Cedars Hollow (German Edition)
Worte machten mich verlegen. „Mir geht’s genauso im Bezug auf dich.“
Er lächelte und strich mir mit einem Finger über die Stirn. „Es ist nicht so schwer, wie ich dachte“, sagte er.
„Was meinst du?“
„Dir nah zu sein. Ich dachte, es würde mich wahnsinnig m a chen, aber das Gegenteil ist der Fall. Ich fühle mich zum ersten Mal seit Jahren wieder im Gleichgewicht. Komplett.“
„Oh.“ Ich war so überrascht, weil es bei mir genauso war. Ko m plett, das war das richtige Wort. Als hätte ich das fehlende Stück me i ner Seele endlich gefunden.
„Hast du Durst? Jetzt gerade, meine ich?“ Ich versuchte die A n spannung aus meiner Stimme zu vertreiben, was mir auch halbwegs gelang.
„Es hält sich in Grenzen. Keine Sorge, ich werde dich nicht anrü h ren.“ Viel mehr als mich schien er sich selbst überzeugen zu wollen.
„Wie kommt es, dass du dich plötzlich dazu entschlossen hast, mir nicht mehr aus dem Weg zu gehen?“ Diese Frage schwirrte mir schon eine ganze Weile im Kopf herum.
„Damon hat mir von deiner Reaktion gestern erzählt“, erklä r te er. „Als du davon erfahren hast … Na ja, du weißt schon, was ich me i ne.“ Er zögerte. „Ich hatte Angst davor, dir nie wieder unter die A u gen treten zu können. Erst da wurde mir klar, dass ich mich nicht von dir fernhalten kann, ob ich nun will oder nicht. Hätte ich früher auf meine innere Stimme gehört, hätte ich das vielleicht vermeiden können, aber jetzt … Jetzt halte ich es nicht mehr aus, dich nicht zu sehen. Du bist mir viel wicht i ger, als gut für dich ist.“
Ich schüttelte langsam den Kopf. „Aber du bist gut für mich.“
Er schloss mich ein wenig fester in seine Arme und fuhr mir erneut durchs Haar. „Vielleicht denkst du das jetzt, aber dir muss klar sein, dass sich das jederzeit wieder ändern kann.“
„Ich möchte nicht, dass es sich ändert.“ Eine einzelne Träne rann über meine Wange. Hastig verbarg ich mein Gesicht an seiner Brust, denn ich wollte auf keinen Fall, dass er mich schon wieder weinen sah.
Behutsam umfasste er mein Kinn und hob es sanft an, um mir in die Augen sehen zu können. Ich versuchte, zur Seite zu schauen, doch er ließ es nicht zu.
„Nicht weinen“, flüsterte er mit samtiger Stimme und wischte mir mit einem Finger die Tränen aus dem Gesicht. „Alles wird gut.“ Er vergrub sein Gesicht in meinen Haaren und murmelte immer wieder beruhigende Worte, bis die Tränen versiegten.
Der Gedanke, von ihm alleingelassen zu werden, bohrte sich direkt in mein Innerstes, und ein nie gekannter Schmerz war in meiner Brust. Ich wollte ihn nicht verlieren. Nicht nach all den anderen Ve r lusten, die mein Leben überschatteten.
„Nein“, wisperte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Ich lass dich nicht allein. Nicht, solange du mich brauchst.“
Mit seinen Fingerspitzen strich er federleicht über meine Li p pen. Meine Haut kribbelte und brannte gleichzeitig, und ich wollte nicht, dass es aufhörte. Im nächsten Moment war sein Gesicht meinem so nah, dass unsere Nasenspitzen sich beinahe berührten.
„Darf ich?“ Seine Stimme bebte kaum merklich. Er ließ seine Hand langsam auf meine Schulter sinken, offenbar immer da r auf bedacht, mich nicht zu erschrecken. Ich brachte nicht mehr als ein klägliches Nicken zustande.
Bis es soweit war, hatte ich nicht gewusst, wie sehr ich mich d a nach gesehnt hatte. Bis er bei mir war, hatte ich nicht geahnt, dass er mein Alles war, dass es passte, dass es stimmte. Ich konnte seine Nähe spüren und wurde von etwas Unbekanntem erfüllt. Es war einziga r tig, eine Art Licht, eine helle Sonne, die Wärme und Trost spendete.
Und dann lagen seine Lippen auf meinen, erstaunlich weich und überhaupt nicht so rau, wie ich gedacht hatte. Es war so, als wären wir tatsächlich zwei Hälften eines Ganzen. Er umfas s te mein Gesicht mit seinen Händen und zog mich näher zu sich heran. Er bewegte sich vorsichtig, als hätte er so etwas noch nie getan, als wäre er sich nicht sicher, was er tun sollte.
Die Zeit hatte keine Bedeutung mehr, und zu schnell war der A u genblick verstrichen. Ich widerstand dem plötzlichen I n stinkt, seine Haare zu berühren, aber es gelang mir nur mit M ü he. Atemlos ließ ich von ihm ab; in meinen Adern kochte das Blut, und meine Lippen brannten.
Er schwieg und lächelte, und dieses Lächeln war für mich wertvo l ler als alles, was er hätte sagen können. Es gab für di e sen Moment keine
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