Cedars Hollow (German Edition)
Damon, Baltazar und R a phael sich verwandeln konnten, also fragte ich nach.
„Ich bin ein Hermelin“, sagte Raphael. „Nicht besonders kräftig, dafür aber sehr schnell und fies.“ Er lächelte.
„Damon ist ein Fuchs“, sagte Corvus und rieb sich das Kinn. „Passt ganz gut zu ihm, oder?“
Diese Vorstellung entsprach tatsächlich genau dem Bild, das ich von Damon hatte. Der Fuchs war das Tier, das am besten zu ihm passte.
„Und Baltazar ist eine Schlange“, schloss Raphael.
Das erklärte die Reptilienaugen und seine Undurchschaubarkeit. Baltazar war von ihnen ganz klar der, der mir am unhei m lichsten war.
Es wurde ein langer Abend, und ich bemerkte zu meiner Überr a schung, dass es in Corvus’ und Raphaels Anwesenheit ganz einfach war, entspannt zu sein. Corvus interessierte sich für alles in meinem vergleichsweise unspektakulären Leben: meine Schule, die Musik, die ich gerne hörte, meine Liebling s filme, die Orte, die ich gerne sehen wollte, und meine anderen Interessen. Es schien ihn nicht zu stören, dass Raphael die meiste Zeit anwesend war und uns zuhörte, und mir war es untypischerweise ebenfalls nicht unangenehm.
„Du magst klassische Musik?“, fragte Corvus mich übe r rascht.
„Na ja, nicht nur“, sagte ich verlegen. „Ich höre auch moderne M u sik, wenn du das meinst.“
„Interessant“, sagte Corvus und lächelte. „Unsere Geschmäcker scheinen nicht allzu verschieden zu sein.“ Er zählte seine Liebling s komponisten auf und erzählte mir anschließend von seiner Vorliebe für eine bestimmte kanadische Band, die ich ebenfalls liebte.
So ging es weiter, und wir entdeckten immer wieder Gemeinsa m keiten. Zum ersten Mal in meinem Leben war es mir nicht peinlich, jemandem zu erzählen, dass ich mich für Malerei int e ressierte. Ich wusste, dass Corvus nicht lachen, sondern es wie alles andere mit einem Lächeln quittieren würde, und das tat er dann auch.
„Welche Maler magst du am liebsten?“, fragte er mich.
„Hm, das ist schwer zu sagen.“ Ich durchforstete mein Hirn nach den Malern, die ich besonders bewunderte. Sie passten übe r haupt nicht zusammen. „Ich mag Picasso und Waterhouse. Ach ja, und Munch.“
Er nickte und fuhr nur Sekunden später damit fort, mich weiter auszufragen. Als Nächstes wollte er wissen, welches meine Liebling s tiere waren.
„Alle Katzen, vom Puma bis zur Hauskatze“, antwortete ich ohne zu zögern.
Corvus lachte und verwuschelte mir mit einer Hand spiel e risch die Haare. Als er mich berührte, fühlte es sich für eine Sekunde so an, als würde sich ein warmer Faden um unsere Körper schlingen. Als schlüge mein Herz plötzlich nicht mehr nur für mich, sondern für uns beide.
Ein Blick ins Innerste
G egen zehn Uhr, als Corvus, Raphael und ich gerade am Küche n tisch saßen, kam Damon zurück. Er trug eine riesige Ei n kaufstüte unter dem Arm und grinste übers ganze Gesicht.
„Warst du erfolgreich?“, fragte Raphael trocken.
„Ziemlich.“ Damon stellte die vollgestopfte Tüte auf dem Küche n tisch ab, schälte sich aus seiner Jacke und warf sie über eine Stuhlle h ne.
„Was ist das alles?“, fragte ich neugierig.
Zur Antwort griff Damon nach der Tüte und schüttete ihren Inhalt auf dem Küchentisch aus. Zum Vorschein kamen U n mengen von Lebensmitteln, darunter hauptsächlich Süßigkeiten und Knabberzeug: Schokolade, Chips, Eiscreme, Müsliriegel …
Fragend blickte ich Corvus an.
„Alles für Damon“, erklärte er, und dann fügte er leiser, als wäre ihm die Sache peinlich, hinzu: „Er bricht nachts in S u permärkte ein und versorgt sich mit Vorräten.“
Entgeistert schaute ich in Damons Richtung. „Du stiehlst diese S a chen?“
„Natürlich nicht“, schnaubte er. „Ich lasse immer etwas Geld an der Kasse liegen.“
Ich zögerte und wusste nicht, ob ich mich ernst geben oder lachen sollte. „Aber warum nachts? Das könntest du doch auch tagsüber erledigen.“
Damon hob die Augenbrauen. „Die Nacht ist mein Revier.“ Er grinste schelmisch.
„Aber ich dachte, ihr esst so etwas gar nicht?“ Ich blickte verwirrt in die Runde.
„Wir nicht“, sagten Corvus und Raphael gleichzeitig.
Ihr gemeinsamer Protest brachte mich zum Schmunzeln. „ A ber?“
„Damon steht auf diesen Kram.“ Corvus betrachtete mit einer Miene, die Ekel gleichkam, die Süßigkeiten auf dem Tisch.
Damon tat so, als hätte er Corvus nicht gehört, riss die Ve r packung eines Schokoriegels auf
Weitere Kostenlose Bücher