Celaenas Geschichte 02 - Throne of Glass
ausgestreckte Hand und schüttelte sie. »Schön, dich kennenzulernen.«
Seine Augen strahlten im Licht der Fackeln, als seine Hand sich warm und fest um ihre schloss. Sie ließ sie los. Der Sohn des Stummen Meisters und der Protegé des Königs der Assassinen. Sie begriff: Wenn es hier in der Festung jemanden gab, der ihr in irgendeiner Weise ähnlich war, dann Ilias. Ihr Revier war Rifthold, das hier war seins. Und aus seinem ungezwungenen Verhalten, aus der Art und Weise, wie seine Freunde ihn mit Bewunderung und Respekt angesehen hatten, konnte man schließen, dass er hier absolut zu Hause war – als wäre dieser Ort wie für ihn gemacht, als bräuchte er seinen Platz darin nie infrage zu stellen. Ein seltsamer Neid schlich sich in Celaenas Herz.
Plötzlich machte Ilias mit seinen langen, dunklen Fingern eine Reihe von Zeichen. Celaena lachte leise. »Ich habe keine Ahnung, was du sagen willst.«
Ilias sah nach oben, seufzte und warf die Hände in die Luft, als gäbe er sich geschlagen. Dann klopfte er ihr auf die Schulter, bevor er an ihr vorbei und seinem Vater nachging, der durch den Flur verschwunden war.
Celaena ging zu ihrem Zimmer zurück. Obwohl es in der entgegengesetzten Richtung lag, war sie fest davon überzeugt, dass der Sohn des Stummen Meisters sie weiter beobachtete, um sich zu vergewissern, dass sie seinem Vater nicht folgte.
Du brauchst dir keine Sorgen zu machen , hätte sie am liebsten über die Schulter gerufen. Sie schaffte es ja nicht einmal, zehn lausige Kilometer durch die Wüste zu rennen.
Auf dem Weg in ihr Zimmer hatte Celaena das scheußliche Gefühl,dass es hier vielleicht gar nicht so viel zählte, Adarlans Assassinin zu sein.
Als sie und Ansel später am Abend schon in ihren Betten lagen, flüsterte Ansel in die Dunkelheit: »Morgen wird es besser. Selbst wenn du nur einen einzigen Schritt mehr rennen kannst, ist das schon ein Schritt mehr als heute.«
Ansel hatte gut reden. Sie musste keinem Ruf gerecht werden – einem Ruf, der brüchig zu werden drohte. Celaena starrte an die Decke. Plötzlich war sie voller Heimweh und wünschte sich seltsamerweise, Sam wäre bei ihr. Dann wären sie zumindest zu zweit, falls alles schiefgehen sollte.
»Hör mal«, sagte Celaena unvermittelt; sie musste sich das alles – und vor allem Sam – aus dem Kopf schlagen. »Du und Mikhail …«
Ansel stöhnte. »Ist es so offensichtlich? Aber stimmt schon, wir bemühen uns nicht wirklich, es zu verbergen. Also ich schon, aber er nicht. Er hat sich ziemlich aufgeregt, als er mitbekommen hat, dass ich plötzlich mein Zimmer mit jemandem teile.«
»Wie lange bist du schon mit ihm zusammen?«
Ansel schwieg eine Weile, bevor sie antwortete: »Seit ich fünfzehn bin.«
Fünfzehn, so früh! Und Mikhail musste damals schon Anfang zwanzig gewesen sein, also deutlich älter als Ansel. Celaena wurde ganz seltsam zumute.
»In den Flatlands werden die Mädchen schon mit vierzehn verheiratet«, fügte Ansel hinzu.
Celaena schnappte nach Luft. Die Vorstellung, mit vierzehn einen Ehemann zu bekommen, und vor allem, kurz darauf Mutter zu werden … »Oh«, brachte sie nur hervor.
Als von Celaena nichts mehr kam, schlief Ansel ein. Da sie sich nicht weiter ablenken konnte, wanderten Celaenas Gedanken wiederzu Sam zurück. Selbst nach all diesen Wochen war es ihr ein Rätsel, wieso sie sich ihm plötzlich so verbunden fühlte. Was hatte er eigentlich geschrien, während Arobynn sie verprügelte? Und warum hatte Arobynn an diesem Tag drei gestandene Assassinen für nötig erachtet, um ihn im Zaum zu halten?
4
A nsel hatte recht, auch wenn Celaena es nicht zugeben mochte. Am nächsten Tag konnte sie tatsächlich etwas weiter laufen. Und am Tag danach und am darauffolgenden ebenso. Für den Rückweg brauchte sie allerdings immer noch so lang, dass ihr keine Zeit blieb, sich an den Meister zu wenden. Nicht dass sie das hätte tun können. Er würde sie holen lassen. Wie einen Lakaien!
Immerhin blieb ihr jedoch ein bisschen Zeit, um am späten Nachmittag mit Ansel zum Training zu gehen. Hier gaben ihr nur einige der älter aussehenden Assassinen ein paar Anleitungen. Sie korrigierten Stand und Armhaltung und brachten sie mit leichten Schlägen dazu, den Bauch einzuziehen und die Wirbelsäule aufzurichten. Gelegentlich trainierte Ilias neben ihr, nie zu nah, aber nahe genug, um ihr zu signalisieren, dass seine Gegenwart nicht wirklich Zufall war.
Genau wie die Assassinen in Adarlan waren die Schweigenden
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