Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
umgewühlt, zertrampelt und voller Unrat. Es wimmelte von Ungeziefer und roch nach Scheiße. Sie marschierten noch eine halbe Stunde vom See weg, bevor sie eine andere geeignete Stelle zum Lagern fanden. Sorgfältig überwachte Lucius die Arbeiten. Zuerst wurde ein Graben ausgehoben, mannstief und eine Speerlänge breit. Die ausgehobene Erde bildete den Wall, in den dann die
pila muralia
, die Schanzpfähle, gerammt wurden. Die
pila muralia
wurden untereinander mit Stricken verbunden. Die Palisade war durch die Lücken zwischen den Pfählen kein besonders guter Schutz gegen Pfeil- oder Speerbeschuss, aber dafür hatten die Soldaten ihre großen Schilde. Für einen anstürmenden Feind bedeutete der Wall zusammen mit dem Graben ein fast unüberwindliches Hindernis: Beim Versuch, den Graben zu überspringen, rutschte der Angreifer vom Wall in den Graben ab. Von dort unten musste er versuchen, die über ihm aufragende Palisade zu überwinden. Selbst wenn der Graben mit Steinen, Reisig oder Erde aufgefüllt wurde, konnte man die Palisade nicht einfach einreißen oder eindrücken, da die Pfähle fast zur Hälfte im Wall verankert waren und durch die Stricke zusammengehalten wurden. Dazu wurden die Angreifer durch die Verteidiger des Walls mit Speeren oder Pfeilhagel empfangen. Die Anlage der Marschlager hatte einiges zum Erfolg der römischen Legion beigetragen.
Nachdem das Lager derart gesichert war, hätte Lucius ruhig schlafen können, aber weit gefehlt. Trotz der Anstrengung des Tages bekam er kein Auge zu. Er stand immer wieder auf und durchstreifte das Lager. Er kontrollierte die Wachtposten und horchte in die Dunkelheit, ob sich da etwas rührte.
Der nächste Tag hielt noch weitere unangenehme Überraschungen bereit. Nach dem Zustand der Straße zu urteilen, mussten die Ochsen vor ihnen samt und sonders an Durchfall gelitten haben. Man konnte kaum einen Schritt tun, ohne in die Hinterlassenschaften der Ochsen zu treten. Dazu wurden sie den ganzen Tag von Fliegen umschwärmt. Am Abend gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Lagerplatz wiederum als schwierig. Deshalb beschloss Lucius, am nächsten Morgen drei Stunden später aufzubrechen und nur einen kürzeren Tagesmarsch zu absolvieren, so dass sie abends nicht mehr lange nach einem geeigneten Lagerplatz suchen mussten. Gegen die verdreckte Straße ließ sich bis zum nächsten Regen nichts tun, doch der würde, jetzt, da der September zu Ende ging, nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Entlang des Lacus Lemanus war die Straße recht belebt. Bauern, Jäger und Händler kamen ihnen entgegen, und so entstanden es immer wieder Verzögerungen, bis die Händler ihre Karren von der Straße gelenkt hatten. Dabei sparten sie nicht mit Verwünschungen in Richtung der römischen Legionäre. Einer der keltischen Händler war besonders hartnäckig. Er weigerte sich schlichtweg, die Straße zu verlassen. Lucius versuchte es erst mit gutem Zureden, aber der Händler fluchte und schimpfte in bestem Latein und fuchtelte mit seinem Stock in der Luft herum. Wie er da auf seinem Wagen stand, die Sonne genau hinter sich, leuchteten seine roten Haare, als ob sein Kopf in Flammen stünde.
Wie Helios persönlich, dachte sich Lucius zuerst amüsiert, aber dann riss ihm der Geduldsfaden. Jetzt war nicht die Zeit für poetische Anwandlungen. Er drehte sich zu Promptus um, der mit seinem Contubernium an der Spitze marschierte.
„Los, vier holen diesen Idioten vom Wagen runter und die anderen schaffen den Wagen von der Straße!“, befahl er.
Die Legionäre des Contuberniums stellten ihre Waffen zusammen und kreisten den Wagen ein. Der Händler hieb mit seinem Stock nach ihnen.
„Los, packt ihn!“, rief Promptus. „Und passt auf, dass er keine versteckten Messer hat!“
Sie zerrten ihn grob vom Wagen und schleppten ihn zur Seite. Dann führten sie sein Maultiergespann von der Straße.
„Achtet drauf, dass es nicht umfällt!“, ermahnte Lucius die Legionäre, die mit einem ungehaltenen Knurren antworteten. Am liebsten hätten sie den ganzen Wagen in den Graben geworfen und den Kelten hinterher. Dieser hatte nun die Sprache gewechselt und beschimpfte und verfluchte sie in einem keltischen Dialekt. In Vocontii, wie Lucius erstaunt feststellte. Er beachtete den Kelten nicht weiter, sondern wartete, bis die Straße frei war. Dann winkte er die Legionäre zurück. Sie ließen den Kelten einfach fallen, kamen zurück zur Kolonne und nahmen ihre Waffen wieder auf. Lucius
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