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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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dich sorgen solltest, du dummes Huhn!, schalte sie sich streng. Du bist erst seit sieben Monaten mit diesem Mann verheiratet, und fast sechs davon ist er jetzt weg. Meinst du nicht, es wäre etwas sinnvoller, deine Zeit mit der Frage zu verbringen, ob Merlin nun ein Dämon ist oder nicht, statt ständig darüber nachzudenken, wie sehr du doch den Mann vermisst, den du eigentlich noch gar nicht richtig kennen gelernt hast?
    Zweifellos! Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Sie hatte sich, was Merlin Athrawes anging, einiges an Sorgen gemacht. Auch Erzbischof Maikel hatte seine Kaiserin nicht zu beruhigen vermocht. Sharleyan war enorm erleichtert gewesen darüber, dass der Erzbischof sofort bestätigte, schon geraume Zeit die Wahrheit über Captain Athrawes gekannt zu haben. Staynair lehnte es aber ab, mehr von dieser Wahrheit zu verraten, bevor sie nicht mit Merlin und Cayleb darüber gesprochen hätte. Das war höchst frustrierend gewesen. Doch Sharleyan hatte allerdings zugeben müssen, dass es unter den gegebenen Umständen sinnvoll war. Dass Staynair aufrichtig glaubte, Merlin sei weder ein Dämon noch ein Engel, bedeutete jedoch nicht notwendigerweise, dass der Erzbischof mit dieser seiner Überzeugung auch Recht haben musste. Trotzdem, sagte sich Sharleyan, wenn Maikel bereit war, sich an die alte Weisheit ›im Zweifel für den Angeklagten‹ zu halten, dann sollte sie selbst doch wenigstens in der Lage sein, sich anzuhören, was der Seijin zu sagen hatte. Umgeben von Rauch, Blut und Leichen hatte sie Merlin gegenüber nach dem misslungenen Mordanschlag einen weiteren guten Grund ja schon eingestanden: Ohne ihn wäre sie zweifellos tot wie all die anderen, die tapferen und treuen Männer ihrer Leibgarde.
    Sharleyans Augen umwölkten sich. Sie spürte, wie ihre Unterlippe zitterte, als sie an die Männer denken musste, die ihr Leben dafür gegeben hatte, das ihre zu retten. Sie hatten ihre Pflicht getan genau wie sie selbst. Das wusste sie. Aber es vertrieb die Gesichter nicht, vertraut gewordene Gesichter, die sie fragend anzublicken schienen, und auch nicht all die traurigen Gesichter der Ehefrauen, der Kinder, der Mütter und Väter, Schwestern und Brüder ...
    Hör auf!, mahnte sie sich im Stillen und versuchte die Tränen in ihren Augen zu ignorieren. Du kannst sie nicht ins Leben zurückholen. Du kannst nur dafür sorgen, dass ihr Tod nicht vergebens war. Du bist eine Kaiserin, also verhalte dich auch wie eine Kaiserin! Du weißt, wer deinen Tod herbeiführen wollte - du weißt, wer deine Gardisten getötet hat. Halcom mag ja tot sein, Merlin sei dank, aber es gibt dort draußen noch Dutzende weitere Halcoms, die keinen Deut besser sind als er. Jetzt hast du einen weiteren Grund, sie keinesfalls gewinnen zu lassen!
    Das stimmte, ja, aber dennoch gab es Momente, in denen Sharleyan das Gefühl übermannte, machtlos zu sein, schwach. In denen die Pflichten, die Verantwortung und die Schuld dräuend vor ihr aufragten und ihr groß genug erschienen, selbst einen der Erzengel zu überwältigen. Es gab Momente, in denen Sharleyan nur noch nach einer Möglichkeit suchte, Pflicht und Verantwortung jemand anderem auf die Schultern zu laden. Sie wollte dann unbeschwert leben dürfen wie ein Kind, dem man nicht die Kindheit gestohlen hatte wie ihr. Gewiss hatte doch auch sie ein Anrecht darauf, dass es in ihrem Leben etwas gab, das nur ihr allein gehörte, etwas, das nicht das Eigentum von Chisholm war oder von Charis. Nur ihr ganz allein!
    Und deswegen denkst du auch pausenlos an Cayleb, dachte sie. Weil er dir gehört. Er gehört dir nicht voll und ganz, ebenso wenig wie du ganz ihm gehörst. So wie er dich, musst du ihn mit anderen teilen, um die es sich zu kümmern gilt, für die es Verantwortung zu tragen gilt. Doch die Heilige Schrift lehrt, dass dem, dem viel abverlangt wird, auch viel gegeben wird. So ist es dir nie erschienen, seit Vater tot ist ... bist jetzt.
    Jetzt zitterten ihre Lippen nicht mehr. Stattdessen umspielte ein Lächeln sie. Eine Staatsheirat, gewiss, aber zugleich doch so viel mehr! Wie von Zauberhand wurde Sharleyan das Herz leichter, als sie sich an Caylebs Lächeln erinnerte. Wie süß sein Kuss doch schmeckte! Was für ein wunderbarer Zauber lag doch in seiner Berührung und wie willig, beinahe atemlos, ihr eigener Körper darauf reagierte! Erzbischof Maikel hatte gesagt, eine wahre Heirat sei das Teilen von Bürde und Aufgaben, aber die Vereinigung zweier Herzen, die Vereinigung des

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