Cato 11 - Die Garde
nächstgelegenen Tor, das mit einem schweren Eisenriegel gesichert war. Ein Blick in die Runde ergab, dass auch die anderen Tore verriegelt waren. Cato packte an und drückte. Mit großer Mühe ließ sich der Riegel unter lautem Quietschen verschieben. Cato hielt sogleich inne.
»Mist .«
»Ganz ruhig, Mann « , sagte Macro. »Bei dem Lärm da draußen fällt das nicht weiter auf. Und wir können den Riegel schön langsam verschieben .«
Sie packten den Eisenriegel gemeinsam und begannen wieder zu drücken. Mit einem leisen Schleifgeräusch bewegte er sich und glitt aus der Halterung hervor. Da Cato fürchtete, die Angeln könnten quietschen, zog er das Tor vorsichtig gerade so weit auf, dass er und Macro durch die Öffnung schlüpfen konnten. Ein schmaler Lichtstreifen fiel auf leeren Steinboden und warf lange Schatten vor den beiden Männern, die langsam eintraten und sich blinzelnd in der Dunkelheit zu orientieren versuchten. Der Lagerraum war groß, etwa achtzig Fuß tief und halb so breit. Die Balkenkonstruktion des mit Ziegeln gedeckten Daches befand sich ziemlich hoch über ihnen. Die zwei Schlitze in der Wand, die Licht und Luft durchließen, waren so schmal, dass sich nicht einmal ein Kind hätte hindurchzwängen können.
Cato bückte sich und kratzte etwas Staub und ein paar Getreidekörner am Boden zusammen. »Sieht so aus, als wäre hier Getreide gelagert worden .«
Macro nickte und schaute sich um. »Wenn jeder Lagerraum hier so groß ist, dann müsste genug Getreide hier gewesen sein, um Rom monatelang zu ernähren. Schauen wir uns mal den nächsten an .«
Sie arbeiteten sich um den Hof herum vor, doch alle Lagerräume waren leer. In der Hofecke fanden sie ein paar Seile, Blöcke und Flaschenzüge für das Entladen schwerer Lasten und einen Haufen zerrissener, schmutziger Säcke. In allen Räumen gab es Hinweise darauf, dass hier vor kurzem Getreide gelagert worden war. Als sie das letzte Tor geschlossen hatten, ging Cato zur Hofmitte und verschränkte stirnrunzelnd die Arme.
»Wo ist das ganze Getreide abgeblieben ?«
»Cestius ist wohl zu dem Schluss gekommen, dass es hier nicht sicher ist « , überlegte Macro laut. »Er hat damit gerechnet, dass Narcissus und dessen Agenten herausfinden würden, wo das Getreide gelagert wird. Deshalb hat man es weggebracht .«
»Ohne dass jemand etwas bemerkt hat? So viel Getreide schafft man nicht einfach fort, ohne dass es Aufmerksamkeit erregt .«
»Es sei denn, man transportiert es in kleinen Mengen. Dann fällt es nicht weiter auf .«
Cato überlegte. Es war undenkbar, dass Cestius den ganzen Getreidevorrat in der verfügbaren Zeit in kleinen Chargen verlagert hatte. Außerdem stellte sich noch eine andere Frage. »Wo hat er das alles hingebracht ?«
»Vielleicht in ein anderes Lager ?«
»Das hätte jemand bemerkt .«
»Dann hat er die einzelnen Lieferungen mit Lastkähnen flussabwärts nach Ostia geschafft, sobald sie hier eingetroffen sind .«
»Das wäre möglich. Aber wieso finden sich dann in allen Lagerräumen Getreidereste? Für mich sieht das so aus, als wären sie alle voll gewesen, bevor man das Getreide fortgeschafft hat. Aber warum … ?« Cato kaute auf der Unterlippe. »Sie müssen Sorge gehabt haben, dass es entdeckt werden könnte. Wollten wohl kein Risiko eingehen. Schließlich haben wir den Ort auch recht schnell gefunden. Jedenfalls bin ich mir sicher, dass sich das Getreide noch immer in Rom befindet .«
»Aber wo, Klugscheißer ?«
»Das ist die Frage .« Cato musterte die schweigenden Wände des Lagerhauses. »Es muss sich an einem ganz ähnlichen Ort befinden .«
»Cato, es gibt bestimmt Dutzende Lagerhäuser allein auf dieser Seite des Flusses. Ganz zu schweigen von denen am anderen Ufer des Tiber, den Lagerhäusern hinter dem Forum und den anderen Märkten der Stadt. Die können wir nicht alle durchsuchen .«
»Jedenfalls nicht, ohne die gegnerische Seite auf uns aufmerksam zu machen « , räumte Cato ein. »Sobald die Wind davon bekommen, dass wir ihnen auf den Fersen sind, werden sie zuschlagen .«
»Also, was machen wir jetzt ?«
Cato seufzte. »Wir bitten Septimus, Narcissus Bericht zu erstatten, was sonst? Und jetzt lass uns von hier verschwinden .«
Sie gingen zu einem Handkarren, der neben dem Tor an der Mauer stand. Macro kletterte hinauf und hob Cato wie zuvor an der Mauer hoch. Vorsichtig spähte er zu dem Wächter hinüber, der wieder auf seinem Hocker saß, immer noch mit seiner Mahlzeit beschäftigt.
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