Cato 09 - Gladiator
ausgeben lassen, also wird es wenigstens so aussehen, als ob wir genug Kämpfer hätten, um ordentlich Widerstand zu leisten. Wenn Ajax den Bluff durchschaut und angreift, ziehen wir uns zur Akropolis zurück und verschanzen uns dort. Das sollte genügen.«
»Hoffentlich.«
Macro bemerkte die bekümmerte Miene seines jungen Freundes. »Du machst dir Sorgen um Julia.«
»Ja, sicher.«
»Ich werde auf sie aufpassen. Wenn die Akropolis zu fallen droht, werde ich tun, was ich kann, um sie zu in Sicherheit zu bringen.«
»Und wenn dir das nicht gelingt?«
»Dann werde ich sie so lange beschützen, bis man mich in Stücke haut.«
Cato schwieg einen Moment. »Ich möchte nicht, dass ihr etwas Schlimmes zustößt. Wenn es so aussieht, als würden die Sklaven sie lebend in die Hände bekommen …«
»Hör mal, Cato«, setzte Macro unbeholfen an. »Ich bin nicht darauf vorbereitet, zu verhindern, dass sie ihnen in die Hände fällt. Wenn du das meinst.« Er räusperte sich. »Es sei denn, du erwartest das von mir.«
»Nein. Das würde ich weder von dir noch von sonst jemandem verlangen. Das ist allein deine Entscheidung.«
»Ja, da hast du wohl Recht.« Macro stocherte mit seinem Stock in einem Riss im Mauerwerk. »Sie ist tapfer und auch stolz. Sollte es zum Schlimmsten kommen, wird sie das Richtige tun.«
Cato krampften sich die Eingeweide zusammen. Die ganze Unterhaltung mutete ihn unwirklich an. Sie unterhielten sich ruhig und gelassen, als sprächen sie über ein ganz gewöhnliches, rein praktisches Problem. Die Vorstellung, die hilflose, verängstigte Julia wäre der gesichtslosen Wut rachsüchtiger Sklaven ausgeliefert, erfüllte sein Herz mit einem Schmerz, wie er ihn noch nie empfunden hatte. Aber die Vorstellung, sie könnte sterben, um einem noch schlimmeren Schicksal zu entgehen, war schier unerträglich. Am liebsten hätte er die Reise nach Alexandria abgesagt und wäre in Gortyna geblieben, um Julia zu schützen. Der Legat von Ägypten würde ihnen die benötigten Truppen vermutlich sowieso nicht zur Verfügung stellen. Das Ganze war ein Himmelfahrtskommando.
Um seiner wachsenden Besorgnis Herr zu werden, atmete er tief durch, stieß sich von der Wand ab und straffte sich. »Also, dann wollen wir hoffen, dass es gar nicht erst so weit kommt. Ich komme so bald wie möglich zurück.«
Sie verschränkten die Arme zum Gruß, dann nickte Macro zum Verwaltungsgebäude hinüber. »Hast du dich schon von Julia verabschiedet?«
»Nein. Das habe ich aufgeschoben. Ich weiß nicht, auf wen sie zorniger ist, auf mich, weil ich fortgehe, oder auf ihren Vater, weil er mich fortschickt.«
Macro lachte mitfühlend und klopfte Cato auf die Schulter. »Ich habe dich gewarnt, mein Sohn. Ein Soldat sollte sich niemals zu eng an das schöne Geschlecht binden. Das lässt ihn verzagen und lenkt ihn von anderen Dingen ab.«
»Wohl wahr«, meinte Cato. »Wo du Recht hast, hast du Recht. Aber jetzt muss ich los.«
Er salutierte spöttisch. »Die Todgeweihten grüßen dich!«
Macro lachte, dann wandte Cato sich ab und folgte der Mauer bis zum Pförtnerhaus, wo sich ein paar Hilfssoldaten bemühten, ein altes Wurfgeschütz aufzustellen, das sie in der Waffenkammer der Akropolis entdeckt hatten.
Cato kletterte von der Befestigung hinunter und näherte sich bedrückt dem Verwaltungsgebäude. Julia war in ihrem Arbeitszimmer und beugte sich über einen Tisch voller Wachstafeln. Bei Catos Eintreten sah sie nicht auf.
»Was willst du?«
Cato schluckte nervös. »Ich möchte mich von dir verabschieden.«
»Ist das alles?«, erwiderte sie leise, den Kopf noch immer gesenkt. »Nun, das hast du hiermit getan, dann kannst du jetzt gehen.«
Cato stand im Eingang, hin und her gerissen zwischen seinem Drang, der heiklen Situation zu entfliehen, und dem Wunsch, Julia nie wieder allein zu lassen. Dann blitzte etwas im durchs Fenster einfallenden Sonnenschein auf, und ihm wurde bewusst, dass es eine Träne war. Sogleich füllte sich sein Herz mit tiefem Mitgefühl, und er eilte zu ihr, legte ihr den Arm um die Schulter und hauchte ihr einen Kuss auf den Hinterkopf.
»Julia, mein Schatz, nicht weinen.«
»Ich weine nicht«, murmelte sie, obwohl sie am ganzen Leib zitterte. »Überhaupt nicht.«
Cato zog sie sanft vom Stuhl hoch, schloss sie in die Arme und drückte sie an seine Brust. Julia barg das Gesicht in den Falten seines Umhangs.
»Es ist so ungerecht … Wir sollten gar nicht hier sein. Wir sollten längst in Rom sein und
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