Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Cato und Prasutagus sich wieder und stiegen den grasbewachsenen Wall hinauf. Der Abhang war steil, und Cato fragte sich keuchend, um wie viel härter der Aufstieg für die gepanzerten und bewaffneten Legionäre sein würde, falls die Zweite Legion die Festung angriff.
Sie erreichten den Kamm des Erdwalls und ließen sich wieder flach zu Boden fallen. Jetzt, wo Cato die Festungsanlage betreten hatte, beeindruckten ihre Ausmaße ihn noch stärker. Oben auf dem Wall verlief in beide Richtungen ein schmaler Pfad. Auf der anderen Seite führte ein steiler Hang zu einem tiefen Graben, bevor der zweite Befestigungswall folgte. Am Boden des Grabens erblickte Cato ein seltsames Kreuzmuster, das er nicht recht deuten konnte. Dann aber ging ihm ein Licht auf: angespitzte Holzpflöcke, die in unterschiedlichen Neigungswinkeln in den Boden gerammt waren, bildeten einen Verteidigungsstreifen, an dem sich Angreifer, die es bis hierher geschafft hatten, aufspießen würden. Zweifellos war der Graben zwischen dem zweiten und dem dritten Befestigungswall ähnlich präpariert.
»Los«, flüsterte Prasutagus.
Tief gebückt huschten sie über den Wehrgang und eilten halb rutschend, halb rennend den Hang hinunter, wobei sie sich in der Nähe der gefährlichen Spitzen am Grund des Grabens langsamer und vorsichtiger bewegten. Die Pflöcke waren höchst ausgeklügelt so angeordnet, dass ein Mann, der die eine Spitze umging, sofort in die nächste hineinlief. Jeder Versuch eines Kampftrupps, dort durchzubrechen, musste ein Blutbad werden, und Cato konnte nur hoffen, dass Vespasian klug genug war, es nicht mit einem direkten Angriff zu versuchen. Falls Cato die heutige Nacht überlebte, musste er unbedingt den Legaten vor den Gefahren warnen, die seine Legionäre erwarteten.
Da sie bis auf ihre Umhänge völlig unbehindert gingen, schlängelten Prasutagus und Cato sich mühelos zwischen den Pflöcken hindurch und stiegen den zweiten Wall hinauf. Der war nur unwesentlich niedriger als der erste, und als sie oben ankamen, taten Cato alle Glieder weh. Jetzt konnten sie die Palisade auf dem dritten und letzten Wall sehen. Im Dunkeln konnte man sich zwar täuschen, doch Cato schätzte diesen hölzernen Befestigungsring auf mehr als doppelte Mannshöhe; mehr als genug, um jeden Feind abzuhalten, der das tollkühne Wagnis eines direkten Angriffs einging. Mit einem kurzen Blick nach links und rechts stellten sie fest, dass auf dem Pfad kein Feind zu sehen war, und so huschten sie hinüber und eilten in den zweiten Graben hinunter, wo sie wiederum von angespitzten Pfählen erwartet wurden. Als sie dieses Hindernis hinter sich hatten, machte Prasutagus sich nicht gleich ans Erklimmen des letzten Abhangs, sondern ging eine Zeit lang am Fuß des Walls entlang und blickte dabei ständig zur Palisade empor.
Sie rochen das Abwasser, noch bevor sie den Abfluss sahen; ein widerlicher Gestank von menschlichen Exkrementen und fauligen Abfällen. Der Boden schmatzte unter ihren Füßen und wurde immer schlüpfriger. Um die Pfähle am Grabengrund hatten sich dunkle Schleimpfützen gesammelt. Bald vereinigten sich diese Pfützen zu einem stinkenden Jauchesumpf, der im Mondlicht schimmerte. Aus diesem Sumpf erhob sich ein riesiger Müll- und Fäkalienberg, der sich vom Grund des Grabens emportürmte und immer schmaler wurde, bis er in einer schmalen Rinne endete, die zur Palisade hoch über ihnen führte.
Prasutagus nahm den Optio beim Arm und zeigte auf die Rinne. Cato nickte, und sie stiegen zum letzten Verteidigungsring der Festung hinauf. Je höher sie stiegen, desto durchdringender wurde der Gestank, und Cato musste würgen. Verzweifelt kämpfte er gegen seine Übelkeit an, um nicht durch die Geräusche beim Erbrechen Aufmerksamkeit zu erregen. Endlich erreichten sie die Palisade und blieben neben der stinkenden Rinne stehen. Eine Art hölzerne Kabine sprang aus der Palisadenwand vor und ragte über die Rinne. Ihr Boden hatte eine kleine, quadratische Öffnung, durch die Müll und Abwasser gekippt wurden. Über ihnen auf der Palisade war kein Lebenszeichen zu sehen, und nur von fern drang das Gejohle der Durotriges heran, die sich bis zur Besinnungslosigkeit betranken. Prasutagus trat in die Rinne und suchte auf dem schlüpfrigen Untergrund sicheren Halt für seine Füße. Er stellte sich direkt unter die Öffnung, hielt sich an der Palisade fest und winkte Cato heran.
Plötzlich überfiel Cato die Vorstellung, ein Durotriges könnte vorbeikommen und dem
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