Cato 04 - Die Brüder des Adlers
Blut spritzte heraus und Artax kniff vor Schmerz die Augen zusammen. Den letzten Stoß rammte Cato dem Gegner in die Lenden, und Artax krümmte sich und ging mit einem tiefen Stöhnlaut zu Boden.
Entsetzt von dieser plötzlichen Wendung verstummten die Atrebates. Cato stand hoch aufgerichtet da und trat von seinem besiegten Gegner zurück. Er blickte sich zu den Freiwilligen um und hob den Kampfstab.
»Eben habe ich euch gesagt, ein paar Zoll Spitze sind gefährlicher als eine noch so lange Schneide. Da habt ihr den Beweis.« Er deutete auf Artax, der auf dem Boden lag und sich krümmte.
Es folgte ein Moment unbehaglichen Schweigens, doch dann grüßte einer der Krieger Cato mit erhobenem Stab. Ein anderer stieß einen Hochruf aus und bald jubelte die ganze Gruppe von Fechtschülern ihm zu. Cato blickte unverwandt zurück, zunächst herausfordernd, doch dann lächelte er. Sie hatten die Lektion begriffen. Er ließ den Jubel noch eine Weile zu und winkte dann mit beiden Händen ab.
»Ausbilder! Weiter geht’s!«
Während die Atrebates mit ihren Schwertübungen fortfuhren, hievten zwei Männer aus dem Gefolge des Königs Artax auf sein Pferd und hielten ihn dort fest, während Verica wieder aufsaß. Dann lenkte der König sein Pferd zu Cato hinüber und lächelte ihm zu.
»Meinen Dank, Zenturio. Das war äußerst – lehrreich. Ich bin mir sicher, dass meine Männer in guten Händen sind. Gib mir Bescheid, wenn ich dir irgendwie helfen kann.«
Cato neigte den Kopf. »Danke, Majestät.«
8
In den nächsten Tagen erhielten die Rekruten jeden Tag Unterricht in den Grundregeln des Schwertkampfs. Cato hatte veranlasst, dass am Rande des Exerzierplatzes eine Reihe dicker Holzpfosten eingerammt wurde, und wenn die Rekruten daran das Fechten übten, hallte der monotone Rhythmus der dumpfen Schläge durchs ganze Lager. Die fortgeschritteneren Fechter wurden paarweise eingeteilt und lernten die korrekte Folge von Angriff und Verteidigung im Kampf Mann gegen Mann.
Cato ging zusammen mit Tincommius die Ausbildungsgruppen ab, um die Fortschritte zu verfolgen und seine Männer kennen zu lernen. Langsam wurde ihm mit Hilfe des atrebatischen Edelmannes der örtliche Dialekt vertrauter, und er entdeckte zu seiner Freude, dass er sich gar nicht so sehr vom Keltisch der Iceni unterschied, das er zu Beginn des Jahres aufgeschnappt hatte. Und mit Ausnahme von Bedriacus reagierten die Rekruten ihrerseits schon recht flüssig auf lateinische Kommandos. Darauf hatte Macro bestanden; wenn die Männer erst einmal dem Feind gegenüberstanden, war an Übersetzung nicht mehr zu denken.
Je mehr Cato von Bedriacus zu sehen bekam, desto hoffnungsloser erschien ihm der Fall. Wenn es diesem Mann nicht gelang, die grundlegenden Regeln militärischen Lebens zu begreifen, würde er seinen Kameraden eher eine Last denn eine Hilfe sein. Doch Tincommius beharrte darauf, dass der Jäger seinen Wert noch beweisen würde.
»Du hast ihn nicht bei der Arbeit gesehen, Cato. Der Mann kann jeder Spur folgen. Und mit dem Messer ist er unbesiegbar.«
»Mag sein, aber wenn er nicht lernt, wie man in einer Formation bleibt und die richtige Folge von Schlägen ausführt, können wir ihn nicht gebrauchen. Wir kämpfen schließlich gegen Männer und nicht gegen Tiere.«
»So manch einer hält die Durotriges für schlimmer als Tiere«, entgegnete Tincommius achselzuckend. »Du hast ja gesehen, wie sie unser Volk behandeln.«
»Ja«, antwortete Cato leise. »Ja, das habe ich … War das schon immer so?«
»Erst, seit sie unter dem Einfluss der Druiden des Dunklen Mondes stehen. Seitdem kapseln sie sich zunehmend von den anderen Stämmen ab. Caratacus’ Verbündete sind sie nur, weil sie Rom noch mehr hassen als alles andere. Falls die Legionen Britannien verlassen, werden die Durotriges über ihre Nachbarstämme herfallen, bevor noch euer letztes Segel am Horizont verschwunden ist.«
»Falls wir Britannien verlassen?« Der Gedanke belustigte Cato. »Hältst du das denn für denkbar?«
»Die Zukunft steht in Staub geschrieben, Cato. Der leiseste Lufthauch kann sie ändern.«
»Sehr poetisch«, gab Cato zurück. »Doch Rom haut seine Zukunft in Stein.«
Tincommius lachte einen Moment lang über die schlagfertige Entgegnung, wurde dann aber schnell wieder ernst. »Ihr haltet euch wirklich für ein vom Schicksal auserwähltes Volk, nicht wahr?«
»Das bringt man uns von der Wiege an bei, und die Geschichte hat es noch nicht widerlegt.«
»Das könnte man
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