Cato 04 - Die Brüder des Adlers
Boden. Doch sofort stürmten die nachfolgenden Ränge über die verletzten Kameraden hinweg und warfen sich gegen die ovalen Schilde der Wölfe.
»Schwerter ziehen!«, schrie Cato und riss seine eigene Klinge aus der Scheide. Der dreikantige Elfenbeingriff schmiegte sich in seine Hand. Cato schob sich in die zweite Reihe von Figulus’ Zenturie: »Lasst die Schilde oben und bleibt in Reih und Glied!«
Die Salve der Wurfspeere hatte gute Arbeit geleistet und die Feinde rannten nur vereinzelt gegen den Schildwall an, statt ihn in einer einzigen Welle niederzuwalzen. Die erste Hand voll Durotriges, die bei den Wölfen anlangte, wurde mit raschen Schwertstößen empfangen und von allen Seiten niedergemetzelt. Doch dann krachte der Angriff mit voller Wucht in die schmalen Reihen der Atrebates und die Kohorte taumelte zurück. Cato fixierte das wilde Gesicht eines riesigen Kriegers, der zum tödlichen Schwerthieb ausgeholt hatte und direkt auf ihn zuhielt. Der Zenturio ließ ihm keine Gelegenheit zum Schlag, sondern warf sich unter dem Arm des Mannes hindurch und rammte dem Feind das Schwert in die Kehle. Warmes Blut strömte über Catos Arm, als der Krieger in die Knie ging und verzweifelt die Hand auf die riesige Wunde presste. Cato beachtete ihn nicht mehr und fand rasch ein neues Ziel: einen mit einem Speer bewaffneten älteren Krieger. Dieser alte Kämpe hatte zwar nicht die Körperkraft des ersten Angreifers, war dafür aber erfahrener und vorsichtiger. Er täuschte einen Angriff an und stieß, als Cato diesen Vorstoß abwehren wollte, mit der Speerspitze unter Catos Klinge hindurch nach der Brust des Zenturios. Nur eine gefährliche Körperverrenkung rettete Cato vor der vollen Wucht des Stoßes. Auch so wirbelte der an seinem Panzer abgleitende Stoß ihn noch herum und trieb ihm den Atem aus der Lunge. Der alte Krieger zog rasch den Speer zurück, um Cato den Todesstoß zu versetzen, doch da krachte ihm ein Schildbuckel gegen die Schläfe und er brach zusammen.
»Herr!«, rief Figulus und riskierte einen kurzen Blick auf seinen Zenturio. »Verletzt?«
»Nein«, keuchte Cato und schnappte sich den Schild eines seiner getöten Männer, der, den Helm von einem Axthieb gespalten, mit zerschmettertem Schädel zu seinen Füßen lag.
Den Schild schützend erhoben, blickte Cato sich um und sah, dass sich die Kampflinie seiner Kohorte aufgelöst hatte und die Männer in ein verzweifeltes Getümmel geraten waren, ein Hauen und Stechen von Speeren, Schwertern und Äxten. Seine Ohren dröhnten vom Krachen der auf Schilden und Leibern landenden Hiebe, vom metallischen Klirren parierter Angriffe und dem Gebrüll und den schrillen Schreien der Sterbenden. Cato trat zurück und blickte sich um. Auch Macros Leute waren von dem wilden Angriff zurückgetrieben worden, und zwischen den beiden Fronten des verzweifelten Kampfs befanden sich die drei Zenturien, die dem ersten Angriff begegnet waren, in Auflösung, ließen die Waffen fallen und rannten um ihr Leben nach Calleva zurück.
»Vorsicht …«
Figulus’ warnender Schrei rettete Cato, der herumwirbelte, die blitzende Axt auf sein Gesicht zuschießen sah und sich gerade noch rechtzeitig duckte. Die Axt zischte über Catos Kopf durch die Luft und zerhackte die Metallklammer, die seinen Helmbusch hielt. Während der rote Busch aus Pferdehaar neben ihm auf den blutigen Boden fiel, holte Cato mit dem Schwert nach der Kniescheibe des Gegners aus und zertrümmerte Knochen und Sehnen des Gelenks. Dieser Feind würde nie wieder kämpfen, dachte Cato, während er mühsam auf die Beine sprang.
»Cato ist zu Boden gegangen!«, schrie jemand in der Nähe. »Der Zenturio ist tot!«
»Nein!«, brüllte Cato. Doch es war schon zu spät. Der Ruf wurde von allen Seiten aufgenommen und die Überreste der Kohorte brachen auseinander. Einen Moment lang stand Cato noch Seite an Seite mit Figulus, den Schild erhoben und das Schwert stoßbereit, doch die Durotriges ließen die beiden stehen und stürzten sich auf die Fliehenden, die ihnen den ungeschützten Rücken zukehrten. Das war das Schlechteste, was die Atrebates tun konnten. Ein Mann, der sich dem Feind mit der Waffe in der Hand stellte, war weit sicherer als einer, der Schwert und Schild fallen ließ und um sein Leben rannte. Doch das erste Opfer der Panik ist immer die Vernunft, und die Fliehenden wurden von einem animalischen Flucht- und Überlebensinstinkt angetrieben, der sinnlos und dumm war.
»Lass uns von hier verschwinden!«,
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