Cato 05 - Beute des Adlers
der Standarte und machte sich bereit, jeden Moment in sein Instrument zu stoßen. Macro ging auf ihn zu.
»Zum Sammeln blasen!«
Als die tiefen Töne durch die Zeltreihen schallten, traten die übrigen Männer ins Tageslicht und wateten durch den Schlamm, um sich vor dem Festungswall aufzustellen. Die Centurionen bauten sich vor ihren Soldaten auf, und die Optios zählten schnell durch. Macro übernahm Catos Centurie, die nun sowohl ihren Centurio als auch ihren Optio verloren hatte.
Kurz darauf erstatteten die Offiziere Maximius Bericht.
»Außer Figulus fehlt niemand? Aber die Wachen haben doch von zwei Männern gesprochen.«
»Vielleicht haben sie doppelt gesehen?« Macro grinste. »Haben möglicherweise zu tief in den Weinschlauch geschaut.«
»Betrunken haben sie nicht gewirkt«, murmelte Centurio Tullius.
»Nein«, pflichtete Maximius bei. »Waren sie auch nicht. Allem Anschein nach ist derjenige, der den Gefangenen geholfen hat, im Lager geblieben. Er ist immer noch hier.«
»Nicht unbedingt, Herr«, sagte Macro. »Könnte es nicht einer der Sklaven gewesen sein.«
»Ja, stimmt. Lasst die Sklaven durchzählen.«
Während sie warteten, bemerkte Macro, dass sein Vorgesetzter den hereinbrechenden Morgen zu fürchten schien. Plötzlich wusste er, warum, und warf einen Blick auf das Hauptlager.
»Der Legat wird jeden Moment eintreffen.«
Maximius schnaubte und lachte ein kurzes, bitteres Lachen. »Der Legat, der General und die ersten Kohorten jeder Legion. Wir werden zum Gespött der ganzen Truppe.«
»Ich bezweifle, dass der Legat das so lustig finden wird«, fügte Centurio Tullius hinzu. »Wahrscheinlich wird er sich unsere Eier zum Frühstück brutzeln.«
Macro nickte. »Wenn wir Glück haben.«
In diesem Augenblick erklangen die Bucinas vom anderen Flussufer. Sie verkündeten den Wachwechsel und den offiziellen Tagesbeginn. Einen Moment später antworteten die Trompeter der Zweiten Legion mit lauterem Schall. Maximius und seine Offiziere tauschten nervöse Blicke aus; nun würden die Kohorten, die den Hinrichtungen beiwohnen sollten, in ihre Tuniken schlüpfen und die Rüstungen umschnallen. Wenn man mit einrechnete, dass sie sich aufstellen, den Fluss überqueren und auf dem freien Feld vor dem Erdwall Position beziehen mussten, blieben Maximius und seinen Männern noch etwa eine halbe Stunde, bevor sie die Wahrheit beichten mussten. Dann würde der Zorn der höherrangigen Offiziere wie eine Granitlawine über sie hereinbrechen.
»Legat im Anmarsch!«, rief der Optio am Haupttor. »Ehrengarde, stillgestanden!«
Maximius ließ die Schultern sinken. Er musste dem Legaten ohne Gnadenfrist gegenübertreten. Einen Augenblick lang hatte Macro Mitleid mit ihm und fast ein schlechtes Gewissen, weil er beim Ausbruch geholfen hatte. Aber dann erinnerte er sich, dass der Kohortenkommandant die alleinige Verantwortung dafür trug, dass sie in diese missliche Lage geraten und dass Cato und die anderen unrechtmäßig zum Tode verurteilt worden waren. Macros Miene verhärtete sich, und eine tiefe Verachtung für den Kohortenkommandanten machte sich in seinem Herzen breit.
Der Optio befahl, das Tor zu öffnen, dann rannte er vom Torhaus herunter, um sich vor den Männern zu postieren, die hinter dem Lagereingang Spalier standen. Die Holzbohlen ächzten, als die Torflügel aufgeschoben wurden, und schon ritt der Legat mit seinem Stab durch den Schlamm an ihnen vorbei.
Maximius wischte sich das Haar aus dem Gesicht und blinzelte Regentropfen aus seinen Augen. »Am besten, wir bringen es gleich hinter uns. Folgt mir.«
Die Centurionen der Dritten Kohorte marschierten entschlossen auf das Tor zu. Alle fürchteten sich vor der Reaktion des Legaten auf die Nachricht, dass die zum Tode Verurteilten entkommen waren. Es fiel gerade genug Regen, um die Stimmung weiter zu drücken und ihr Unglück aufs Trefflichste zu untermalen.
Vespasian musterte kurz die Ehrengarde und nickte zufrieden. Ein, zwei Dreckspritzer über den schlammverkrusteten Stiefeln, mehr nicht – das war durchaus annehmbar. Er wandte sich dem Optio zu.
»Sehr gut. Lass sie abtreten.«
»Herr!« Der Optio salutierte, drehte sich zackig um und bellte den Befehl, als ob die Männer nicht in Hörweite, sondern auf dem Exerzierplatz verstreut wären. Die Legionäre standen stramm, und sobald der Befehl zum Wegtreten gegeben wurde, suchten sie so schnell wie möglich Schutz vor dem Regen.
Der Legat schwang sich aus dem Sattel und landete federnd
Weitere Kostenlose Bücher