Cato 08 - Centurio
Cato sah trotz der Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen starr zur Tür. Schließlich beendete Julia ihre Arbeit und knotete den Faden mit einem scharfen Ruck zu. »Fertig, Präfekt.«
Cato nickte dankend und wandte sich zum Gehen, froh, dieser Frau entkommen zu können. Als er bei der Tür ankam, rief sie ihm nach:
»Dann also bis zur nächsten Wunde.«
Cato brachte hierauf nur ein »Hmmmpf« zustande, bevor er den Raum verließ und in den Korridor trat. Draußen schickte der Chirurg gerade eine Gruppe von Männern los, die tägliche Wasser- und Essensration für seine Patienten abzuholen. Er blickte auf, als Cato näher kam, und zog eine Augenbraue hoch.
»Fühlst du dich besser, Herr?«
»Besser?« Cato stockte. »Natürlich nicht. Es ist eine Schwertwunde, keine verdammte Erkältung.«
»Und dennoch schafft es eine Frau wie sie, einen Mann von seinen Schmerzen abzulenken«, erklärte der Chirurg.
»Oh, ja.« Cato nickte mit bitterem Lächeln. »Ich konnte es kaum erwarten, von ihr wegzukommen.«
Der Chirurg blickte verwirrt. »Ich wollte nicht …«
Aber Cato marschierte schon weiter und dachte mit finsterer Miene über die Aussicht nach, in Gesellschaft einer irritierend arroganten Tochter der römischen Aristokratie in der Zitadelle eingeschlossen zu sein. Als wäre ihre Hochnäsigkeit nicht schon schlimm genug, sah sie auch noch so gut aus, dass die in der Zitadelle zusammengedrängten Offiziere und Politiker sie als eine Augenweide betrachten würden. Dieser Gedanke überkam ihn von einem Moment auf den anderen, und als Cato noch etwas länger darüber nachdachte, musste er zugeben, dass die Tochter des Botschafters wirklich attraktiv war – sogar schön.
»Schön«, murmelte er verdrossen vor sich hin. Was spielte es schon für eine Rolle, wie sie aussah? Sie war ein Ärgernis und bestenfalls hübsch anzusehen. Und schlimmstenfalls? Er spürte plötzlich eine leichte Wärme in seiner Brust aufsteigen und schlug sich mit der Faust gegen den Oberschenkel, während er losging, um Macro zu suchen.
Lucius Sempronius blickte auf, als die beiden Offiziere den kleinen Raum betraten, der ihm vom Kammerherrn des Königs zugewiesen worden war. Er hätte als Botschafter
des Kaisers Claudius eigentlich Anspruch auf etwas Besseres gehabt, aber die Überfüllung der Zitadelle führte dazu, dass diplomatische Artigkeiten unter den Tisch fallen mussten. Sein kleiner Mitarbeiterstab drängte sich draußen im Korridor, der gleichzeitig als Büro und als Schlafsaal diente. Macro lächelte, als er und Cato an dem dicht gedrängten Haufen junger Aristokraten vorbeigingen, die dazu gezwungen waren, sich mit dem primitiven Leben an der Seite der Schreiber und Leibwachen des Botschafters zu arrangieren. Es würde ihnen guttun, ein paar harte Erfahrungen zu machen, ehe sie durch die Ränge der kaiserlichen Bürokratie aufstiegen. Vorausgesetzt natürlich, dass sie diese Belagerung überlebten, dachte er, und das Lächeln verging ihm.
Sie traten auf den Botschafter zu und blieben stehen.
»Centurio Macro und Präfekt Cato erstatten Bericht, Herr.«
Der Botschafter deutete mit einer Kopfbewegung auf die Sitzgelegenheiten vor dem Tisch, der ihm als Schreibtisch diente. »Ihr seht erschöpft aus. Kein Wunder, wenn man bedenkt, was ihr in den letzten Tagen und Nächten durchgemacht habt.« Er lächelte Cato an. »Habt vielen Dank. Das Eintreffen eurer Truppe hat dem König und seinen Unterstützern neue Hoffnung gegeben. Vor eurem Auftauchen hatte ich Bedenken, dass sie sich ergeben würden. Jetzt aber können sie sehen, dass Rom seine Freunde nicht im Stich lässt. Dennoch …« Sempronius hielt inne und senkte die Stimme. »Das Eintreffen von Prinz Balthus sehe ich mit gemischten Gefühlen. Er ist nicht der Lieblingssohn des Königs. Diese Ehre liegt bei Prinz Artaxes.«
»Artaxes?« Macro blickte verwirrt drein. »Der Aufständische? Der Sohn, der gemeinsame Sache mit den Parthern macht?«
»Ebender.« Sempronius nickte. »Vabathus hat den jungen Schuft abgöttisch geliebt. Er war den Fehlern des Prinzen gegenüber blind, und obgleich der Kammerherr schon einige Monate vor dem Ausbruch der Revolte von dem Verrat erfahren hatte, verwarf der König diese Berichte und weigerte sich, Maßnahmen gegen Artaxes zu ergreifen. Selbst als die Aufständischen sich gegen ihn erhoben, wollte der König nicht glauben, dass Artaxes dahintersteckte. Er sagte, Artaxes sei gegen seinen Willen gezwungen worden, die
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