Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
es musste sein eigenes sein. Dann trat ihm jemand in die Rippen, einmal und noch einmal. Dumpf drangen Rufe an sein Ohr. Jemand packte seine Tunica und zerrte an ihr. Er war zu benommen, um sich zu wehren. Die Tunica wurde ihm brutal über den Kopf gerissen. Jemand fummelte an der Leinentunica herum, die er darunter trug. Dann ließ man ihn los. Er knallte mit dem Kopf auf das Pflaster und über ihm schlug die Dunkelheit vollends zusammen.
Als er erwachte, spürte er, wie jemand sein Gesicht abtupfte. Bei jeder Berührung pochte der Schmerz heftiger. Er fuhr in die Höhe, aber das war eine schlechte Idee. Der Schmerz in seinem Körper explodierte und ein heftiger Schwindel erfasste ihn. Er fiel von dem Tisch, auf dem er gelegen hatte, und landete mit einem lauten Krachen auf dem Boden. Er wimmerte und wäre am liebsten für immer dort liegen geblieben, aber jemand packte ihn an den Armen und riss ihn in die Höhe. Seine Beine knickten unter ihm weg, aber starke Arme hielten ihn fest.
„Bleib schon stehen, du Schlappschwanz!“, knurrte eine Stimme.
„Los, gib ihm das zu trinken!“, sagte eine andere.
Ein Becher wurde an seine Lippen gestoßen und eine Flüssigkeit ergoss sich in seinen Mund.
Beim Jupiter, was für ein ekelhaftes Gesöff! Er prustete und versuchte, das Zeug auszuspucken, aber dadurch schluckte er nur noch mehr. Er verschluckte sich und würgte. Er riss sich los und schlug den Becher weg, der polternd zu Boden fiel.
Langsam klärte sich sein Blick und er konnte die Umgebung wahrnehmen. Er befand sich in einer Taverne. Es musste der Steinbock sein, denn der stämmige Mann, der ihn festgehalten hatte, war der Wirt. Seine Tochter hob gerade den Becher auf und stellte ihn auf den Tisch. Krateros war anwesend, ein dritter Mann, den er nicht kannte, und der Händler, den er nach dem Weg gefragt hatte. Alle Männer sahen ihn finster und unfreundlich an, so als hätte
er
jemanden überfallen. Seine Hand zuckte nach unten. Venus sei Dank, es war noch alles da! Den Schmerzen nach hatte er schon die Befürchtung gehabt, der kleine Scheißkerl hätte ihm alles abgerissen.
„Es ist noch alles da!“, kicherte nun auch der Wirt. Er war ein ehemaliger Legionär. Eine hässliche Narbe zog sich durch sein Gesicht. Die Verwundung, von der sie stammte, hatte ihn die Oberlippe gekostet. Deshalb sah er aus, als würde er andauernd grinsend seine Zähne zeigen.
Der Straßenhändler gackerte hämisch: „Sei froh, dass ich dich habe schreien hören wie ein Eunuch! Sie haben dir deine Tunicen und dein Geld genommen. Sie waren gerade an deinen Schuhen, als ich dazukam.“ Lucius sah erschrocken an sich herunter. Bis auf Lendenschurz und Schuhe war er nackt. „Wer bezahlt mir eigentlich den Verdienstausfall? Und vielleicht eine kleine Belohnung für meine Mildtätigkeit?“, fragte der Händler erwartungsvoll in die Runde. „Der Jüngling hat ja nichts mehr, womit er bezahlen kann. Außer seinem knackigen Hintern vielleicht!“, sagte er höhnisch.
Krateros winkte ihm, zu schweigen, und drückte ihm einige Münzen in die Hand, worauf der Händler zufrieden pfeifend den Raum verließ. Lucius fühlte sich erniedrigt und elend. Langsam kehrte seine Erinnerung zurück. Er fasste sich an sein Gesicht, das vor Schmerz brannte und pochte. Seine Lippen und seine Nase bluteten und waren geschwollen. Auf seiner Haut waren überall Blutflecken. Das Mädchen hielt ihm ein feuchtes Tuch hin und er begann ungelenk, das Blut abzuwaschen.
„Ihr müsst den Prätor informieren!“, sagte Lucius zu den Männern, während er sich vorsichtig das Gesicht wusch. Das Tuch kühlte ein wenig und brachte etwas Linderung. „Er muss diese Verbrecher sofort fangen und bestrafen.“
Die drei Männer sahen sich an und schüttelten entgeistert den Kopf.
„Lucius Justinius!“, sagte Krateros mit Nachdruck. „Der Prätor hat Wichtigeres zu tun, als die Kleidung von einem jungen Schnösel zu suchen, der so dumm ist, alleine im Hafenviertel herumzulaufen.“
„Aber es war ein Überfall … ein Raub … ein Verbrechen!“, stammelte Lucius erbost.
„Junge!“, sagte der Wirt höhnisch. „Wie alt bist du? Fünfzehn? Sechzehn? Und lässt dich von vier Kindern ausnehmen. Wenn du deinen Wohlstand hier so offen zur Schau stellen willst und dich nicht selbst schützen kannst, solltest du einen Leibwächter mitnehmen. Glaubst du, wir machen uns lächerlich und zeigen das beim Prätor an?“
„Aber sie haben unfair gekämpft!“, protestierte
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