegte Vespasian verärgert. Kaum hatte die Zweite Legion ihre Selbstachtung zurückgewonnen, da wurden seine Leute von irgend so einem achtlos hingeworfenen Befehl in ein verdammtes Chaos gestürzt und mussten völlig verstreut und ohne Führung durch die elende Wildnis dieser widerlichen, abscheulichen Insel irren. Bis es ihm gelang, die Legion wieder zusammenzuführen, waren die Männer erschöpft, verdreckt und hungrig, die Kleidung vom Stechginster in Fetzen gerissen. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn er sie dann noch dazu bringen konnte, etwas nur halb so Gefährliches wie die vom General befohlene amphibische Operation über den Fluss hinweg auch nur in Erwägung zu ziehen.
21
»Das ist doch verdammt noch mal ein Albtraum!«, grollte Zenturio Macro, als er nach einer monströsen Stechmücke schlug, die sich an seinem Unterarm vollsaugte. Kaum war das Biest zwischen der dunklen Behaarung, die unter seinem Ärmel herausschaute, zu einem Geschmier aus Rot und Schwarz zerquetscht, da nahmen auch schon einige weitere Insekten aus der über ihm schwirrenden Wolke die Gelegenheit wahr und landeten auf dem nächsten besten Fleckchen freier Haut. Macro schlug mit der einen Hand unausgesetzt auf sie ein und wedelte mit der anderen die fliegenden Genossen beiseite. »Falls ich jemals den Mann in die Hände kriege, der für dieses verdammte Fiasko verantwortlich ist, dann hat der seinen letzten Atemzug getan.«
»Die Anweisung kam vermutlich vom General, Herr«, entgegnete Cato so nachsichtig wie möglich.
»Na schön, dann fechten wir die Sache in der Hölle aus, wo wir uns mehr von gleich zu gleich begegnen.«
»Aber dann hat der General sowieso schon seinen letzten Atemzug getan, Herr.«
Der Zenturio unterbrach sein Wüten gegen die Hilfstruppen der Eingeborenen und nahm stattdessen seinen Optio aufs Korn: »Dann halte ich mich am besten sofort an jemand anderem schadlos. An jemandem, der in der Hackordnung ein bisschen weiter unten steht. Oder du hörst endlich mit deinen ungemein hilfreichen Bemerkungen auf.«
»Tut mir Leid, Herr«,
Weitere Kostenlose Bücher