Cato 04 - Die Brüder des Adlers
verzweifelt im Farngewirr nach seinem Speer.
»Cato!«
Cato hob den Kopf und wollte um Hilfe rufen, hatte aber nur noch genug Luft für ein entsetztes Japsen. Dann erblickte er die schimmernde Speerspitze unmittelbar vor seinen Füßen. Er packte den Schaft, riss den Speer hoch und wirbelte herum. Sein Pferd lag auf der Seite und schlug wild mit den Vorderbeinen, während die Hinterbeine sonderbar schlaff dalagen, woraus Cato schloss, dass das Rückgrat gebrochen war. Mit einem Übelkeit erregenden, dumpfen Stoß traf der Keiler sein Opfer erneut, und Cato schlich sich, vom Rücken des Tiers gedeckt, heran, tief geduckt und die Speerspitze stoßbereit.
»Cato!« Macros Stimme klang jetzt äußerst besorgt. »Was ist los?«
Als Cato um das Pferd herumspähen konnte, sah er, wie der Keiler die Hauer mit zurückgeworfenem Kopf tief in den Bauch des Tieres wühlte. Mit einem wilden Ruck befreite er die bluttriefende Schnauze und riss dabei mit einem der Hauer einen Teil der Eingeweide heraus. Dann erblickte der Keiler plötzlich Cato, seine blutunterlaufenen Augen weiteten sich, und er ließ augenblicklich von dem Kadaver ab.
»Oh, verdammt!«, schnaufte Cato und sprang hinter den Rücken des Pferdes zurück. Schon stürmte der Keiler um das Pferd herum auf ihn zu. Mit einem entsetzten Blick über die Schulter rannte Cato, den Speer in der Hand, nach rechts, wo der Wald frei von Unterholz war. Der Keiler schoss wie ein Rammbock mit mordlüsternem Quieken hinter ihm her. Gleich würde er Cato umrennen und ihm den Rücken mit seinen Hauern aufreißen.
Vor ihnen lag ein dicker Baumstamm, eine alte Eiche, die vor vielen Jahren umgefallen und jetzt mit dichtem Moos bewachsen war, das von der Feuchtigkeit glänzte. Mit einem gewaltigen Sprung setzte Cato darüber hinweg und stürzte auf der anderen Seite zu Boden. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr. Er rollte sich auf den Rücken, stieß das Speerende in die Erde und richtete die Spitze zum Baumstamm hin aus. Ein Scharren war zu hören, als der Keiler zum Sprung über den Stamm ansetzte, und dann war er da, riesig, das Gesicht blutig rot, die grässlichen, scharfen Zähne ein weißes Schimmern. Er stürzte sich auf Cato und sprang dabei direkt in die kräftige Spitze des Jagdspeers. Diese drang ein und bohrte sich tief in die Brust des Tieres. Der Aufprall riss den Schaft aus Catos Hand und der Keiler flog im hohen Bogen über ihn hinweg, bevor der Schaft mit einem lauten Krachen zerbarst.
Der Keiler stürzte mit einem Grunzen zu Boden und versuchte unter schrillem, gepeinigtem Quieken wieder auf die Beine zu kommen. Der Speer war kurz vor der Spitze abgebrochen, und der zersplitterte Schaft ragte dicht unter dem Hals des Keilers aus einer blutigen Wunde heraus. Das Tier versuchte, die Speerspitze mit ruckhaften Bewegungen abzuschütteln, sein hervorschießendes Blut bespritzte Moos und Farne. Cato packte das abgebrochene Ende des Schafts und stieß es dem Tier unter Einsatz seines ganzen Körpergewichts tief in die Flanke. Das schrille Quieken wurde noch lauter und Cato bekam einige heftige Tritte der krampfhaft schlagenden Läufe ab. Er beachtete den Schmerz nicht, bohrte den Schaft tiefer in die Eingeweide und riss die Wunde durch heftige Seitenbewegungen der Waffe noch weiter auf. Allmählich erlahmte der heftige Widerstand des Keilers. Mit zusammengebissenen Zähnen erhöhte Cato den Druck noch und zischte dabei: »Stirb doch endlich, du Vieh! Stirb!«
Schließlich schlugen die Läufe nicht mehr gegen seine Beine, sondern erschlafften. Noch war der kurze, stoßweise Atem des Keilers zu hören.
Doch schließlich verstummte das Tier mit einem letzten pfeifenden Keuchen und war tot.
Cato lockerte langsam seine um den Speerschaft geklammerte Hand und ließ sich, zitternd vor Erregung und Erleichterung, auf die Knie fallen. Er hatte es geschafft, er hatte das Tier erlegt und war immer noch am Leben und sogar unverletzt. Mit klopfendem Herzen betrachtete er seine Beute. Jetzt, da der Keiler tot war, wirkte er irgendwie kleiner. Immer noch riesig, aber kleiner als vorher. Die Schnauze war leicht geöffnet und die blutverschmierte Zunge hing zwischen den scharfen Zähnen heraus. Mit einem Schaudern stand der junge Zenturio auf.
»Cato!«, rief Macro ganz aus der Nähe, von dort, wo das tödlich verwundete Pferd lag. Die Sorge in seiner Stimme war unüberhörbar.
»Ich bin hier!«
»Halt durch, Junge! Ich komme.«
Doch plötzlich ertönte ganz in der Nähe ein Schrei,
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