Cedars Hollow (German Edition)
Lächeln hatte etwas Schelmisches.
„Schlaft ihr in Särgen?“
Jetzt lachte er wieder. „Nein.“
„Aber ihr seid Gestaltwandler.“
Sein Körper versteifte sich. „Kann schon sein.“
„Was soll das heißen? Willst du mir jetzt die Wahrheit erzählen o der nicht?“
Er seufzte. „Ja, es stimmt. Das ist aber auch die einzige Theorie, mit der Bram Stoker Recht hatte.“
„Und du kannst dich in einen Raben verwandeln?“, fragte ich, froh darüber, dass er immer noch aufrichtig war.
Er nickte. „Für gewöhnlich verwandeln wir uns in Tiere, d e nen wir irgendwie ähnlich sind.“
„Kann Dave sich auch verwandeln?“ Jetzt war ich nicht mehr zu bremsen. Es war wirklich seltsam, dass unser Gespräch etwas in me i nem Inneren beruhigt hatte. Ich wollte nicht mehr aufhören zu reden, was sehr ungewöhnlich für mich war. Z u friedenheit. Wann hatte ich mich zum letzten Mal so gefühlt?
„Ja, in einen Wolf.“
Ich holte tief Luft und schloss für einen Moment die Augen.
„Was ist?“, fragte Corvus.
„Ich habe davon geträumt“, flüsterte ich. „Von einem Raben und einem Wolf.“
Corvus betrachtete mich aufmerksam. „Eine Vorahnung?“
„Ich weiß nicht.“
Ich spürte seinen Blick auf mir, was mich befangen machte. Vie l leicht bemerkte er das, denn er wandte sich von mir ab, als hätte ich ihn bei etwas ertappt.
„Ist Raphael auch ein Vampir?“, fragte ich, als ich an den Fremden von gestern dachte.
„Ja. Er hat nach dir gesehen.“
„Gibt es noch mehr Vampire hier in der Stadt, von denen ich wi s sen sollte?“
Er lächelte. „Außer unserer Gruppe und Dave nicht.“
„Eurer Gruppe?“
„Wir sind zu viert: Raphael, Damon, Baltazar und ich. Möchtest du die anderen kennenlernen?“
Bei dem Gedanken an eine Gruppe von Vampiren wurde mir ein bisschen mulmig. Ich zögerte etwas mit der Antwort.
„Okay, das war keine so gute Idee“, sagte Corvus. „Gewöhn dich erst mal an den Gedanken, dann kann ich dir die anderen vorstellen.“
Ich nickte. „Danke, Corvus.“
„Wofür?“ Er schien ehrlich überrascht zu sein.
Ich musste lächeln. „Dafür, dass du mir das alles erzählt hast.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust, atmete seufzend aus und drehte sich wieder in meine Richtung. „Ich musste es dir erzählen, aber ich habe es nicht gern gemacht.“
Er hatte mir diese Dinge also nicht erzählt, um mir einen Gefallen zu tun, sondern vermutlich nur, um selbst besser d a zustehen. Ich schluckte meine Enttäuschung hinunter und schlang die Arme um meine angewinkelten Knie.
„Es gibt doch eine Möglichkeit, dir zu beweisen, dass ich ein Va m pir bin“, sagte er nach einer Weile mit leiser Stimme.
„Nein“, sagte ich und suchte seinen Blick. „Ich glaube dir auch so.“ Das war nicht die ganze Wahrheit. Eigentlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich überhaupt einen Beweis wollte. Allein die Möglichkeit, dass es so etwas wie Vampire auf der Welt geben kön n te, gab mir genug Stoff zum Nachdenken.
„Gib mir deinen Ring.“
Ich betrachtete den schlichten Silberring an meinem Finger, den meine Mom mir zu meinem vierzehnten Geburtstag g e schenkt hatte und den ich seitdem immer bei mir trug. Zöge r lich streifte ich ihn ab.
Corvus zog ein Taschentuch aus der Hosentasche seiner schwarzen Jeans, nahm es in die Hand und griff dann mit der von dem Tuch bedeckten Hand nach dem Ring. Er sah mich an, als wollte er mir lediglich einen kleinen Zaubertrick vorfü h ren.
„Wenn ein Vampir Silber berührt, ist das nicht so wie bei euch Menschen. Für einen Wiedergänger hat die Berührung mit Silber Folgen.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem grimm i gen Lächeln.
„Du musst mir das nicht zeigen.“, sagte ich erschrocken.
„Ich möchte es dir aber gerne zeigen“, entgegnete er en t schlossen. „Damit du weißt, mit wem du es zu tun hast.“
Und dann presste er den Ring fest auf seinen rechten, makellos weißen Handrücken. Ein Zischen war zu hören, und mir stieg der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase.
„Hör auf damit!“
Er lächelte noch immer und schüttelte langsam den Kopf. Erst nach einigen Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vork a men, nahm er den Ring von seinem Handrücken. Eine glänzende, ringförmige Brandwunde überzog seine Haut und hob sich erschreckend rot von ihr ab.
„Was sollte denn das?“, rief ich schockiert. „Bist du verrückt g e worden?“ Es behagte mir kein bisschen, dass er das nur g e macht
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