Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Tempo, um nicht von der Morgendämmerung im offenen Gelände überrascht zu werden. Im leichten Galopp folgten sie dem Pfad, bis der Boden fester wurde und der Sumpf Wiesen und Baumgruppen wich.
Nicht lange, und sie ritten in einen kleinen Wald hinein. Prasutagus folgte dem Weg noch ein Stück und bog dann auf einen langen, gewundenen Seitenpfad ein, der tief in einen Nadelwald mit kerzengeraden Fichten führte. Als die Äste zu beiden Seiten immer dichter zusammenrückten, mussten sie absteigen und die Pferde führen. Schließlich öffnete der schmale Pfad sich auf eine kleine Lichtung, und zu seiner Überraschung erblickte Cato eine Holzhütte, deren Wand an der einen Seite mit Erdreich verstärkt war. Rundum standen nackte Holzgestelle. Über dem Türsturz hing ein von einem riesigen Geweih gekrönter Hirschschädel. Alles war still.
»Ich dachte, wir würden den Einheimischen aus dem Weg gehen«, zischte Macro Boudica zu.
»Das tun wir auch«, übersetzte sie die Antwort. »Das hier ist eine Jagdhütte der Druiden. Wir bleiben den Tag über hier und ruhen uns aus. Bei Anbruch der Dämmerung reiten wir dann auf dem Hauptweg weiter.«
Nachdem die Pferde abgeladen und angebunden waren, schob Prasutagus den schweren Ledervorhang beiseite, der den Eingang der Hütte verhängte, und sie traten ein. Der Boden bestand wie üblich aus gestampfter Erde, und ein Geflecht aus Fichtenästen hielt das dicke Reetdach. Ein Duftgemisch aus Nadelholz und Moder stieg ihnen durchdringend in die Nase. Auf der einen Seite befand sich eine kleine Herdstelle unter einer Öffnung im Dach; die hintere Wand wurde von einer Reihe hölzerner Bettstellen gesäumt. Die Nachtlager waren ein wenig feucht, aber benutzbar.
»Wirkt eigentlich ganz gemütlich«, meinte Macro. »Aber wie sicher sind wir hier?«
»Wir sind sicher«, antwortete Boudica. »Die Druiden benutzen die Hütte nur im Sommer, und die meisten Durotriges fürchten sich so sehr vor den Druiden, dass sie sich nicht einmal in die Nähe wagen.«
Macro prüfte eines der Betten mit der Hand und streckte sich dann auf dem raschelnden Farn aus. »Ahhh! Also, das nenne ich bequem.«
»Am besten ruht ihr euch jetzt gründlich aus. Wenn es dunkel wird, haben wir einen weiten Weg vor uns.«
»Das klingt vernünftig.«
Cato ließ sich mit schweren Lidern auf dem Nachbarbett nieder. Nachts hatte das Misstrauen gegenüber Vellocatus ihm den Schlaf geraubt, und nun war er ganz benommen vor Erschöpfung. Er legte sich hin und wickelte sich in seinen Umhang. Seine schmerzenden Augen schlossen sich, und die Härten des Lebens in der realen Welt verblassten.
Prasutagus betrachtete die beiden Römer mit einem Blick leichter Verachtung und wandte sich wieder zum niedrigen Eingang. Macro stemmte sich eilig hoch.
»Wohin gehst du?«
Prasutagus zeigte mit der Hand auf den Mund. »Essen suchen.«
Macro sah den Briten an und fragte sich, wie weit man ihm trauen konnte.
Prasutagus hielt seinem Blick einen Moment lang stand, machte dann kehrt und schlüpfte aus der Hütte. Schimmerndes Tageslicht drang herein, dann fiel der Ledervorhang wieder vor die Türöffnung, und in der Hütte kehrte Stille ein. Mit dem Instinkt des Veteranen, der ruht, wann immer sich die Gelegenheit bietet, war Macro beinahe sofort eingeschlafen.
Beim Erwachen riss Macro erschreckt die Augen auf, verblüfft vom Gewirr aus Fichtenzweigen über seinem Kopf. Dann kehrte sein Ortsgefühl zurück, und er erinnerte sich wieder, dass er sich in der Jagdhütte befand. Das Licht, das durch einen Schlitz in der Wand hereinsickerte, war matt und wies auf das Anbrechen der Abenddämmerung hin. Er hatte also fast den ganzen Tag verschlafen. Hinten in der Hütte hörte er Zweige knacken und drehte sich um. Boudica hockte mit einem Stoß Feuerholz neben dem Herd und griff sich gerade die nächste Hand voll. Von Prasutagus war nichts zu sehen und auch nichts von draußen zu hören. Cato schlief noch immer tief und fest mit offenem Mund, und hin und wieder drang ein Schnalzlaut aus seiner Kehle.
»Es wird Zeit, dass wir miteinander reden«, sagte Macro leise.
Boudica schien ihn nicht gehört zu haben, brach weiter Zweige klein und schichtete sie um ein Bündel trockenes Farnkraut, das sie von einer der Bettstellen genommen hatte.
»Boudica, ich sagte, es wird Zeit, dass wir miteinander reden.«
»Ich habe dich gehört«, antwortete sie ohne sich umzudrehen. »Aber wozu? Es ist aus zwischen uns.«
»Seit wann?«
»Seit meiner
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