Celinas Tochter
wir haben über alles geredet. Zwischen Celina und mir war kein Thema tabu.«
»Aber ist das nicht eine Beziehung, die ein Mädchen normalerweise mit einem anderen Mädchen hat?«
»Normalerweise schon, aber Celina hatte nicht viele Freundinnen. Die meisten Mädchen waren eifersüchtig auf sie.«
»Warum?« Alex kannte die Antwort bereits, bevor er die Schultern hob, eine Bewegung, bei der sein Schulterblatt über ihre Brust rieb, was ihr fast die Sprache verschlug. Sie muÃte sich zwingen zu fragen: »Das war wegen Ihnen, stimmtâs? Wegen ihrer Freundschaft mit Ihnen?«
»Vielleicht. Und auÃerdem war sie das hübscheste Mädchen weit und breit. Die meisten anderen betrachteten sie als Rivalin, nicht als Freundin. Festhalten«, warnte er, bevor er das Pferd in ein trockenes Bachbett trieb.
Die Schwerkraft lieà sie vornüberkippen, näher an ihn. Instinktiv klammerte sie sich fester. Er machte ein grunzendes Geräusch. »Was ist los?« fragte sie.
»Nichts.«
»Es hörte sich an, als täte Ihnen etwas weh.«
»Wenn Sie ein Typ wären, der auf einem Pferd einen steilen Abhang hinunterreitet und das Sattelhorn Ihre Männlichkeit langsam zerquetscht, würden Sie auch grunzen.«
»Oh.«
»Verflucht«, fluchte er leise.
Betretenes Schweigen herrschte, nur unterbrochen vom Klopfen der Hufe, während sich das Pferd vorsichtig über den felsigen Boden tastete, bis sie wieder auf ebener Fläche waren. Alex vergrub ihr Gesicht im flanellgefütterten Kragen seines Mantels, um ihre Schamröte zu verstecken und sich vor dem kalten Wind zu schützen. »Mutter ist also mit allen Problemen zu Ihnen gekommen«, sagte sie.
»Ja. Wenn nicht, dann wuÃte ich, daà etwas nicht stimmte, und bin zu ihr gegangen. Eines Tages kam sie nicht zur Schule. Ich hab mir Sorgen gemacht und bin in der Pause zu ihr nach Haus. Ihre GroÃmutter war in der Arbeit, also war Celina allein zu Hause. Sie hatte geweint. Ich hab Angst gekriegt und hab mich geweigert zu gehen, bis sie mir gesagt hat, was los war.«
»Und was war passiert?«
»Sie hatte das erste Mal ihre Periode gekriegt.«
»Oh.«
»Soweit ich feststellen konnte, hat Mrs. Graham ihr eingeredet, sie müÃte sich deswegen schämen. Sie hat ihr lauter Horrorgeschichten über Evas Fluch erzählt â und lauter solchen Mist.« Seine Stimme klang vorwurfsvoll. »Hat sie das bei Ihnen auch gemacht?«
Alex schüttelte den Kopf, verblieb aber im Schutz seines Kragens. Sein Hals war warm und roch nach ihm. »Sie war nicht ganz so streng. Vielleicht war GroÃmama etwas besser aufgeklärt, als ich in die Pubertät kam.« Reede zügelte das Pferd und stieg ab. Erst jetzt merkte Alex, daà sie an einem kleinen Holzhaus angekommen waren. »Und wie ging es mit Mutter weiter?«
»Ich hab sie getröstet und ihr gesagt, das wäre normal und kein Grund sich zu schämen. Sie wäre jetzt offiziell eine Frau geworden.« Er schlang die Zügel um einen Pfosten.
»Hat es funktioniert?«
»Ich denke schon. Sie hat aufgehört zu weinen und...«
»Und...?« Alex drängte ihn weiterzureden. Ihr war klar, daà er den wichtigsten Teil der Geschichte weggelassen hatte.
»Nichts. Schwingen Sie Ihr Bein rüber.« Er packte mit sicheren, starken Händen ihre Taille und hob sie vom Pferd.
»Noch etwas, Reede.«
Sie klammerte sich an die Ãrmel seines Mantels. Sein Mund war schmal, hartnäckig verschlossen, die Lippen rauh, ungeheuer maskulin. Sie erinnerte sich an das Zeitungsbild, auf dem er Celina küÃte, als sie zur Königin gekrönt wurde. Wie zuvor brandete eine Woge von Hitze durch ihren Leib.
»Sie haben sie geküÃt, nicht wahr?«
Er machte ein eckige Bewegung mit der Schulter. »Ich hatte sie schon öfter geküÃt.«
»Aber das war der erste richtige KuÃ, stimmtâs?«
Er lieà sie los, überquerte die niedrige Veranda und stieÃ
die Tür auf. »Sie können reinkommen oder nicht«, brummelte er vor sich hin. »Ihre Entscheidung.«
Er verschwand durch die Tür, lieà sie aber offen. Alex folgte ihm zögernd, aber neugierig. Die Haustür führte direkt ins Wohnzimmer. Durch einen offenen Bogen zur Linken sah sie eine EÃnische und die Küche. Ein Gang auf der gegenüberliegenden Seite führte
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