Celaenas Geschichte 1 - Throne of Glass: Roman (German Edition)
blutenden Wunden überzogen.
»Der da hat sich ein bisschen gewehrt«, sagte Captain Fairview. Obwohl Schweiß auf der Haut des Sklaven glänzte, hielt er das Kinn hoch, den Blick in die Ferne gerichtet. Er musste etwa zwanzig sein. Hatte er eine Familie?
»Legt ihn in Fesseln, dann bringt er trotzdem einen guten Preis«, sprach Fairview weiter und wischte sich das Gesicht an der Schulter seiner purpurroten Tunika ab. Die Goldstickerei war zerfranst und der ehemals wohl farbenprächtige Stoff war verblichen und voller Flecke. »Ich würde ihn auf den Markt in Bellhaven schicken. Dort brauchen viele reiche Männer starke Arme für ihren Hausbau. Oder Frauen brauchen starke Arme für etwas ganz anderes.« Er sah in Celaenas Richtung.
Kalte Wut stieg in ihr hoch, ließ sie kaum noch atmen. Dass ihre Hand zu ihrem Schwert schnellte, merkte sie erst, als Sams Finger sich dazwischenschoben. Es war eine eher beiläufige Geste und jeder andere hätte sie für eine Zärtlichkeit halten können. Aber Sam drückte ihre Finger fest zusammen. Er wusste genau, was sie als Nächstes getan hätte.
»Wie viele dieser Sklaven werden als brauchbar eingestuft?«, fragte Sam und zog seine Hand zurück. »Unsere kommen alle nach Rifthold, aber wird diese Ladung hier aufgeteilt?«
Rolfe erwiderte: »Denkt Ihr, Euer Meister wäre der Erste, der Geschäfte mit mir macht? Wir haben andere Verträge mit anderen Städten. Meine Partner in Bellhaven sagen mir, wonach die Reichen suchen, und ich beliefere sie. Wenn mir kein guter Ort einfällt, wo ich die Sklaven verkaufen kann, schicke ich sie nach Calaculla. Sollte Euer Meister welche übrig haben, kann er sie immer noch nachEndovier schicken. Beim Ankauf von Sklaven für die Salzminen ist man in Adarlan ziemlich geizig, aber es ist besser, als gar nichts zu verdienen.«
Adarlan holte sich Gefangene also nicht nur von den Schlachtfeldern und direkt aus ihren Häusern – sie kauften auch Sklaven für die Salzminen in Endovier.
»Und die Kinder?«, fragte Celaena mit möglichst neutraler Stimme. »Wo kommen die hin?«
Rolfes Augen verdunkelten sich und sein Blick wurde so schuldbewusst, dass Celaena sich fragte, ob der Sklavenhandel die letzte Rettung für ihn gewesen war. »Wir versuchen die Kinder bei ihren Müttern zu lassen«, gab er ruhig zurück. »Aber während der Auktion haben wir keine Macht darüber, ob sie getrennt werden oder nicht.«
Celaena lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, sie sagte aber nur: »Verstehe. Sind sie beim Verkauf ein Hindernis? Und mit wie vielen Kindern können wir bei unserer Ladung rechnen?«
»Hier haben wir etwa zehn«, erwiderte Rolfe. »Eure Ladung sollte auch nicht mehr enthalten. Und beim Verkauf sind sie kein Hindernis, wenn man sie am richtigen Ort anbietet.«
»Wo?«, fragte Sam.
»Reiche Haushalte können sie als Küchenmädchen oder Stallburschen gebrauchen.« Rolfes Stimme blieb zwar fest, aber sein Blick war auf den Boden geheftet. »Auch eine Bordellbesitzerin könnte bei der Auktion auftauchen.«
Sams Gesicht wurde weiß vor Zorn. Wenn es etwas gab, das ihn in Rage brachte, ein Thema, das garantiert funktionierte, dann dieses.
Seine Mutter, mit acht Jahren an ein Bordell verkauft, hatte ihre kurzen achtundzwanzig Jahre damit verbracht, sich von einem Waisenmädchen zu einer der erfolgreichsten Kurtisanen in Riftholdhochzuarbeiten. Sie hatte Sam erst sechs Jahre vor ihrem Tod bekommen – ermordet von einem eifersüchtigen Freier. Sie hatte zwar etwas Geld zusammengetragen, aber es war nicht genug gewesen, um sie von ihrem Bordell freizukaufen – oder um Sam abzusichern. Aber Arobynn hatte eine Schwäche für sie gehabt, und als er von ihrem Wunsch erfuhr, dass er Sam ausbilden solle, hatte er den Jungen bei sich aufgenommen.
»Das werden wir in unsere Überlegungen einbeziehen«, gab Sam scharf zurück.
Für Celaena war das nicht genug, um sicher zu sein, dass das Geschäft platzte. Nein, es war nicht annähernd genug. Schließlich waren diese Menschen hier alle eingesperrt. Das Blut hämmerte in ihren Adern. Der Tod war zumindest schnell, besonders wenn er aus ihrer Hand kam. Aber Sklaverei war endloses Leiden.
»Na gut«, sagte sie und hob das Kinn. Sie musste hier raus – und Sam auch, bevor er ausrastete. Ein tödliches Funkeln leuchtete in seinen Augen. »Ich bin gespannt auf unsere Ladung morgen.« Sie deutete mit dem Kopf auf die Zellen hinter sich. »Wann werden diese Sklaven weitergeschickt?« Das war eine
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